als Hieroglyphen zu lesen und können regelrechte Bilderrätsel darstellen. Obwohl das Hieroglyphensystem über Zeichen für alle Einzelkonsonanten verfügte, haben die Ägypter ihr aus Wort- und Lautzeichen bestehendes Mischsystem nie in ein konsequentes Alphabet verwandelt. Einkonsonantische Zeichen benutzten sie für die Schreibung ausländischer Namen, womöglich weil sie diese nicht für würdig befanden, an der Zauberkraft der Hieroglyphen teilzuhaben.
Fünfhundertachtzig der während der Pharaonenzeit gebräuchlichsten Hieroglyphen hat die italienische Ägyptologin Maria Betrò in einer Einführung vorgestellt, die jetzt auch auf deutsch vorliegt. Das Buch, das die Liste Gardiners abwandelt, wendet sich an Ägyptologiestudenten wie an interessierte Laien. Die Bildzeichen sind den verschiedenen Lebenssphären zugeordnet, etwa der Welt der Menschen, der Gottheiten, der Tiere und Pflanzen, und mit einem Artikel versehen, der neben dem Lautwert, Zeichencharakter sowie einigen Entsprechungen in hieratischer und demotischer Kursivschrift auch den dargestellten Gegenstand kulturgeschichtlich erläutert. So erfährt man, daß sich Gottheiten in reiner Menschengestalt zumeist aus späten Personifikationen abstrakter Begriffe herleiten, daß das Zeichen für die Kaulquappe sinnigerweise auch die Zahl hunderttausend bezeichnet und daß Perücken nicht nur comme il faut waren, sondern ein echtes Aphrodisiakum. KERSTIN HOLM
Maria Carmela Betrò: "Heilige Zeichen". 580 ägyptische Hieroglyphen. Das Land der Pharaonen im Spiegel seiner Schrift. Aus dem Italienischen von Christiane von Bechtolsheim. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1996. 251 S., Abb., geb., 52,- DM.
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