Erscheinungsbild".
Helmut Kohl könne sich "ungeheuer glücklich schätzen, mit ihr verheiratet gewesen zu sein". Schreibt Clough nicht ohne Zynismus. Hannelore Kohl habe schließlich Jahre damit verbracht, ihre Kinder allein großzuziehen und geduldig auf einen allzeit abwesenden Mann zu warten, dessen politische Aktivitäten mehr zählten als die Ehefrau daheim. Keinen Zweifel mag die Autorin daran lassen, daß Hannelore Kohl "benutzt, ja ausgenutzt wurde. Ihr Leben, wie das Leben von Millionen von Frauen ihrer Generation, stand zum großen Teil im Dienst ihres Gatten. Sie hatte es sich zwar nicht so ausgesucht, aber sie entschied sich doch aus freien Stücken dazu, und dank ihrer Selbstaufopferung und ihrer großen Entschlossenheit war sie darin auch erfolgreich".
Nach dem Verständnis von Frau Clough ist es eine Ehetragödie, die sie zum Thema ihres Buches macht. Unter der Not verhinderter Recherche wandelt sich das biographische Vorhaben von der Lebensbeschreibung zum Psychogramm, zu einer exemplarischen Studie über "jenes stille, uneingestandene Unglücklichsein von Millionen von Frauen angesichts eines Lebensstils, bei dem es sich angeblich um ihr naturgegebenes Schicksal handelte". Die Psychologin Betty Friedan hat es das "Problem ohne Namen" genannt. Aus Cloughs Blickwinkel ist es das Schicksal der Hannelore Kohl. Deren Tragödie war, daß zwischen der "öffentlichen" und der "wahren" Person kein Abstand blieb und eine Flucht unmöglich schien: "Sie war so stark im Käfig ihrer Rolle verankert, sie konnte nicht über diese Rolle springen, sie war konditioniert auf diese Rolle." Vielleicht war sie nicht glücklich. Aber sie trug ihr Unglück mit großem Selbstbewußtsein bis zuletzt.
Die Mitteilung, daß die Familie Kohl der Verfasserin der "einzigen unabhängigen Biographie über Hannelore Kohl" (Verlagswerbung) die Tür gewiesen, "hinter den Kulissen Gift gestreut" und eine "Mauer des Schweigens" errichtet habe, hat sie sich für das Resümee aufgehoben: Solche Schikanen, findet Patricia Clough, seien "einem Manne unwürdig, der sich selbst Historiker nennt". Man plane, gab die Familie zu bedenken, selbst ein Buch über Frau Kohl, "und alle Freunde und Mitarbeiter seien angewiesen, nur mit dem Verfasser jenes Buches zu sprechen".
Es liegt inzwischen vor. Peter Kohl, der jüngere Sohn der Kohls, hat es zusammen mit der Berliner Journalistin Dona Kujacinski geschrieben. Eine Lebensbeschreibung durchaus. Aber eine grundlegend andere Spezies als das Buch von Patricia Clough. Peter Kohl nimmt das Leben der Mutter vom Tod her in den Blick - ein Unterfangen in unmißverständlich hagiographischer Absicht. Keine Fragen der Art, wie Clough sie berührt - außer der einen nach der Erklärung für Hannelore Kohls Freitod. Damit niemand sie übersieht, wird sie wie zur Bekräftigung zweimal zitiert: vor dem ersten Kapitel und vor dem letzten. "Ich will es mir und Euch ersparen. Die Unheilbarkeit ist nun erwiesen."
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