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Carofiglio, der Meister feinster psychologischer Nuancen, entwickelt eine Geschichte von Schuld und einem tiefen, menschlichen Groll.Ein einflussreicher Mailänder Chirurg und Universitätsprofessor stirbt unerwartet an einem Herzinfarkt, der Arzt bescheinigt den natürlichen Tod, die Leiche wird eingeäschert. Doch die Tochter geht von einem Verbrechen aus und wendet sich an Penelope Spada. Die ehemalige erfolgreiche Staatsanwältin und Stabhochspringerin hat unter rätselhaften Umständen ihre Karriere abrupt beendet. Von nagenden Schuldgefühlen geplagt, betäubt sie seitdem den Schmerz mit...
Carofiglio, der Meister feinster psychologischer Nuancen, entwickelt eine Geschichte von Schuld und einem tiefen, menschlichen Groll.Ein einflussreicher Mailänder Chirurg und Universitätsprofessor stirbt unerwartet an einem Herzinfarkt, der Arzt bescheinigt den natürlichen Tod, die Leiche wird eingeäschert. Doch die Tochter geht von einem Verbrechen aus und wendet sich an Penelope Spada. Die ehemalige erfolgreiche Staatsanwältin und Stabhochspringerin hat unter rätselhaften Umständen ihre Karriere abrupt beendet. Von nagenden Schuldgefühlen geplagt, betäubt sie seitdem den Schmerz mit Alkohol und Zigaretten, treibt exzessiv Sport und schlägt sich mit privaten Ermittlungen durch. Widerwillig übernimmt sie den schier aussichtslosen Fall, der zur dramatischen Abrechnung mit der eigenen Vergangenheit wird. Sie muss sich ihren Dämonen stellen.The Italian Grisham - ein Meister des "legal thriller""Was wollen die Opfer eines Verbrechens? Die Bestrafung der Täter? Natürlich, auch das. Aber was die Opfer wirklich wollen, ist die Wahrheit." (Gianrico Carofiglio)
Gianrico Carofiglio, geboren 1961 in Bari, arbeitete jahrelang als Richter, Senator und Anti-Mafia- Staatsanwalt und beschäftigte sich schon früh intensiv mit Verhörtechniken und Aussagepsychologie. Ihn faszinieren die Tiefen der menschlichen Seele, die Ursachen einer Straftat, die Kluft zwischen Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit, der Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Nebenbei besitzt er den schwarzen Gürtel im Karate und kritisiert die westliche Kultur des Narzissmus. Seine Bücher, inzwischen millionenfach verkauft, sind in 28 Sprachen übersetzt.

© Ingo Kniest
Produktdetails
- Verlag: Folio, Wien
- Originaltitel: Rancore
- 2., NED
- Seitenzahl: 236
- Erscheinungstermin: 5. Dezember 2023
- Deutsch
- Abmessung: 214mm x 144mm x 28mm
- Gewicht: 407g
- ISBN-13: 9783852568867
- ISBN-10: 3852568862
- Artikelnr.: 67726846
Herstellerkennzeichnung
Folio Verlagsges. Mbh
Pfarrhofstraße 2d
39100 Bozen / Italien, IT
office@folioverlag.com
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Gern liest Rezensent Hannes Hintermeier Gianrico Carofiglios neuen Krimi, den zweiten mit der Ermittlerin Penelope Spada. Die ehemalige Staatsanwältin wird diesmal, erfahren wir, von einer Frau beauftragt, die mehr über den Tod ihres Vaters herausfinden möchte, der ein angesehener Chirurg war (ein "wohlhabender Halbgott in Weiß"). Dessen Testament begünstigt nicht sie selbst, sondern die zweite Frau des Verstorbenen. Außerdem geht es um eine Episode in Spadas Vergangenheit, führt Hintermeier aus, sowie um private Verwicklungen. Carofiglio greift motivisch reale italienische Mafiaprozesse auf, heißt es weiter, und wertet seinen Krimi außerdem mit literarischen Verweisen auf unter anderem Plutarch und Xavier de Maistre auf.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Mit Schwert und Sturm
Gianrico Carofiglio hat erstmals eine Frau als Ermittlerin erdacht - und was für eine: Die ehemalige Staatsanwältin Penelope Spada hat mit ihrer bewegten Vergangenheit und unsicheren Zukunft alle Anlagen zur Klassikerin. Ihr erster deutscher Auftritt in "Groll" beweist es.
Der 1961 in Bari geborene und auch heute dort lebende Gianrico Carofiglio legt seit zwanzig Jahren eine enorme schriftstellerische Produktivität an den Tag. In seinem früheren Leben als Staatsanwalt und Senator in Rom hat er so viele Geschichten aus der Illegalität erlebt, dass er über Inspiration im Übermaß verfügt. Als einer der wenigen italienischen Autoren schafft er es, seinen Heimatmarkt zu bedienen und als Europäer
Gianrico Carofiglio hat erstmals eine Frau als Ermittlerin erdacht - und was für eine: Die ehemalige Staatsanwältin Penelope Spada hat mit ihrer bewegten Vergangenheit und unsicheren Zukunft alle Anlagen zur Klassikerin. Ihr erster deutscher Auftritt in "Groll" beweist es.
Der 1961 in Bari geborene und auch heute dort lebende Gianrico Carofiglio legt seit zwanzig Jahren eine enorme schriftstellerische Produktivität an den Tag. In seinem früheren Leben als Staatsanwalt und Senator in Rom hat er so viele Geschichten aus der Illegalität erlebt, dass er über Inspiration im Übermaß verfügt. Als einer der wenigen italienischen Autoren schafft er es, seinen Heimatmarkt zu bedienen und als Europäer
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Wehre für sein Land einzulegen. Seine Fernsehduelle mit dem Rechtspopulisten Salvini haben in Italien diesen Ruf nur untermauert.
In der seit 2002 laufenden Serie um den Avvocato Guido Guerrieri sind bislang sechs Romane erschienen, in jener um Maresciallo Pietro Fenoglio drei, dazu kommen sechs Einzelgänger, Erzählungen, Essays ("Die Kraft der Worte", 2019) , Drehbücher und eine Graphic Novel. Und nun gibt es bereits wieder zwei Romane um eine neue Ermittlerin, deren erster, bei Mondadori erschienener bislang unübersetzt blieb ("La disciplina di Penelope", 2021) und deren zweiter "Rancore" (2022) nun im Folio-Verlag, der sich Carofiglios deutsche Übersetzungen mit dem Goldmann-Verlag teilen muss, unter dem Titel "Groll" erschienen ist. Dieser Tage ist Carofiglio auf Lesereise in Deutschland.
Mit Penelope, genannt "Penny", ist ihm eine Figur geglückt, über die man mehr wissen möchte, und das ist die Voraussetzung für eine Fortsetzung. Zusammen mit seiner weiblichen Hauptfigur hat sich Carofiglio weiterentwickelt, er schreibt nicht immer das gleiche Buch noch einmal. Es geht noch mehr Richtung philosophische Kriminalromane mit deutlichen Einschüben von Psychologie. Keine Serienmörder, keine zerstückelten Leichen, keine autistischen Psychopathen mit paranormalen Kräften bevölkern "Groll", sondern ganz normale italienische Menschen, und manche davon haben etwas Böses getan. Und wie das Gefühl selbst schaukelt sich die Entwicklung im Roman ganz langsam auf.
Schauplatz ist nicht wie gewohnt Bari, sondern das Mailand des Jahres 2019. Der sehr wohlhabende Halbgott in Weiß Vittorio Leonardi wurde tot in seinem Schlafzimmer gefunden. Der Arzt, ein alter Schulfreund Leonardis, attestiert einen natürlichen Tod, sehr wahrscheinlich Herzinfarkt. Die dreiunddreißig Jahre jüngere zweite Gattin Lisa Sereni war nicht in der Stadt. Dennoch sucht die Tochter aus erste Ehe, Marina Leonardi, zwei Jahre nach dem Ereignis nach Wegen, ihr Erbe zu retten. Doch ihr Vater wurde eingeäschert, den Plan, sein Testament zu ändern, hat er nicht umgesetzt. Der Löwenanteil geht an die junge Witwe.
Penelope Spada soll es richten. Die ehemalige Staatsanwältin Mitte vierzig ist extrem sportlich und suchtgefährdet. Nach diversen Affären ist sie Single, teilt ihr Leben mit Olivia. Die Bullterrier-Dame ist unverzichtbarer Gesprächspartner, sie kennt alle Macken ihres Frauchens. Penelope agiert als Privatdetektivin, die sie nicht ist, sie versucht im Auftrag der Erstgeborenen den Fall aufzurollen. Parallel führt eine Zeitebene in ihr altes Leben zurück, in den Fall, der ihr ihre Karriere gekostet hat. Dabei ging es um eine anonyme Anzeige gegen eine geheime Freimaurer-Loge Boemia, die das Heft des Handelns an sich gerissen hat. Erinnerungen an den P2-Skandal sind in Italien ebenso wenig fern wie an den "Kalten Sommer" von 1992, als die Mafia die Staatsanwälte Falcone und Borsellino ermordete. Carofiglio hat einen Roman unter diesem Titel vorgelegt (F.A.Z. vom 2. Juli 2018).
Da die Beweislage äußerst dünn ist, greift Dottoressa Spada zu illegalen Mitteln. Geschickt montiert der Autor diese im Jahr 2014 angesiedelte Erzählebene in die Haupthandlung, in der es lange so aussieht, als bliebe der Cold Case kalt. Auch als Penelope einen Weg findet, sich das Vertrauen der jungen, schönen und klugen Witwe zu erschleichen, um festzustellen, dass sie Lisa gern zur Freundin hätte. Noch ein Dilemma mehr in ihrem beschädigen Leben.
Schwert und Sturm: Sie lernt einen Mann kennen, der sich auf einer freundschaftlichen Ebene für die attraktive Mittvierzigerin interessiert. Dieser Alessandro Tempesta (italienisch: Sturm) spricht über Hunde, Bücher, Fotografie, das Leben, aber er macht ihr keine Avancen. Das findet Penelope Spada (italienisch: Schwert) geradezu herausfordernd. Carofiglio, ein besessener Leser, steckt auch diesmal einen Zitatrahmen ab, der seine Streifzüge durch die Literatur protokolliert. Von Plutarch bis Leonardo Sciascia, über Xavier de Maistre und Steve Martin bis Vita Sackville-West und Natalie Goldberg ist wieder viel Überraschendes dabei.
Woher könnte ein mögliches Motiv für die Ermordung des Chirurgen gekommen sein? Wer hätte es haben können? Der Groll, ein sich lang aufstauender Ableger des Zorns, werde als Motiv unterschätzt, sagt im Roman ein Geheimdienstmitarbeiter, den Penelope anzapft, um illegal an Telefondaten zu kommen. Am Ende besticht der Roman mit seinen Überlegungen zu Verbrechen und Strafe. Letztere sei eine "optische Täuschung" - "was die Opfer wirklich wollen, ist die Wahrheit". HANNES HINTERMEIER
Gianrico Carofiglio: "Groll". Krimi.
Aus dem Italienischen von Verena von Koskull. Folio Verlag, Bozen/Wien 2023. 236 S., geb.,
25,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In der seit 2002 laufenden Serie um den Avvocato Guido Guerrieri sind bislang sechs Romane erschienen, in jener um Maresciallo Pietro Fenoglio drei, dazu kommen sechs Einzelgänger, Erzählungen, Essays ("Die Kraft der Worte", 2019) , Drehbücher und eine Graphic Novel. Und nun gibt es bereits wieder zwei Romane um eine neue Ermittlerin, deren erster, bei Mondadori erschienener bislang unübersetzt blieb ("La disciplina di Penelope", 2021) und deren zweiter "Rancore" (2022) nun im Folio-Verlag, der sich Carofiglios deutsche Übersetzungen mit dem Goldmann-Verlag teilen muss, unter dem Titel "Groll" erschienen ist. Dieser Tage ist Carofiglio auf Lesereise in Deutschland.
Mit Penelope, genannt "Penny", ist ihm eine Figur geglückt, über die man mehr wissen möchte, und das ist die Voraussetzung für eine Fortsetzung. Zusammen mit seiner weiblichen Hauptfigur hat sich Carofiglio weiterentwickelt, er schreibt nicht immer das gleiche Buch noch einmal. Es geht noch mehr Richtung philosophische Kriminalromane mit deutlichen Einschüben von Psychologie. Keine Serienmörder, keine zerstückelten Leichen, keine autistischen Psychopathen mit paranormalen Kräften bevölkern "Groll", sondern ganz normale italienische Menschen, und manche davon haben etwas Böses getan. Und wie das Gefühl selbst schaukelt sich die Entwicklung im Roman ganz langsam auf.
Schauplatz ist nicht wie gewohnt Bari, sondern das Mailand des Jahres 2019. Der sehr wohlhabende Halbgott in Weiß Vittorio Leonardi wurde tot in seinem Schlafzimmer gefunden. Der Arzt, ein alter Schulfreund Leonardis, attestiert einen natürlichen Tod, sehr wahrscheinlich Herzinfarkt. Die dreiunddreißig Jahre jüngere zweite Gattin Lisa Sereni war nicht in der Stadt. Dennoch sucht die Tochter aus erste Ehe, Marina Leonardi, zwei Jahre nach dem Ereignis nach Wegen, ihr Erbe zu retten. Doch ihr Vater wurde eingeäschert, den Plan, sein Testament zu ändern, hat er nicht umgesetzt. Der Löwenanteil geht an die junge Witwe.
Penelope Spada soll es richten. Die ehemalige Staatsanwältin Mitte vierzig ist extrem sportlich und suchtgefährdet. Nach diversen Affären ist sie Single, teilt ihr Leben mit Olivia. Die Bullterrier-Dame ist unverzichtbarer Gesprächspartner, sie kennt alle Macken ihres Frauchens. Penelope agiert als Privatdetektivin, die sie nicht ist, sie versucht im Auftrag der Erstgeborenen den Fall aufzurollen. Parallel führt eine Zeitebene in ihr altes Leben zurück, in den Fall, der ihr ihre Karriere gekostet hat. Dabei ging es um eine anonyme Anzeige gegen eine geheime Freimaurer-Loge Boemia, die das Heft des Handelns an sich gerissen hat. Erinnerungen an den P2-Skandal sind in Italien ebenso wenig fern wie an den "Kalten Sommer" von 1992, als die Mafia die Staatsanwälte Falcone und Borsellino ermordete. Carofiglio hat einen Roman unter diesem Titel vorgelegt (F.A.Z. vom 2. Juli 2018).
Da die Beweislage äußerst dünn ist, greift Dottoressa Spada zu illegalen Mitteln. Geschickt montiert der Autor diese im Jahr 2014 angesiedelte Erzählebene in die Haupthandlung, in der es lange so aussieht, als bliebe der Cold Case kalt. Auch als Penelope einen Weg findet, sich das Vertrauen der jungen, schönen und klugen Witwe zu erschleichen, um festzustellen, dass sie Lisa gern zur Freundin hätte. Noch ein Dilemma mehr in ihrem beschädigen Leben.
Schwert und Sturm: Sie lernt einen Mann kennen, der sich auf einer freundschaftlichen Ebene für die attraktive Mittvierzigerin interessiert. Dieser Alessandro Tempesta (italienisch: Sturm) spricht über Hunde, Bücher, Fotografie, das Leben, aber er macht ihr keine Avancen. Das findet Penelope Spada (italienisch: Schwert) geradezu herausfordernd. Carofiglio, ein besessener Leser, steckt auch diesmal einen Zitatrahmen ab, der seine Streifzüge durch die Literatur protokolliert. Von Plutarch bis Leonardo Sciascia, über Xavier de Maistre und Steve Martin bis Vita Sackville-West und Natalie Goldberg ist wieder viel Überraschendes dabei.
Woher könnte ein mögliches Motiv für die Ermordung des Chirurgen gekommen sein? Wer hätte es haben können? Der Groll, ein sich lang aufstauender Ableger des Zorns, werde als Motiv unterschätzt, sagt im Roman ein Geheimdienstmitarbeiter, den Penelope anzapft, um illegal an Telefondaten zu kommen. Am Ende besticht der Roman mit seinen Überlegungen zu Verbrechen und Strafe. Letztere sei eine "optische Täuschung" - "was die Opfer wirklich wollen, ist die Wahrheit". HANNES HINTERMEIER
Gianrico Carofiglio: "Groll". Krimi.
Aus dem Italienischen von Verena von Koskull. Folio Verlag, Bozen/Wien 2023. 236 S., geb.,
25,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Die frühere Staatsanwältin Penelope Spada arbeitet heute unfreiwillig als Privatdetektivin ohne Lizenz. Marina Leonardi bittet sie, den Tod ihres Vaters unter die Lupe zu nehmen. Offiziell starb der bekannte Chirurg an einem Herzinfarkt, doch er hat sein Testament zugunsten seiner jungen …
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Die frühere Staatsanwältin Penelope Spada arbeitet heute unfreiwillig als Privatdetektivin ohne Lizenz. Marina Leonardi bittet sie, den Tod ihres Vaters unter die Lupe zu nehmen. Offiziell starb der bekannte Chirurg an einem Herzinfarkt, doch er hat sein Testament zugunsten seiner jungen Ehefrau geändert. Spada übernimmt zwar den Fall, macht Marina aber wenig Hoffnung, zumal die Leiche ihres Vaters bereits seit zwei Jahren eingeäschert ist. Gäbe es da nicht einen Hinweis, dass Vittorio Leonardi die Absicht hatte, sein Testament erneut zu ändern. Doch Marina scheint lediglich wütend auf ihren Vater zu sein, zu dem sie nie eine herzliche Beziehung hatte.
Soweit zu der Kriminalhandlung, die aber weder im Vordergrund steht noch genügend Spannung aufweist, um mich dauerhaft bei der Stange zu halten. Sie ist lediglich der Aufhänger für Spadas innere Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit, die zunächst angedeutet wird. Die Ermittlungen plätschern vor sich hin, mehr vom Zufall bestimmt, da es ja eigentlich nichts mehr zu ermitteln gibt, und Spadas Unlust ist fast spürbar.
Ziemlich schnell fand ich heraus, dass es bereits das zweite Buch über die Privatdetektivin ist, das erste wurde nie übersetzt. Das störte mich immer wieder, weil bereits zu Beginn angedeutet wird, dass etwas Entscheidendes vor fünf Jahren passiert sein muss und nun im Zusammenhang mit dem Fall in Spada mächtig arbeitet. Ständig hatte ich das Gefühl, mir würde Hintergrundwissen fehlen. Ob dem tatsächlich so ist, kann ich nicht sagen, zum Glück wird aber die damalige Begebenheit rückblickend aufgearbeitet. Dennoch war es lange Zeit für mich verwirrend.
Hinzu kommt, dass Spada ein ziemlich sperriger Charakter ist. Sie ist von Schuldgefühlen und Selbsthass geplagt, betäubt sie mit Alkohol Zigaretten und One-Night-Stands. Die ehemalige Stabhochspringerin betreibt fast exzessiv ihre Sporteinheiten, gern auch im Park, wenn sie mit ihrer Bulldogge Olivia unterwegs ist. In einer gleichrangigen Nebenhandlung lernt sie dort Alessandro kennen. Im Laufe der Geschichte werden sie sich, vor allem auf intellektueller Ebene, näher kommen. Aber so richtig zünden wollte das bei mir auch nicht. Hier ist wohl auch alles auf eine Serie angelegt.
Hauptsächlich geht es um die innere Auseinandersetzung Spadas mit sich selbst, denn seit ihrem Fehler vor fünf Jahren hadert sie mit sich selbst und kann sich nicht verzeihen.
Sie ist nicht in der Lage anderen zu vertrauen, ständig ist sie auf der Suche nach dem Haken am anderen. Das ist psychologisch gut herausgearbeitet und nachvollziehbar – macht Spada aber nicht sonderlich sympathisch. Ein Konflikt tut sich auf, als sich Spada der jungen Witwe Lisa anfreundet. Hier liegt sicher auch Carofiglios Stärke, die moralischen Untiefen auszuloten. Er selbst war viele Jahre Antimafia-Staatsanwalt und hinterfragt hier die ethischen Aspekte der Aufklärungs- und Ermittlungsarbeit. Darf man auf der Suche nach der Wahrheit Grenzen überschreiten?
Interessant wurde dann ihr alter Fall doch noch, der uns ein wenig in die italienische Welt der Geheimgesellschaften einführt. Allerdings auch nur ein wenig, denn hier hätte das Spannungspotenzial gelegen.
Dass mir der ganze Roman eher nüchtern und verhalten erschien, liegt letztlich wohl an der spröden Protagonistin. Vielleicht hatte ich tatsächlich einen Krimi erwartet und war deshalb so gespalten in einem Eindruck. Hätte ich den Fokus eher auf die psychologische Komponente gelegt, vielleicht hätte es mich mehr erreicht.
Also alles in allem ein durchwachsenes Leseerlebnis, das mich aber nicht davon abhält, mehr von dem Autor zu lesen.
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Die Kurzbeschreibung von "Groll" und der Werdegang des Autors Gianrico Carofiglio als ehemaliger Staatsanwalt und Richter machten mich sehr neugierig.
Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Penelope Spada erzählt, einer früheren Staatsanwältin, die aufgrund …
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Die Kurzbeschreibung von "Groll" und der Werdegang des Autors Gianrico Carofiglio als ehemaliger Staatsanwalt und Richter machten mich sehr neugierig.
Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Penelope Spada erzählt, einer früheren Staatsanwältin, die aufgrund eines zunächst im Dunkeln liegenden Vorfalls vor einigen Jahren ihr Amt niederlegen musste und sich nun mehr oder weniger illegal als private Ermittlerin betätigt. Ihre aktuelle Mandantin bittet sie, den bereits zwei Jahre zurückliegenden Tod ihres Vaters, eines einflussreichen Arztes und Politikers, zu untersuchen, da sie die wesentlich jüngere zweite Ehefrau ihres Vaters in Verdacht hat, hierbei nachgeholfen zu haben. Auch wenn das Ansinnen nach dieser langen Zeit aussichtslos erscheint und keine stichhaltigen Verdachtsmomente vorliegen, sagt Spada zu, und muss sich bei ihren Nachforschungen auch ihren eigenen Dämonen aus der Vergangenheit stellen.
Die Geschichte verfolgt mehrere Erzählstränge. Neben den aktuellen Ermittlungen zum Tod des Arztes erfährt der Leser im Laufe der Geschichte mehr über den Vorfall vor fünf Jahren, der dazu führte, dass Spada ihr Amt als Staatsanwältin verlor. Zum Dritten nimmt die sich anbahnende Bekanntschaft mit einem Mann relativ viel Raum im Roman ein, wobei es sich hier um keine Romanze, sondern eine schrittweise Annäherung über zunehmend privatere Gespräche handelt.
Ich kann nicht genau sagen, woran es liegt, aber mir blieb Penelope Spada bis zum Schluß fremd. Auch die Geschichte konnte mich nicht packen, sie plätscherte recht langatmig vor sich hin, und in keinem der drei Erzählstränge kam für mich Spannung auf, insbesondere der zweite verlief ernüchternd, so dass ich mich insgesamt am Schluß fragte: Und das war jetzt alles? Für einen Krimi war mir die Handlung nicht spannend genug, für einen psychologischen Roman blieben die Ausführungen zu oberflächlich, es erinnerte eher an "Küchenpsychologie". Auch die Übersetzung empfand ich stellenweise als unglücklich. So ist etwa der Ausdruck "jemanden für schuldig verurteilen" im Deutschen nicht korrekt, und die Wendung "Ich musste kichern wie ein Backfisch" klingt bei einer heute 45-jährigen Frau sehr unglaubwürdig, da dieser altertümliche Begriff seit wohl 70 Jahren nicht mehr verwendet wird. Leider blieb hier insgesamt viel Luft nach oben, sodass meine Erwartungen nicht erfüllt wurden.
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