Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.2019Warum dürfen Gärten nicht in Würde altern?Das Diktat des Sterilen ist auf dem Vormarsch. Seit Jahren verkaufen Geschmacksdschihadisten in Baumärkten erfolgreich ein Nie-mehr-Arbeit-mit-dem-Garten-Versprechen. Einfach Steine an Stelle von Wiese, Blumen und Sträuchern, fertig. Und nicht nur ältere Menschen, denen Gartenarbeit zu beschwerlich ist, springen auf den Zug des Steingartens auf. Mit Hingabe schütten Sie Schotterwüsten auf, harken sie Zierkies und Mulch in allen unpassenden Farben, reichern das Ensemble mit Metallkugeln, Pflanzenattrappen und Gabionen an, um das übergeordnete Ziel zu erreichen: Ausschaltung des organischen Lebens. Der Berliner Biologe und praktizierende Schrebergärtner Ulf Soltau will das nicht hinnehmen. Er begann vor zwei Jahren, auf Facebook die schlimmsten Funde zu dokumentieren. Jetzt ist daraus ein traditionelles Holzmedium geworden ("Gärten des Grauens". Eichborn Verlag, Köln 2019. 128 S., Abb., geb., 14,- [Euro]). Was der Titel verspricht, halten die Bilder, die Soltau mit galligen Texten kommentiert. Dabei geht es ihm weniger darum, die Vertreter der steinernen Kunst lächerlich machen - das erledigen die selbst -, er appelliert vielmehr eindringlich, Schottergärtnern klarzumachen, dass ihre tonnenschweren Vermächtnisse als gemischter Bauschutt entsorgt werden müssen. Und bis dahin kommt jede Menge Gift, Streusalz und Unkrautverbrenner zum Einsatz. (hhm)
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