Reisende anziehender werden, als sie es jetzt sind. Die Jahrzehnte der Abschnürung haben die drei Staaten des Baltikums in eine Ferne gerückt, die sie in der historischen Entwicklung Europas weder in kulturell-geistiger noch in wirtschaftlicher Hinsicht hatten. Der neue Kunst- und Landschaftsführer "Estland" aus dem Kölner DuMont-Verlag vermag in seiner klaren Gliederung und in seiner fundierten Darstellung der estnischen Regionen, ihrer vielfältigen Landschaften, ihrer Städte und Dörfer mit ihren alten Gutshäusern jene Vorstellungen einer Existenz in kaum erreichbarer Ferne zu korrigieren. Die Autorin Thea Karin, in Reval, dem heutigen Tallin geboren, zeigt sich als kenntnisreiche Expertin des Landes. Sie legt Wert auf konkrete Reisevorschläge, fügt eine Fülle von Informationen in einem eher sachlichen als feuilletonistisch-farbigen Stil zusammen. Sie geleitet zu Sehenswürdigkeiten, zu landschaftlichen Eigenheiten, zu verfallenden Ordensburgen, zu barocken Kirchen aus der Schwedenzeit, widmet Tallin (Reval) ein umfangreiches Kapitel und vergißt auch nicht Hinweise auf die Badestädte an der Westküste. Im historischen Einleitungsteil dieses so nützlichen Reisehandbuches hätte der Leser einen informierenden Beitrag begrüßt, der die Rolle des deutsch-baltischen Bevölkerungsanteils, auch des Verhältnisses zwischen "baltischen Baronen" und Esten, schildert. Der Einfluß der Hanse hätte hier auch einige Absätze verdient, mehr jedenfalls als die eingestreuten Bemerkungen. Was inzwischen historisch gewordene Fakten wurden, sollte sachlich und objektiv notiert werden. In den Literaturhinweisen sind Publikationen genannt, die so verfahren. (Wa.)
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