Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.06.2002Deutschland
"Quedlinburg" von Norbert Eisold (Text) und Peter Kühn (Fotos), Hinstorff Verlag, Rostock 2002. 80 Seiten, 52 Abbildungen. Gebunden. 19,90 Euro. ISBN 3-356-00926-5.
"Erfurt" von Norbert Eisold (Text) und Peter Kühn. Hinstorff Verlag, Rostock 2002. 160 Seiten, 95 Abbildungen. Gebunden, 25,50 Euro. ISBN 3-356-00927-3.
Das Buch "Quedlinburg" müßte "Mein Quedlinburg" heißen oder "Norbert Eisolds Quedlinburg". Eisold sagt zwar, wie er die Stadt sieht, aber er sagt nur ungefähr, was es in der Stadt zu sehen gibt. Quedlinburg liegt in Sachsen-Anhalt am Rand des Ostharzes, wurde 922 erstmals erwähnt und zählt heute zum Welterbe der Unesco. Das sollte der Reisende wissen, wenn er nach Quedlinburg fährt.
Allerdings muß er schon sehr viel, ja vielleicht alles wissen, wenn er Eisolds Plaudereien uneingeschränkt folgen will. So erzählt Eisold von dem "ziemlich albernen Vierzeiler" Lessings über den Dichter Klopstock, der in Quedlinburg zur Welt kam. Diesen Vierzeiler werde er aber jetzt nicht zitieren, fährt er fort, weil er ohnehin "in den obligatorischen Zitatenschatz der deutschen Grammatik" eingegangen sei. Das ist nun eine Einstellung des Autors, die weniger damit zu tun hat, daß man sich auf das Gebildetsein von Bildungsreisenden verlassen sollte, sondern ein wenig hochmütig ist. Noch schlimmer kommt es in dem in gleicher Aufmachung erschienenen Band "Erfurt". Dessen einleitender Text heißt "Blätter aus der Rumpelgasse". Die Erklärung für diesen Namen kann sich der Leser nur zusammenreimen: weil Eisold für die Zeit seiner Erfurt-Recherchen in einem Haus wohnte, das früher einem Herrn Rumpel gehört hatte. Wobei "weder das Haus noch die Gasse zu den schönsten ihrer Art in Erfurt" gehörten. Warum notiert er das, fragt man sich. Ist es Selbstlob? Ist es Geschwätzigkeit? Dabei kann Eisold erzählen und hat ein Gespür für Pointen, etwa wenn er in "Quedlinburg" von den Intrigen im fränkischen Königshaus so berichtet, als wäre es Klatsch von heute. Was immer man aber von den Texten halten will, es geht ja vor allem um die Fotos. Der Fotograf Peter Kühn weiß, was gefällt. Er zeigt die Städte in allen Jahreszeiten und in allen möglichen Beleuchtungen. Er hat den Blick für die gefällige Totale, sieht aber auch das sprechende Detail. Er macht Quedlinburg zum Traum von einer deutschen Stadt. Man möchte auf der Stelle hinfahren. Auch Erfurt, Thüringens Landeshauptstadt, wird bei ihm zu einem Märchen. So wie in vorangegangenen Bänden Magdeburg, Halberstadt oder Wernigerode schon zu Märchenstädten geworden sind. (F.P.)
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