Leonid Zypkin
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Ein Sommer in Baden-Baden
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- Verlag: Frankfurt am Main ; Wien ; Zürich : Büchergilde Gutenberg
- ISBN-13: 9783763257645
- Artikelnr.: 25701447
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Erniedrigung schafft Größenwahn
Erzählen wie nach einer Nahtoderfahrung: Der Pathologe Leonid Zypkin seziert sein eigenes jüdisch-sowjetisches Familienschicksal
Dass Leonid Zypkin (1926 bis 1982), ein sowjetischer Mediziner und Pathologe, der nach Feierabend Gedichte und Prosa schrieb, postum als einer der großen Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts gewürdigt wurde, grenzt an ein Wunder. Es verdankt sich nicht zuletzt der Schriftstellerin Susan Sontag, die Zypkins Dostojewski-Roman "Ein Sommer in Baden-Baden" Anfang der Neunziger als ausgemustertes Taschenbuch in einer Londoner Bücherwühlkiste entdeckte und seinen literarischen Rang erkannte. Mit Sontags luzidem Einführungsessay, der auch für die Übersetzungen ins
Erzählen wie nach einer Nahtoderfahrung: Der Pathologe Leonid Zypkin seziert sein eigenes jüdisch-sowjetisches Familienschicksal
Dass Leonid Zypkin (1926 bis 1982), ein sowjetischer Mediziner und Pathologe, der nach Feierabend Gedichte und Prosa schrieb, postum als einer der großen Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts gewürdigt wurde, grenzt an ein Wunder. Es verdankt sich nicht zuletzt der Schriftstellerin Susan Sontag, die Zypkins Dostojewski-Roman "Ein Sommer in Baden-Baden" Anfang der Neunziger als ausgemustertes Taschenbuch in einer Londoner Bücherwühlkiste entdeckte und seinen literarischen Rang erkannte. Mit Sontags luzidem Einführungsessay, der auch für die Übersetzungen ins
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Englische, Französische, Italienische zur obligatorischen Beigabe wurde, hat nun der Aufbau Verlag die schon länger vergriffene kongeniale Übertragung von Alfred Frank in einer schönen Neuedition herausgebracht.
Erstmals sind darin auch Zypkins Fotos von Dostojewski-Schauplätzen im Leningrad der siebziger Jahre enthalten, die seine Milieustudien beim Schreibprozess dokumentieren. Und flankierend bringt der Verlag auch noch Zypkins früheren Roman heraus: "Die Brücke über den Fluss", eine Familien- und Kriegsgeschichte, an der der Autor seine einzigartige, Entferntes und Gegensätzliches zu einem Gesamtklang verklammernde Poetik entwickelte.
Zypkin wuchs im weißrussischen Minsk in einer jüdischen Ärztefamilie auf und wurde in seinen literarischen Interessen von einer gebildeten Moskauer Tante gefördert. Nach dem deutschen Überfall 1941 gelang der Kernfamilie gerade noch die Flucht aus Minsk, wo die Besatzer dann Verwandte und Kollegen ermordeten. Die aus der Evakuierung Heimkehrenden fanden die Stadt völlig zerstört vor. Zypkin zog später nach Moskau und machte eine wissenschaftliche Karriere. Doch die antisemitische Aggression, der erst sein Vater, dann er selbst und schließlich auch sein Sohn ausgesetzt waren, hat ihn dauerhaft gezeichnet bis zum frühen Herztod an seinem sechsundfünfzigsten Geburtstag.
Zypkins Erzählkunst erinnert an das Halluzinieren infolge einer Nahtoderfahrung, wobei weitgespannte Zusammenhänge nachgezeichnet und Zeiträume durchflogen werden, dies aber in fotografisch präzisen Bildern. Der Autor, der in "Die Brücke über den Fluss" sein früheres Selbst in der dritten Person schildert, sieht, wie dieser dickliche Junge auf das pompöse Opernhaus zuradelt, wo schon bald der Stab der deutschen Besatzer untergebracht sein wird; das Radfahren hatte ihm kurz zuvor der bewunderte große Cousin beigebracht, der nach Kriegsbeginn zum Flugzeugwartungsdienst gegangen war, bald aber von einem deutschen Panzerkommando getötet wurde, weshalb Briefe der Familie an ihn zurückkamen, woraufhin die Großmutter, die besonders an dem jungen Mann hing, ihr Gedächtnis verlor.
Ein verstörender Reiz des Buches liegt in seiner Engführung von Eros und Thanatos. So absorbieren den halbwüchsigen Helden des ersten Teils verwirrende Gefühle für die Tochter eines Kollegen seines Vaters, die von Ehrfurcht über Mitleid bis zur süßen Versuchung, fremde Schwäche auszunutzen, changieren, während deutsche Flieger über der Stadt kreisen, die durch Brände auch nachts taghell erleuchtet ist. Der zweite Teil beschreibt die tödliche Lungenerkrankung des Vaters und die Therapiebemühungen seiner Ärztekollegen in peinvoll professionellen Einzelheiten. Dabei entbrennt Zypkins dieses Sterben begleitendes Alter Ego, nun als verheirateter Mann, für eine Krankenschwester und nötigt ihr, während sie Uringefäße reinigt, einen Kuss ab.
Als Pathologe hat der Autor stets das Ende seiner Figuren vor Augen. Mit dem Bild des einst begehrten Mädchens zieht auch die Gestalt der ältlichen Museumsführerin herauf, die sie später sein wird. Passanten in der Metro stellt der Erzähler sich sogleich in späteren Lebensphasen und auf dem Totenbett vor. Mit untrüglichem Blick des Seelenarchäologen führt er zudem die Langzeitwirkung von Traumata vor. Die Ohrfeige, die er als Heranwachsender von einem viel kleineren Jungen bekam, weil er Jude war, erzeugt in ihm noch lange sowohl Schuldgefühle als auch Rachephantasien. Ein Echo davon findet sich in seinen sadistischen Anwandlungen gegenüber dem großen, aber feigen Familienhund und den grotesken Vorwürfen an seine Frau, für sie sei er nur "Scheiße".
Hier liegt ein Schlüssel zu Zypkins Hauptwerk, dem Roman über den von Nichtigkeitsgefühlen und Ressentiments, auch gegen Juden, besessenen Dostojewski, dessen literarische Größe aus seinen menschlichen Niederlagen hervorwächst. "Ein Sommer in Baden-Baden" entstand in den Jahren 1977 bis 1980, als Zypkins Sohn in die Vereinigten Staaten ausgereist und er selbst deswegen an seinem Institut degradiert worden war. Es ist eine Annäherung an den von Geldnot, Spielsucht, epileptischen Anfällen und der Erinnerung an seine Sträflingszeit geplagten Romancier, die sich von den Aufzeichnungen von dessen zweiter Frau, der jungen Stenotypistin Anna Snitkina, leiten lässt. Der exzeptionell einfühlsame Text vergegenwärtigt die komplexgeladene Verachtung, die das vor Gläubigern geflohene Paar für Juden, Deutsche, Polen, aber auch weltläufige Russen empfindet, wie der Schriftsteller Schmuck und Kleidung seiner Frau verpfändet und sie wegen Nichtigkeiten anfährt. Und wie ihr die Liebe Kraft gibt, zu ihm zu halten und zu verzeihen. Fast wie ein liebender Partner vergibt auch Zypkin Dostojewski dessen Antisemitismus.
Der Erzählstrom verflicht zwei Reisen: die der Dostojewskis während der Sommermonate 1867 und Zypkins eigene Erkundungstour mehr als hundert Jahre später ins sowjetisch graue Leningrad, wie Sankt Petersburg damals hieß, wo er bei einer mütterlichen Freundin unterkommt, in deren Schicksal - ihr Mann kam ins Lager, wurde untreu, sie verzieh ihm - Dostojewskis Drama widerhallt. Ihr ist das Buch gewidmet. Zypkin, der profunde Kenner von Dostojewskis Werk und Wirkung, vergegenwärtigt dessen Obsessionen, als wären es seine eigenen. Der lange Atem der über Seiten mäandernden, durch Gedankenstriche lose vernähten "Zypkin-Sätze" trägt durch Epochen und Seelenlandschaften. Szenen aus Dostojewskis Katorga scheinen auf, Figuren seiner Romane, erniedrigende Begegnungen mit Iwan Turgenjew und Iwan Gontscharow, die er anpumpt, dann megalomane Phantasien, aber auch die namenlosen Schatten von Dissidenten des zwanzigsten Jahrhunderts, etwa von Alexander Solschenizyn, der Dostojewskis slawophile Mission fortsetzte, oder von dessen westlich orientiertem Gegenpart, dem Menschenrechtler Andrej Sacharow. Dazwischen aber finden sich immer wieder beglückende Inseln gemeinsamen "Schwimmens", wie Zypkin die ungeschützte Bodenlosigkeit der Liebe umschreibt, mittels deren die jungvermählten Eheleute Dostojewski ihre Wunden heilen.
KERSTIN HOLM
Leonid Zypkin: "Die Brücke über den Fluss". Roman.
Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Aufbau Verlag Berlin, 2020. 208 S., geb., 22,- [Euro].
Leonid Zypkin: "Ein Sommer in Baden-Baden". Roman.
Aus dem Russischen von Alfred Frank. Aufbau Verlag, Berlin 2020. 312 S., geb., 24,- [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Erstmals sind darin auch Zypkins Fotos von Dostojewski-Schauplätzen im Leningrad der siebziger Jahre enthalten, die seine Milieustudien beim Schreibprozess dokumentieren. Und flankierend bringt der Verlag auch noch Zypkins früheren Roman heraus: "Die Brücke über den Fluss", eine Familien- und Kriegsgeschichte, an der der Autor seine einzigartige, Entferntes und Gegensätzliches zu einem Gesamtklang verklammernde Poetik entwickelte.
Zypkin wuchs im weißrussischen Minsk in einer jüdischen Ärztefamilie auf und wurde in seinen literarischen Interessen von einer gebildeten Moskauer Tante gefördert. Nach dem deutschen Überfall 1941 gelang der Kernfamilie gerade noch die Flucht aus Minsk, wo die Besatzer dann Verwandte und Kollegen ermordeten. Die aus der Evakuierung Heimkehrenden fanden die Stadt völlig zerstört vor. Zypkin zog später nach Moskau und machte eine wissenschaftliche Karriere. Doch die antisemitische Aggression, der erst sein Vater, dann er selbst und schließlich auch sein Sohn ausgesetzt waren, hat ihn dauerhaft gezeichnet bis zum frühen Herztod an seinem sechsundfünfzigsten Geburtstag.
Zypkins Erzählkunst erinnert an das Halluzinieren infolge einer Nahtoderfahrung, wobei weitgespannte Zusammenhänge nachgezeichnet und Zeiträume durchflogen werden, dies aber in fotografisch präzisen Bildern. Der Autor, der in "Die Brücke über den Fluss" sein früheres Selbst in der dritten Person schildert, sieht, wie dieser dickliche Junge auf das pompöse Opernhaus zuradelt, wo schon bald der Stab der deutschen Besatzer untergebracht sein wird; das Radfahren hatte ihm kurz zuvor der bewunderte große Cousin beigebracht, der nach Kriegsbeginn zum Flugzeugwartungsdienst gegangen war, bald aber von einem deutschen Panzerkommando getötet wurde, weshalb Briefe der Familie an ihn zurückkamen, woraufhin die Großmutter, die besonders an dem jungen Mann hing, ihr Gedächtnis verlor.
Ein verstörender Reiz des Buches liegt in seiner Engführung von Eros und Thanatos. So absorbieren den halbwüchsigen Helden des ersten Teils verwirrende Gefühle für die Tochter eines Kollegen seines Vaters, die von Ehrfurcht über Mitleid bis zur süßen Versuchung, fremde Schwäche auszunutzen, changieren, während deutsche Flieger über der Stadt kreisen, die durch Brände auch nachts taghell erleuchtet ist. Der zweite Teil beschreibt die tödliche Lungenerkrankung des Vaters und die Therapiebemühungen seiner Ärztekollegen in peinvoll professionellen Einzelheiten. Dabei entbrennt Zypkins dieses Sterben begleitendes Alter Ego, nun als verheirateter Mann, für eine Krankenschwester und nötigt ihr, während sie Uringefäße reinigt, einen Kuss ab.
Als Pathologe hat der Autor stets das Ende seiner Figuren vor Augen. Mit dem Bild des einst begehrten Mädchens zieht auch die Gestalt der ältlichen Museumsführerin herauf, die sie später sein wird. Passanten in der Metro stellt der Erzähler sich sogleich in späteren Lebensphasen und auf dem Totenbett vor. Mit untrüglichem Blick des Seelenarchäologen führt er zudem die Langzeitwirkung von Traumata vor. Die Ohrfeige, die er als Heranwachsender von einem viel kleineren Jungen bekam, weil er Jude war, erzeugt in ihm noch lange sowohl Schuldgefühle als auch Rachephantasien. Ein Echo davon findet sich in seinen sadistischen Anwandlungen gegenüber dem großen, aber feigen Familienhund und den grotesken Vorwürfen an seine Frau, für sie sei er nur "Scheiße".
Hier liegt ein Schlüssel zu Zypkins Hauptwerk, dem Roman über den von Nichtigkeitsgefühlen und Ressentiments, auch gegen Juden, besessenen Dostojewski, dessen literarische Größe aus seinen menschlichen Niederlagen hervorwächst. "Ein Sommer in Baden-Baden" entstand in den Jahren 1977 bis 1980, als Zypkins Sohn in die Vereinigten Staaten ausgereist und er selbst deswegen an seinem Institut degradiert worden war. Es ist eine Annäherung an den von Geldnot, Spielsucht, epileptischen Anfällen und der Erinnerung an seine Sträflingszeit geplagten Romancier, die sich von den Aufzeichnungen von dessen zweiter Frau, der jungen Stenotypistin Anna Snitkina, leiten lässt. Der exzeptionell einfühlsame Text vergegenwärtigt die komplexgeladene Verachtung, die das vor Gläubigern geflohene Paar für Juden, Deutsche, Polen, aber auch weltläufige Russen empfindet, wie der Schriftsteller Schmuck und Kleidung seiner Frau verpfändet und sie wegen Nichtigkeiten anfährt. Und wie ihr die Liebe Kraft gibt, zu ihm zu halten und zu verzeihen. Fast wie ein liebender Partner vergibt auch Zypkin Dostojewski dessen Antisemitismus.
Der Erzählstrom verflicht zwei Reisen: die der Dostojewskis während der Sommermonate 1867 und Zypkins eigene Erkundungstour mehr als hundert Jahre später ins sowjetisch graue Leningrad, wie Sankt Petersburg damals hieß, wo er bei einer mütterlichen Freundin unterkommt, in deren Schicksal - ihr Mann kam ins Lager, wurde untreu, sie verzieh ihm - Dostojewskis Drama widerhallt. Ihr ist das Buch gewidmet. Zypkin, der profunde Kenner von Dostojewskis Werk und Wirkung, vergegenwärtigt dessen Obsessionen, als wären es seine eigenen. Der lange Atem der über Seiten mäandernden, durch Gedankenstriche lose vernähten "Zypkin-Sätze" trägt durch Epochen und Seelenlandschaften. Szenen aus Dostojewskis Katorga scheinen auf, Figuren seiner Romane, erniedrigende Begegnungen mit Iwan Turgenjew und Iwan Gontscharow, die er anpumpt, dann megalomane Phantasien, aber auch die namenlosen Schatten von Dissidenten des zwanzigsten Jahrhunderts, etwa von Alexander Solschenizyn, der Dostojewskis slawophile Mission fortsetzte, oder von dessen westlich orientiertem Gegenpart, dem Menschenrechtler Andrej Sacharow. Dazwischen aber finden sich immer wieder beglückende Inseln gemeinsamen "Schwimmens", wie Zypkin die ungeschützte Bodenlosigkeit der Liebe umschreibt, mittels deren die jungvermählten Eheleute Dostojewski ihre Wunden heilen.
KERSTIN HOLM
Leonid Zypkin: "Die Brücke über den Fluss". Roman.
Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Aufbau Verlag Berlin, 2020. 208 S., geb., 22,- [Euro].
Leonid Zypkin: "Ein Sommer in Baden-Baden". Roman.
Aus dem Russischen von Alfred Frank. Aufbau Verlag, Berlin 2020. 312 S., geb., 24,- [Euro]
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Fabian Wolff freut sich schon auf weitere Texte von Leonid Zypkin, dessen erst 1982 erstmals erschienener Roman nun in Neuauflage mit einem "enthusiastischen" Geleitwort von Susan Sontag vorliegt. Wie der Autor seinen Erzähler auf Dostojewskis Spuren durch deutsche Kurbäder flanieren lässt, weil er sich dem Schriftsteller verwandt fühlt, findet Wolff lesenswert, wenngleich ihm die von Sontag aufgemachte Nähe zu Sebald nicht vollständig einleuchtet. Zypkins lange Sätze, die Zeiten und Orte "durchwandern", und auch das Changieren des Textes zwischen Essay und Fiktion erinnern zwar an Sebald, gibt Wolff zu, doch hat Zypkin das Leid der Schoah, das ihn umtreibt, selbst erlebt, während Sebald es "nur" nachempfindet, so der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Eine große Wiederentdeckung.« Süddeutsche Zeitung 20200731
eBook, ePUB
EinSommerinBadenBaden gehört zu den ganz besonderen Büchern, die jederzeit auf den sogenannten Bestsellerlisten einschlägiger Journalen stehen sollten. Schon die Übersetzung von Alfred Frank sowie das Vorwort von Susan Sonntag zeugen von hoher schriftstellerischer Qualität. …
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EinSommerinBadenBaden gehört zu den ganz besonderen Büchern, die jederzeit auf den sogenannten Bestsellerlisten einschlägiger Journalen stehen sollten. Schon die Übersetzung von Alfred Frank sowie das Vorwort von Susan Sonntag zeugen von hoher schriftstellerischer Qualität. Nein, es ist kein Buch, welches sich mal eben nebenbei am Strand oder in der Straßenbahn lesen lässt. Es erfordert eine hohe Konzentration und erlaubt keinerlei Ablenkung. Ich glaube nicht, dass sich der Sinn des Buches erschließt, sollte man es als Hörbuch beim Putzen oder Bügeln hören.
Der Autor von EinSommerinBadenBaden war ein sowjetischer Arzt jüdischen Glaubens. Er schrieb kein weiteres Buch. Auffallend sind die nahezu endlos langen Sätze, die sich im e-Book über eine Seite erstrecken. Das ist anstrengend zu lesen und keine Lektüre, die nur der Unterhaltung dient. Leonid Zypkin war ein glühender Anhänger des sehr erfolgreichen Autors Fjodor Dostojewski. Die Grundlage für sein Werk war ein schlichtes Tagebuch. Dieses schrieb die Ehefrau und über alles Geliebte Anna Grigorjewna des Schriftstellers Dostojewski.
Nein, Dostojewski war beileibe kein Vorbild und seine Spielsucht machte den Aufenthalt in Baden-Baden zu einer Geduldsprobe für seine Ehefrau. Immer wieder muss sie auf ihren Mann warten und weiß nie, mit welcher Laune er zu ihr zurückkehrt. Hat er gewonnen, so ist er fröhlich und kann auch an seinen Romanen schreiben. Sobald er verliert, versinkt er in tiefe Depressionen, die zuweilen auch in seinen Werken erkennbar sind.
Nein, #EinSommerinBadenBaden ist kein Buch, welches ich in einem Zug lesen konnte. Die sehr langen und verschachtelten Sätze forderten meine ganze Aufmerksamkeit. Und trotzdem konnte ich das Buch genießen und gebe vier Sterne für dieses außergewöhnliche Werk. Es zeugt von Intelligenz und diese sollten interessierte Leser unbedingt mitbringen.
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Gebundenes Buch
Obwohl ich den 1982 verstorbenen russischen Schriftsteller Leonid Zypkin dieses Jahr erst für mich entdeckt habe, verehre ich ihn schon jetzt. Seine literarischen Qualitäten sind zwingend.
Ein Sommer in Baden-Baden erzählt von Dostojewski, der auch für mich ein wichtiger Autor …
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Obwohl ich den 1982 verstorbenen russischen Schriftsteller Leonid Zypkin dieses Jahr erst für mich entdeckt habe, verehre ich ihn schon jetzt. Seine literarischen Qualitäten sind zwingend.
Ein Sommer in Baden-Baden erzählt von Dostojewski, der auch für mich ein wichtiger Autor war.
Zypkin schafft es, die Gedanken des zeitgenössischen Erzählers und die Reisen Dostojewskis mit seiner Frau in Einklang zu bringen. Das Paar erreicht auch Baden-Baden. Gerade hier gibt es besonders viele Sätze mit außergewöhnlichen Beobachtungen und starker Ausdruckskraft.
Auffällig die Passagen, in denen Dostojewski viel Geld verspielt. Da denkt man sofort an sein Buch Der Spieler.
Dann gibt es wieder die Abschnitte mit dem Erzähler, der auf Dostojewskis Spuren wandelt, und wir Leser mit ihm.
Außerdem ist das Vorwort der großen Essayistin Susan Sontag überaus beeindruckend. Sie war ebenfalls eine Persönlichkeit und ihre Texte gehen in die Tiefe. Ihrer Analyse dieses Buches kann man nur andächtig lesen.
Ganz interessant ist auch der umfangreiche Bildteil (St.-Petersburg-Album) am Ende des Buches.
Ein Sommer in Baden-Baden ist ein Buch zum wiederlesen. Und das werde ich sicher tun!
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