Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Tobias Gohlis hat zwei Kriminalromane gelesen, die ihn beide durch die "Verstörung" überzeugen, die die darin evozierten Bilder bei den Lesern auszulösen vermögen. In Astrid Paprottas "Die ungeschminkte Wahrheit", ihrem dritten Krimi, geht es um eine Serie von Morden an Obdachlosen in einer namenlosen Großstadt, erklärt der Rezensent. Ihm imponiert die an der Aufklärung der Verbrechen arbeitenden Kommissarin Ina Henkel, die nicht vergessen kann, dass sie einen Menschen erschossen hat, und er glaubt, dass gerade ihre bewahrten kindlichen Eigenschaften von "Trotz", "Neugier" und "Empfindsamkeit" sie besonders für die Wahrnehmung des Schrecklichen empfänglich machen. Das Krimigenre, das von Haus aus "ästhetisch" eine riskante Gratwanderung zwischen "Sensationsgier und Öffnung des Blicks" darstellt, läuft stets auch Gefahr, zum Kitsch zu werden, meint Gohlis, der diesem Kriminalroman allerdings bescheinigt, die "wirklich dunkle Seite der schönen globalisierten Gegenwart" eingefangen zu haben, dessen Bilder noch lange haften bleiben.
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