Stiftung öffentlichen Rechts und damit deren Entlassung aus der Fachaufsicht des Landes. Wie diese neue Freiheit genutzt wurde, damit befasst sich Steinbergs Nachfolger Müller-Esterl: Zusammen mit seiner früheren Referentin Christine Burtscheidt zieht er knapp acht Jahre nach Inkrafttreten des Autonomiegesetzes eine Zwischenbilanz der Reform.
Dass dieses Fazit überwiegend positiv ausfällt, überrascht nicht. Von der Tauglichkeit des Stiftungsmodells, das unter anderem auf ein starkes Präsidium setzt, ist Müller-Esterl ebenso überzeugt wie Steinberg. Große Teile seines Buches bestehen denn auch aus Aufzählungen der Erfolge, die die Universität seit 2008 errungen hat - etwa beim Einwerben privater Stiftungsgelder, in Forschungswettbewerben und in der Verbesserung der Lehre.
Müller-Esterl benennt aber auch die Gebiete, auf denen er die Autonomie noch unzureichend verwirklicht oder sogar durch "Rollback"-Tendenzen gefährdet sieht. Noch immer ist das Land der wichtigste Geldgeber der Universität; daran hat auch das Wachstum des Stiftungskapitals nichts geändert. Und was Hessen zahlt, reicht nach Überzeugung des Präsidenten a. D. nicht immer aus, um den Herausforderungen etwa durch die steigenden Studentenzahlen gerecht zu werden. Trotz aller Anstrengungen habe sich etwa die Betreuungsrelation in den besonders begehrten Fächern verschlechtert (siehe Meldung auf dieser Seite).
Gleichzeitig gebe es in der Politik Bestrebungen, den Hochschulen Teile des gewährten Spielraums wieder wegzunehmen. Das sei nicht nur in Nordrhein-Westfalen zu beobachten, sondern auch in Hessen. So habe sich das Ministerium mit der jüngsten Novelle des Hochschulgesetzes das Recht gesichert, Einfluss auf die Vergütung hauptamtlicher Präsidiumsmitglieder und - in Konfliktfällen - auf den Budgetplan der Universität zu nehmen.
Auch wenn diese Beispiele nicht dramatisch klingen, so hat Müller-Esterl doch recht, wenn er mahnt, den Anfängen zu wehren. Vor allem darf die Freiheit der Hochschulen kein Gut sein, das zur Disposition steht, wenn die Koalition in Wiesbaden wechseln sollte. Sehr wohl überdacht werden darf - auch hierin ist dem Autor zuzustimmen - das kategorische Nein zu Studiengebühren. Zumindest auf eine nachgelagerte Erhebung bei Absolventen, die gut verdienen, sollte sich die Gesellschaft verständigen können. Vielleicht erlebt ja Müller-Esterls Nachfolgerin Birgitta Wolff noch die Anfänge einer solchen Diskussion und kann sie eines Tages in einem Buch beschreiben.
SASCHA ZOSKE.
Werner Müller-Esterl, Christine Burtscheidt: "Die mündige Universität", 159 Seiten, Campus-Verlag, 18,90 Euro.
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