Bert Sander

Broschiertes Buch

Die Fahrt ins Glück

Über Urlaub und andere Katastrophen

Herausgeber: Sander, Bert

Beschreibung

Urlaub, große Ferien - Freude an der Vorbereitung, viel freie Zeit, Erholung, Sonne, endlich so ganz in Familie ... Spaß, Harmonie ... die Alternative zum Alltäglichen - einfach traumhaft! Träumt weiter, ihr, die es alljährlich zu bewältigen suchen, dieses Phänomen. Denn sie ist unabwendbar, die harte Realität: Kofferpacken, Suche nach Fahrkarten, Hund, Hutschachtel, Entscheidungen auf multilateraler Ebene, Stress und Hektik pur, schlechtes Essen, Lärm, Unruhe, nörgelnde Kinder, frustrierte Ehegatten und dann das Wetter (!) - die Statistik beweist: Im Urlaub wird am meisten gestritten. Ernüchterung und der Vorsatz: Im nächsten Jahr wird alles ganz anders ... Nun, dann wollen wir unsere eigenen Erfahrungen messen an denen von Autoren, die sich diesen Themen gewidmet haben, um einer Bestätigung willen (Ich bin nicht anormal, andere empfinden auch so!) oder wegen der Frage: Was "lernt" uns das?

Produktdetails

• Verlag: Hinstorff
• Seitenzahl: 199
• Abmessung: 205mm
• Gewicht: 305g
• ISBN-13: 9783356011319
• ISBN-10: 3356011316
• Artikelnr.: 20785128

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.02.2007

Reiseglück bedeutet Arbeit

Auch Trödeln will gelernt sein. Eine facettenreiche Anthologie versammelt quer durch die Jahrhunderte Gedichte, Aphorismen und Kurzgeschichten über die Philosophie des Reisens, über Muße und Müßiggang, die Fremdbestimmung der vermeintlichen Freizeit und über das im Selbstverständnis moderner Erlebnisreisen verborgene Arbeitsethos. Ob in Form der klassischen Bildungsreise und Studienfahrt oder des Aktivurlaubs mit Animateuren - das Reiseglück trägt in der deutschen Kulturgeschichte des Reisens stets auch Züge der Anstrengung und des Erarbeitetwerdens, sei der Aufbruch nun vom schöngeistigen Erkenntnisgewinn oder Sportsgeist getrieben. Die verlustig gegangene Kunst des süßen Nichtstuns spiegelt sich

in der heutigen Neid- und Leistungsgesellschaft auch in den Erwartungshaltungen und Verhaltenscodes des Urlaubers wider, wie Gabriel Laubs Gedanken über Urlaubskosten als Hemmschuh der Erholung und "psychoökonomischen Schlafstörfaktor" belegen. Im Urlaub als Auszeit und Ausnahmezustand vom alltäglichen Aneinandervorbeileben macht sich der wahre Charakter des Partners gewahr. In den Ferien, so auch die Botschaft von Martin Suters "Hunold, Manager und Familienvater" mutiert jeder vermeintliche Locus amoenus zum Ort ehelicher Auseinandersetzungen. Weitere soziologische Studien der Konfliktpotentiale des Urlaubs und gekonnte Sottisen sind Robert Gernhardts "Strandduett", Gerhard Polts "Kulturreise" oder Kurt Tucholskys "Die Kunst, falsch zu reisen", eine Satire auf die deutsche Baedekergläubigkeit und Selbstherrlichkeit gegenüber Einheimischen. Dankenswerterweise finden neben etwas überdreht kabarettistischen oder zeitgeistigen auch einige leisere reisephilosophische Geschichten Eingang in die kontrastreiche Anthologie. So propagieren Texte wie "Fortschreitendes Eintauchen in das Andere" von Julio Cortázar und Carol Dunlop oder "Die Wiederentdeckung des Gehens beim Wandern" von Thomas Rosenlöcher anstelle der Desillusionierung der Ankunft den Weg als Ziel und die Reindividualisierung des Reisens als Ausweg aus der Sinnkrise des Ablaufprogramms des modernen Tourismus.

sg

"Die Fahrt ins Glück. Über Urlaub und andere Katastrophen" herausgegeben von Bert Sander. Hinstorff Verlag, Rostock 2006. 200 Seiten. Gebunden, 9,90 Euro. ISBN 3-356-01131-6.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main