Philippe Masson
Gebundenes Buch
Die Deutsche Armee
Geschichte der Wehrmacht 1935-1945. Vorw. u. Anm. v. J. A. Graf Kielmansegg
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Produktdetails
- Verlag: Herbig
- 7. Aufl.
- Seitenzahl: 535
- Deutsch
- Abmessung: 230mm
- Gewicht: 956g
- ISBN-13: 9783776619331
- ISBN-10: 3776619333
- Artikelnr.: 06211050
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Zwischen den Extremen
Philippe Masson schreibt abwägend eine Geschichte der Wehrmacht
Philippe Masson: Die deutsche Armee. Geschichte der Wehrmacht 1935-1945. Vorwort und Anmerkungen von J. A. Graf von Kielmansegg. Aus dem Französischen von August Graf von Kageneck. Herbig Verlag, München 1996. 560 Seiten, 17 Karten, 69,90 Mark.
Äußerungen über das Wirken der Wehrmacht sind häufig gekennzeichnet entweder von Verdammung oder vom Versuch der Reinwaschung. Der französische Militärhistoriker Masson begibt sich mit seinem Buch in die breite Mitte zwischen diesen Extremen, die der Wehrmacht nicht gerecht werden. Er rühmt die militärischen Leistungen dieser Armee im Zweiten Weltkrieg, zeigt aber ebenso die
Philippe Masson schreibt abwägend eine Geschichte der Wehrmacht
Philippe Masson: Die deutsche Armee. Geschichte der Wehrmacht 1935-1945. Vorwort und Anmerkungen von J. A. Graf von Kielmansegg. Aus dem Französischen von August Graf von Kageneck. Herbig Verlag, München 1996. 560 Seiten, 17 Karten, 69,90 Mark.
Äußerungen über das Wirken der Wehrmacht sind häufig gekennzeichnet entweder von Verdammung oder vom Versuch der Reinwaschung. Der französische Militärhistoriker Masson begibt sich mit seinem Buch in die breite Mitte zwischen diesen Extremen, die der Wehrmacht nicht gerecht werden. Er rühmt die militärischen Leistungen dieser Armee im Zweiten Weltkrieg, zeigt aber ebenso die
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Grenzen der Leistungsfähigkeit auf. Er verurteilt die Soldaten, namentlich die Offiziere, nicht pauschal, ein Instrument des Nationalsozialismus gewesen zu sein, spricht sie aber ebensowenig von Schuld frei. Sachlichkeit, noch dazu aus der Feder eines französischen Historikers, tut dem in Deutschland nach wie vor umstrittenen Thema gut.
Die Geschichte der Wehrmacht zu schreiben bedeutet, überwiegend Kriegsgeschichte zu schreiben. Dem kann sich auch Masson nicht entziehen. So ist der größte Teil des Buches die Beschreibung der Hitlerschen Feldzüge, der schnellen, erfolgreichen Richtung Westen bis hin zum schweren und schließlich fehlgeschlagenen gegen die Sowjetunion. Johann Graf Kielmansegg urteilt in seinem wohlwollenden, aber kritischen Vorwort zur deutschen Übersetzung, Masson schreibe nur wenig Neues, kenne Forschungsstand und Bekanntes jedoch gut. Der Verfasser stellt dar, wie der Angriff gegen die Westmächte, namentlich Frankreich, mit "unverschämtem Glück und einer verblüffenden Leichtigkeit" abläuft, wie schnell sich der Erfolg abzeichnet und wie gering die französische Gegenwehr ist. Am 16. Mai 1940 war der Erfolg der Wehrmacht "nahezu vollständig", schreibt Masson und erinnert - ein interessantes Detail - daran, wie Guderian sich weigerte, beim Vormarsch eine Pause einzulegen, nachdem Hitler beunruhigt war wegen des allzu schnellen Vormarschs und einen französischen Gegenangriff befürchtete. Guderian drohte mit Rücktritt und erhielt die Erlaubnis, seine "bewaffnete Aufklärung" fortzusetzen.
Fraglos habe sich die Wehrmacht von 1940 als ein "hervorragendes militärisches Instrument" erwiesen, schreibt Masson, eine Einschätzung, die er wiederholt vorträgt. Gleichwohl habe der schnelle Sieg gegen Frankreich den militärischen Führern Deutschlands die Sicht auf "Bruchstellen" in ihrem System verdeckt. Diese sollten sich beim "Unternehmen Barbarossa" als verhängnisvoll erweisen. Auch hätten sich weder Hitler noch das Oberkommando der Wehrmacht und des Heeres eingestanden, daß der schnelle Sieg gegen die Franzosen erheblich erleichtert worden sei durch das Versagen der gegnerischen militärischen Führung.
1943 ist das Jahr der Wende für die Wehrmacht, die sich nach den ersten schweren Rückschlägen an der Ostfront und im Mittelmeerraum grundsätzlich wandelt. Das einstige Instrument des Blitzkrieges, so beschreibt es Masson, nimmt an Umfang zu und wird zu einem vor allem defensiven Werkzeug. Im Heer tut sich zunehmend ein Graben auf zwischen den Panzern, motorisierten Divisionen und Fallschirmjägern einerseits, der Masse der Infanterieeinheiten andererseits. Der Verfasser legt die höchst unterschiedliche Qualität der Truppe ungeschminkt dar. Das hindert ihn nicht an einer positiven Gesamteinschätzung. "Die Wehrmacht des Zweiten Weltkriegs hinterläßt eine unauslöschliche Spur in der Geschichte und die Erinnerung an ein außerordentliches Instrument des Kampfes. Von 1939 bis 1942 hat die deutsche Armee einer verblüfften Welt alle Facetten des modernen Blitzkriegs vorgeführt und als Modell für die anderen großen Armeen der Welt gedient." Noch nach dem Krieg werde die Wehrmacht als Vorbild herangezogen. Die vernichtende Niederlage, die die Wehrmacht trotz ihrer Leistungsfähigkeit erlitten hat, erklärt Masson mit der Unfähigkeit, den Hauptgegner auf dem Lande, die Sowjetunion, zu besiegen. Die Fähigkeiten der Wehrmacht hätten nicht ausgereicht, gleichzeitig den größten Land- und Seemächten standzuhalten.
Interessant, teilweise spannend beschreibt Masson, wie Hitler sich die Wehrmacht unterwirft. Am 16. März legt er in einem Erlaß fest, daß der "Führer und Reichskanzler oberster Befehlshaber der Wehrmacht ist". Mit der Schaffung des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) gelingt es Hitler, die Wehrmacht mit ihren drei Teilstreitkräften ganz seinem Befehl zu unterstellen. Bedenken der Generalität, wie sie etwa Beck vor dem Angriff auf die Tschechoslowakei formulierte, weiß Hitler - zum Teil rüde - zu beseitigen. Er bestellt die verantwortlichen Militärs zum Berghof und läßt, wie Masson es ausdrückt, "ein Gewitter über sie niedergehen". Drei Stunden lang beschuldigt er sie der Feigheit, der Charakterschwäche und des mangelnden Vertrauens in sein Genie. Hitler verlangt von seiner Generalität blinden Gehorsam. "Eine Tradition bricht zusammen. Der Generalstab sieht sich auf den Rang eines Erfüllungsgehilfen zurückgedrängt, mit dem strikten Verbot, irgendeinen Einfluß auf die Politik zu nehmen. Die zivile hat die militärische Macht besiegt." Fortan greift Hitler auch in die operative Führung ein.
In einem Kapitel "Moral und Politik" stellt Masson die Schuldfrage. In nur einem Absatz und etwas lapidar weist der Autor den verbreiteten Vorwurf zurück, mit ihrem zähen und ausdauernden Kampfeswillen habe die Wehrmacht den Fortbestand des nationalsozialistischen Systems und damit der Vernichtungslager ermöglicht. Er spricht von einem "wenig stichhaltigen" Argument, das er mit dem Gegenargument zu entkräften versucht, die sowjetischen Generäle hätten, indem sie die Deutschen vor Moskau und Stalingrad gestoppt hätten, nicht nur "dem schlimmsten aller Totalitarismen, sondern auch dem Archipel Gulag" das Leben gerettet. Der Gegenvorwurf kann den Vorwurf nicht entkräften.
Masson wirft dem Oberkommando vor, es habe entweder "komplizenhaft geschwiegen" oder dem Hitlerschen "Weltanschauungskrieg" zugestimmt. Er weist auf die antisemitische Gesinnung im Offizierskorps hin und beschreibt, wie fasziniert die Generalität von Hitler gewesen sei. "Aus dem Charisma erwächst sklavische Katzbuckelei." Die Wehrmacht ist nach Massons Ansichten einer "dreifachen Verdammnis" zum Opfer gefallen. Sie sei der Faszination eines Diktators verfallen, dessen kriminelle Veranlagung erst nach Kriegsbeginn zutage getreten sei; ihre oberste Führung habe den Notwendigkeiten eines neuen Konzepts der Kriegsführung weichen müssen und sei in eine subalterne, rein technische Rolle gedrängt worden.
Masson schreibt eine Sprache, die nicht streng wissenschaftlich ist, was sich in der deutschen Übersetzung des 1994 in Französisch erschienenen Buches angenehm bemerkbar macht. Das Beschwerliche, das wissenschaftlichen Kriegsdarstellungen durch allzu minutiöse Beschreibung jedes militärischen Winkelzuges, verbunden mit der Aufzählung von Waffengattungen, Truppenstärken oder Abschußzahlen, bisweilen anhaftet, fehlt. Nach Ansicht Kielmanseggs geraten operative Betrachtungen zwar manchmal "zu vereinfachend" und auch Zahlen erschienen gelegentlich ungenau, doch nirgends werde es so unrichtig, daß das Gesamtwerk Schaden nehme. ECKART LOHSE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Geschichte der Wehrmacht zu schreiben bedeutet, überwiegend Kriegsgeschichte zu schreiben. Dem kann sich auch Masson nicht entziehen. So ist der größte Teil des Buches die Beschreibung der Hitlerschen Feldzüge, der schnellen, erfolgreichen Richtung Westen bis hin zum schweren und schließlich fehlgeschlagenen gegen die Sowjetunion. Johann Graf Kielmansegg urteilt in seinem wohlwollenden, aber kritischen Vorwort zur deutschen Übersetzung, Masson schreibe nur wenig Neues, kenne Forschungsstand und Bekanntes jedoch gut. Der Verfasser stellt dar, wie der Angriff gegen die Westmächte, namentlich Frankreich, mit "unverschämtem Glück und einer verblüffenden Leichtigkeit" abläuft, wie schnell sich der Erfolg abzeichnet und wie gering die französische Gegenwehr ist. Am 16. Mai 1940 war der Erfolg der Wehrmacht "nahezu vollständig", schreibt Masson und erinnert - ein interessantes Detail - daran, wie Guderian sich weigerte, beim Vormarsch eine Pause einzulegen, nachdem Hitler beunruhigt war wegen des allzu schnellen Vormarschs und einen französischen Gegenangriff befürchtete. Guderian drohte mit Rücktritt und erhielt die Erlaubnis, seine "bewaffnete Aufklärung" fortzusetzen.
Fraglos habe sich die Wehrmacht von 1940 als ein "hervorragendes militärisches Instrument" erwiesen, schreibt Masson, eine Einschätzung, die er wiederholt vorträgt. Gleichwohl habe der schnelle Sieg gegen Frankreich den militärischen Führern Deutschlands die Sicht auf "Bruchstellen" in ihrem System verdeckt. Diese sollten sich beim "Unternehmen Barbarossa" als verhängnisvoll erweisen. Auch hätten sich weder Hitler noch das Oberkommando der Wehrmacht und des Heeres eingestanden, daß der schnelle Sieg gegen die Franzosen erheblich erleichtert worden sei durch das Versagen der gegnerischen militärischen Führung.
1943 ist das Jahr der Wende für die Wehrmacht, die sich nach den ersten schweren Rückschlägen an der Ostfront und im Mittelmeerraum grundsätzlich wandelt. Das einstige Instrument des Blitzkrieges, so beschreibt es Masson, nimmt an Umfang zu und wird zu einem vor allem defensiven Werkzeug. Im Heer tut sich zunehmend ein Graben auf zwischen den Panzern, motorisierten Divisionen und Fallschirmjägern einerseits, der Masse der Infanterieeinheiten andererseits. Der Verfasser legt die höchst unterschiedliche Qualität der Truppe ungeschminkt dar. Das hindert ihn nicht an einer positiven Gesamteinschätzung. "Die Wehrmacht des Zweiten Weltkriegs hinterläßt eine unauslöschliche Spur in der Geschichte und die Erinnerung an ein außerordentliches Instrument des Kampfes. Von 1939 bis 1942 hat die deutsche Armee einer verblüfften Welt alle Facetten des modernen Blitzkriegs vorgeführt und als Modell für die anderen großen Armeen der Welt gedient." Noch nach dem Krieg werde die Wehrmacht als Vorbild herangezogen. Die vernichtende Niederlage, die die Wehrmacht trotz ihrer Leistungsfähigkeit erlitten hat, erklärt Masson mit der Unfähigkeit, den Hauptgegner auf dem Lande, die Sowjetunion, zu besiegen. Die Fähigkeiten der Wehrmacht hätten nicht ausgereicht, gleichzeitig den größten Land- und Seemächten standzuhalten.
Interessant, teilweise spannend beschreibt Masson, wie Hitler sich die Wehrmacht unterwirft. Am 16. März legt er in einem Erlaß fest, daß der "Führer und Reichskanzler oberster Befehlshaber der Wehrmacht ist". Mit der Schaffung des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) gelingt es Hitler, die Wehrmacht mit ihren drei Teilstreitkräften ganz seinem Befehl zu unterstellen. Bedenken der Generalität, wie sie etwa Beck vor dem Angriff auf die Tschechoslowakei formulierte, weiß Hitler - zum Teil rüde - zu beseitigen. Er bestellt die verantwortlichen Militärs zum Berghof und läßt, wie Masson es ausdrückt, "ein Gewitter über sie niedergehen". Drei Stunden lang beschuldigt er sie der Feigheit, der Charakterschwäche und des mangelnden Vertrauens in sein Genie. Hitler verlangt von seiner Generalität blinden Gehorsam. "Eine Tradition bricht zusammen. Der Generalstab sieht sich auf den Rang eines Erfüllungsgehilfen zurückgedrängt, mit dem strikten Verbot, irgendeinen Einfluß auf die Politik zu nehmen. Die zivile hat die militärische Macht besiegt." Fortan greift Hitler auch in die operative Führung ein.
In einem Kapitel "Moral und Politik" stellt Masson die Schuldfrage. In nur einem Absatz und etwas lapidar weist der Autor den verbreiteten Vorwurf zurück, mit ihrem zähen und ausdauernden Kampfeswillen habe die Wehrmacht den Fortbestand des nationalsozialistischen Systems und damit der Vernichtungslager ermöglicht. Er spricht von einem "wenig stichhaltigen" Argument, das er mit dem Gegenargument zu entkräften versucht, die sowjetischen Generäle hätten, indem sie die Deutschen vor Moskau und Stalingrad gestoppt hätten, nicht nur "dem schlimmsten aller Totalitarismen, sondern auch dem Archipel Gulag" das Leben gerettet. Der Gegenvorwurf kann den Vorwurf nicht entkräften.
Masson wirft dem Oberkommando vor, es habe entweder "komplizenhaft geschwiegen" oder dem Hitlerschen "Weltanschauungskrieg" zugestimmt. Er weist auf die antisemitische Gesinnung im Offizierskorps hin und beschreibt, wie fasziniert die Generalität von Hitler gewesen sei. "Aus dem Charisma erwächst sklavische Katzbuckelei." Die Wehrmacht ist nach Massons Ansichten einer "dreifachen Verdammnis" zum Opfer gefallen. Sie sei der Faszination eines Diktators verfallen, dessen kriminelle Veranlagung erst nach Kriegsbeginn zutage getreten sei; ihre oberste Führung habe den Notwendigkeiten eines neuen Konzepts der Kriegsführung weichen müssen und sei in eine subalterne, rein technische Rolle gedrängt worden.
Masson schreibt eine Sprache, die nicht streng wissenschaftlich ist, was sich in der deutschen Übersetzung des 1994 in Französisch erschienenen Buches angenehm bemerkbar macht. Das Beschwerliche, das wissenschaftlichen Kriegsdarstellungen durch allzu minutiöse Beschreibung jedes militärischen Winkelzuges, verbunden mit der Aufzählung von Waffengattungen, Truppenstärken oder Abschußzahlen, bisweilen anhaftet, fehlt. Nach Ansicht Kielmanseggs geraten operative Betrachtungen zwar manchmal "zu vereinfachend" und auch Zahlen erschienen gelegentlich ungenau, doch nirgends werde es so unrichtig, daß das Gesamtwerk Schaden nehme. ECKART LOHSE
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