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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.05.2021
Dem Husten im Walde
Heute vor hundertfünfzig Jahren wurde Christian Morgenstern geboren, und keine dreiundvierzig Jahre später war der Dichter schon wieder tot, gestorben an Tuberkulose, mit der ihn mutmaßlich die Mutter als Kind angesteckt hatte. Sein Leben stand deshalb nicht nur im Zeichen der Literatur, sondern auch der Krankheit, die ihn in immer neue Kurorte führte. An einem davon verbrachte er 1905/06 siebeneinhalb Monate: in Birkenwerder. Dort gab es ein auf Lungenerkrankungen spezialisiertes Sanatorium sowie einen Bahnanschluss ans nahe Berlin, wo Morgenstern als Lektor tätig war. Die Rahmenbedingungen waren gut, doch sein Zustand wurde nicht besser. Wohl deshalb auch vollzog Morgenstern dort den Schwenk von der
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erfolgreichen Sprachspiel-Dichtung der "Galgenlieder" (1905) zur wehmütigen Lyrik des Bandes "Melancholie" (1906). Dem Birkenwerder Aufenthalt hat Roland Lampe ein Buch gewidmet. Es ist schmal, aber reichhaltig in Inhalt und Bebilderung, und es stellt nicht nur den Dichter vor, sondern mehr noch den kleinen Kurort. Man möchte nach der Lektüre sofort dorthin, durch die Wälder und an der Briese entlangspazieren, die nahebei in die Havel mündet, "lebendige Wesen schreitend aufzuscheuchen", wie Morgenstern dichtete. Dass Roland Lampe den toten Dichter schreibend aufgescheucht hat, ist sehr zu begrüßen.
apl
"Der Wald verwandelt sich in Traum - Christian Morgenstern in Birkenwerder" von Roland Lampe. Findling Verlag, Werneuchen 2021. 96 Seiten, 29 Abbildungen. Broschiert, 10 Euro.