kämpft viele Kämpfe, und der Rezensent gibt nur wenig preis, wenn er verrät, daß er sie alle verliert. Der alte Apotheker kämpft um sein unglücklich verliebtes Mündel Matilde, ein Mädchen aus vornehmem Hause, das seinen guten Rat in den Wind schlägt und am Ende im Kloster zugrunde geht. Er kämpft um das Wohlwollen der Obrigkeit, die ihn ungeachtet seiner ehrerbietigen Bitt- und Flehbriefe nicht einmal kennt. Vor allem aber bekämpft er sein Leiden, die Melancholie.
Das Gegengift zur Melancholie ist der Titel des Buches, an dem Gioseffo schreibt. Indem er das Leiden erforscht, sucht er es bei sich selbst zu lindern. Meldini schöpft aus dieser Situation, die er mit offenen und versteckten Zitaten kunstvoll ausschmückt, Bilder von großer suggestiver Kraft. Mag der Topos des Heilens durch Schreiben auch konventionell sein, Meldini präsentiert ihn ebenso eindringlich wie überzeugend. Gioseffo schreibt an gegen die Kräfte, die ihn niederdrücken. Als er nicht länger ignorieren kann, daß niemand für sein Werk Interesse aufbringt, wirft er es mit der kalten Entschlossenheit des Verzweifelten ins Feuer.
Meldini wahrt die Würde seines Helden und beschönigt nichts. Nie unterläuft ihm eine Sentimentalität. Die Strenge der Erzähltechnik, die durchaus novellistische Qualitäten hat, bewahrt die Geschichte überdies vor fragwürdiger Aufdringlichkeit. Selbst die "unerhörte Begebenheit" fehlt nicht. Meldini verfügt über jene klare Stimme, nach der das Thema verlangt. Auf wohlfeile Erklärungen und Ausflüchte, gar therapeutische Fingerzeige verzichtet er ganz. Keine Metaphysik oder Weltformel kann dieses Unglück rechtfertigen, und doch erfüllt es sich mit unerbittlicher Konsequenz. Der einzig sichere Hafen, sagt Gioseffo einmal, ist der letzte.
Piero Meldini: "Das Gegengift zur Melancholie". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Barbara Schaden. Berlin Verlag, Berlin 1997. 188 S., geb., 36,- DM.
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