der Kontrollgruppe ohne Fernsehgerät das Interesse unverändert geblieben ist. Das Allensbacher Archiv verfügt über rund 6000 Split-ballot-Experimente. Aus diesem Fundus vermag Thomas Petersen zu schöpfen. Zum Beispiel kann mit gegabelten Befragungen ermittelt werden, wie flüssig oder gefestigt eine Meinung in der Bevölkerung ist. Im Zuge eines Fragebogen-Experimentes wurde vor die Frage nach dem favorisierten Kanzler eine Frageserie über die Risiken der Weltlage geschaltet. Die Festigkeit der Einstellung zugunsten Gerhard Schröders wurde auf diese indirekte Weise ermittelt. Ein ähnliches Experiment zeigte, daß nach problematisierenden Fragen zur Europäischen Währungsunion diese selbst schlechter beurteilt wurde als von einer Kontrollgruppe, der diese problematisierenden Fragen vorher nicht gestellt worden waren. Fügt man in eine Frageformulierung das Wort "umstritten" ein, reagiert das Publikum darauf sofort sensibel. "Umstritten" konnotiert also eine - politische - Wertung, die diejenigen trifft, die so tituliert werden. Selbst die Medien reagieren ähnlich, indem sie die Bewertung nach und nach übernehmen. Es spricht für ein Umfrageinstitut, daß es sich Mitarbeiter leistet wie Thomas Petersen, die nicht für den Tag, sondern für eine bessere Qualität in der Umfrageforschung einen Beitrag leisten wollen. Das Buch wendet sich insbesondere auch an diejenigen, die sich in Sachen Umfrageforschung eine eigene Meinung bilden und erfahren wollen, was eine qualitativ anspruchsvolle Forschung meistert. Dann kommt man nicht mehr zu Populärurteilen wie demjenigen, die Politik richte sich ja heutzutage ohnehin nur noch nach der Demoskopie. (Thomas Petersen: Das Feldexperiment in der Umfrageforschung. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2002. 283 Seiten, 39,90 Euro.)
TILMAN MAYER
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