Kriminalroman, in dem nichts dramatisiert, nichts beschönigt wird, sondern in dem das Böse auf unheimliche Weise ganz gewöhnlich ist.
Gespannt waren viele auf das Debüt des einstigen Ermittlers, der sein Buch am Donnerstagabend im Polizeipräsidium vorstellte. Frühere Kollegen waren gekommen, die regelmäßig schmunzelten, wenn Scheu Passagen las, in denen sie sich in irgendeiner Weise wiederfanden. Denn auch wenn es um Morde und deren Motive geht, so ist "Das blaue Licht" nicht zuletzt auch ein Roman darüber, wie schwierig sich bisweilen die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei gestalten kann. Udo Scheus Buch sei "originär und sehr authentisch", sagte eingangs der Leiter des Societäts-Verlags, Jürgen Kron, der ebenso wie F.A.Z.- und Societäts-Verlags-Geschäftsführer Roland Gerschermann ins Polizeipräsidium gekommen war. Einen "Insiderblick", wie den von Udo Scheu, bekommt man laut Kron normalerweise nicht zu lesen. "Man merkt, dass er weiß, worüber er schreibt." Scheu selbst spöttelte, er lese gern Krimis oder schaue sie sich im Fernsehen an. "90 Prozent der Handlung allerdings sind falsch. Völlig überzogen."
Und so wollte es der 62 Jahre alte Jurist mit seinem Roman, der von Montag an im Handel ist, besser machen. Es ist ein klassischer Krimi mit Toten und Verdächtigen - und einem Plot, der überzeugt. Allerdings klärt Scheu auch auf: Bei ihm dauern DNA-Abgleiche nicht wie im Film zwei Minuten, sondern auch schon einmal mehrere Tage. Und Obduktionen werden auch nicht von Pathologen durchgeführt - wie in Fernsehserien oft falsch dargestellt -, sondern von Gerichtsmedizinern, die sich dann auch gleich wie im wahren Leben stundenlang mit einer Leiche beschäftigen.
Leichen gibt es also in dem Buch genug. Zunächst wird ein Rentner auf der Terrasse seines Hauses in Praunheim tot aufgefunden, man hatte ihm in den Kopf geschossen. Wenig später wird ein Pärchen auf einer Parkbank in Bornheim entdeckt. Der Täter hat ihnen die Augen ausgestochen. Ein Massengentest bringt die Ermittler auf eine "heiße Spur". Ein ehrgeiziger Staatsanwalt nimmt sich der Fälle an, nicht zuletzt, weil er auf eine Beförderung hofft.
Im Gegensatz zu vielen anderen Frankfurt-Krimis steht in "Das blaue Licht" weniger die Stadt im Vordergrund als das Verbrechen selbst. Zwar entdeckt der Leser bekannte Wohnviertel - einige Zuhörer nickten bei der Lesung zustimmend, als Scheu beschrieb, wie eng die Häuser in jenem Bornheimer Straßenzug beieinanderstehen, in dem einer der Protagonisten wohnt. Das Augenmerk legt Scheu jedoch darauf, die Verbrechen zu verstehen. Passagenweise deckt er die Psyche des Täters auf, beleuchtet jeden Schritt in seiner Biographie, der ihn zum "Teufel" machte. "Am Ende steht die Frage der Schuld", sagt Scheu. "Und diese ist die interessanteste Frage überhaupt."
KATHARINA ISKANDAR
- Udo Scheu: Das blaue Licht. Societäts-Verlag, 14,80 Euro, ISBN 978-3-7973-1057-6
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