Karriere seither ständig umbaute.
Variationen, Wiederholungen, Zitate, Meta-Kommentare, alles, was das postmoderne Hollywood-Kino ausmacht, ließe sich an Bruce Willis hervorragend aufzeigen. Der vorliegende Band aber bleibt leider weit unter diesen Möglichkeiten. Ein schlüssiges Konzept wird nicht genannt, denn es gibt keines. Statt eines Vorworts hat man einen bereits veröffentlichten Artikel über einen Interviewtermin mit Bruce Willis nachgedruckt. Je weiter man dann liest, desto schmerzlicher vermißt man die ordnende Hand der Herausgeberin Annette Kilzer. Den umfänglichen ersten Teil hat sie sich selbst vorbehalten. In chronologischer Abfolge und in einem fortlaufenden Essay werden alle Film- und Fernsehauftritte von Bruce Willis vorgestellt. Der Begriff Essay tut dem Text freilich eine Ehre an, die er nicht verdient. Gelegentliche Anflüge von analytischem Ehrgeiz werden sofort wieder unter Klatsch und zusammenhanglos eingefügten Kleinstinformationen begraben. Unerträglich ist der kumpelhafte Ton, der wohl eine Art Mimikry ans derart gründlich unterschätzte Objekt demonstrieren soll.
Der zweite Teil verdoppelt den ersten in einem erneuten chronologischen Durchlauf: Nun werden die Filme in einzelnen Artikeln verschiedener Autoren abgehandelt. Auf formale Vorgaben wurde offenbar verzichtet, und so schreibt jeder, wie er mag und kann. Am besten kann, wie kaum anders zu erwarten, der allgegenwärtige Georg Seeßlen, dem die Analyse der "Stirb langsam"-Serie übertragen wurde. Brillant ist sein Essay zum ersten Teil geraten, in dem Willis' Spiel als Hysterisierung des Action-Genres beschrieben und der Held raffiniert gegen die Ideologie des Films interpretiert wird. Die Qualität der restlichen Texte schwankt, allzu selten wird der dünne rote Faden von Bruce Willis' schierer Mitwirkung zu einer anspruchsvolleren These gesponnen. Gerade im Vergleich mit Clint Eastwood oder Arnold Schwarzenegger hätte sich manches über die ideologischen Zusammenhänge von Ungebrochenheit oder Gefährdung des Helden im Zeitalter seiner Ironisierbarkeit herausfinden lassen. Interessante Ansätze dazu bietet Christoph Haas' Beitrag zu "Mercury Rising", in dem treffend auf die Verwandtschaft der Willis-Figur mit den B-Movies der vierziger und fünfziger Jahre hingewiesen wird. Darüber hätte man gerne mehr erfahren, aber jede Vertiefung fällt dem sinnlosen Vollständigkeitswahn des Buches zum Opfer. Noch zu den schlechtesten Willis-Filmen muß konstatiert werden, daß es dazu eigentlich nichts zu sagen gibt.
So kommt besonders Walter Hills "Last Man Standing" entschieden zu kurz, ein Film, der ungefähr das leistet, was man in diesem Band schmerzlich vermißt: Herausarbeitung der Essenz des mit Willis verbundenen Helden-Diskurses, Überblendung mit der Helden-Figur des frühen Clint Eastwood und dadurch zugleich die Kommentierung von Vorlage und Genre. Für die Meta-Ebene zwischen Apotheose und Parodie, auf der sich Hills Film bewegt, fehlen dem Beitrag von Eckhard Vollmar - symptomatisch für den ganzen Band - die Begriffe und Kriterien.
Begleitet werden die Texte von den klug ausgewählten Bildstrecken, die das Markenzeichen des Bertz-Verlages sind. Mitunter wird man aus ihnen schlauer als aus den Beiträgen, denen sie beigeordnet sind.
EKKEHARD KNÖRER
Annette Kilzer (Hrsg.): "Bruce Willis". Dieter Bertz Verlag, Berlin 2000. 304 S., mit vielen Abb., br., 29,80 DM.
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