Moose: bescheiden, sittsam und rein - und nicht wie die stolze Rose, die stets bewundert will sein", ist mittlerweile festzustellen: Man zeigt, was man hat. Die Veilchen-Tour hat ausgedient, und zwar endgültig. Selbstbewusst wird präsentiert, was üppig, prächtig und gelungen ist. Wer geackert, gesät, gepflanzt, gejätet hat, will dafür Lob ernten. Die Idee der "offenen Gartenpforte" erlaubt es jedermann, zu bestimmten Zeiten durch private Gärten zu spazieren und mit den Augen zu stehlen. Eine Aktion, die jedes Jahr mehr Anhänger findet. Vor zehn Jahren hätte es ein "Garten Reiseführer" wie der von Ronald Clark in Deutschland kaum auf die Auflage von 10 000 Exemplaren gebracht. Inzwischen werden darin mehr als 500 Privatgärten aufgeführt, die Neugierigen offenstehen.
Wettbewerbsorientiert, wie wir nun mal sind, hat prompt ein regelrechter Schönheitswettbewerb eingesetzt. Wer zeigt den raffiniertesten Knotengarten? Wer ist die Expertin für ausgefallene Kräuter wie Ananas-Basilikum oder Honigmelonensalbei? Wer kann auf durchblühende "mixed borders" in seinem Garten deuten? Wer schafft noch auf 600 Meter Höhe, empfindliche alte Rosen zu Blütenkaskaden zu treiben? 23 ganz besonders leidenschaftliche Gärtnerinnen ließen sich denn auch nicht lange bitten und führen bereitwillig ihre hortikulturellen Erfolge in Hochglanz vor: Die österreichische Autorin Barbara Frischmuth setzt vor dem Bergmassiv des Loser Farbakzente in Form von Rittersporn und Storchschnabel. Die Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek hat am Bodensee in einer Wildnis einen Terrassengarten angelegt, voller Bauernhortensien, Rhododendronhügeln und Kirschlorbeerpflanzungen. Ihre Kollegin Ellen Schwiers, weniger esoterisch orientiert, zeigt ihren Bauerngarten mit Rittersporn, Stockrosen, Phlox und Gladiolen. Tiere sollen es gut haben bei ihr - aber nur die netten: "Um der Igel willen streue ich nie giftiges Schneckenkorn, sondern töte die Schnecken mit der Schere", berichtet sie fürsorglich und unbarmherzig in einem Atemzug. Die Spitzenköchin Johanna Maier kann sich die Arbeit ohne ihren wohlgeordneten Kräutergarten gar nicht mehr vorstellen. Zitronenthymian, Kerbel, Beifuß, Koriander und etliche Sorten der Minze liefern ihr Rezeptideen. Aglaja von Rumohr, die die weltberühmte Staudengärtnerei ihrer Mutter Gräfin Zeppelin übernommen hat, achtet bei ihren Pflanzungen darauf, dass sich etliches davon für die Vase eignet, wie zum Beispiel eben der besagte Frauenmantel (Alchemilla mollis), der Sträuße so perfekt auffüllt. Auch die Gartenarchitektin Anja Maubach hat geerbt, nämlich den Betrieb des Wuppertaler Staudengärtners Georg Arends - aber sie setzt entschlossen eigene Akzente und kombiniert Buchs- und Eibenkugeln mit Spornblumen. Und die Autorin Charlotte Link findet, in ihrem Garten könne sie sich in Schreibpausen am besten "erden". Patricia Riekel, die "Bunte"-Chefredakteurin, ist ehrlich genug zuzugeben, dass sie im Grunde fürs Gärtnern zu ungeduldig ist. Immerhin leuchten aus ihrem Münchner Villengarten schon eine ordentliche Menge von Funkien und Garten-Hortensien in allen Blau- und Lila-Abstufungen.
Die Journalistin Eva Kohlrusch hat alle diese Gartennärrinnen besucht, ihre Werke bestaunt und ihre Erfahrungen aufgeschrieben. Und der Fotograf Gary Rogers hat keine Mühe gescheut, diese Orte in ihrem besten Blühzustand festzuhalten. ("Besondere Frauen und ihre Gärten", Callwey Verlag, München, 39,95 Euro.) Und am Ende erfahren Leser gar, wann die Gärten zu besichtigen sind.
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