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  • Buch mit Leinen-Einband

Produktdetails
  • Verlag: Elfenbein
  • Seitenzahl: 118
  • Erscheinungstermin: Oktober 2006
  • Deutsch, Englisch
  • Abmessung: 14mm x 163mm x 239mm
  • Gewicht: 352g
  • ISBN-13: 9783932245794
  • ISBN-10: 3932245792
  • Artikelnr.: 20857837
Autorenporträt
Louis Dudek (1918-2001), Dichter, Hochschullehrer, Essayist und Literaturkritiker, gilt als wegweisender Begründer der Moderne in Kanada. In der zweiten Generation polnischer Einwanderer im frankophonen Teil Montreals geboren, wurde er zweisprachig erzogen: Polnisch und Englisch. Daneben erlernte er Französisch die offizielle Sprache Quebecs, sowie Latein, Altgriechisch, Russisch, Spanisch, Italienisch und Deutsch. Er übersetzte Heinrich Heine und Adalbert Stifter, promovierte in Englischer Literatur und Komparatistik an der New Yorker Columbia University und lehrte von 1951 bis 1982 an der McGill University in Montreal Europäische Literatur und Literaturgeschichte. Nach seiner Emeritierung erschienen: »Zembla's Rocks« (1986), »Infinite Worlds« (1988), »Europe« (1954/1991), »The Caged Tiger« (1997), »The Poetry of Louis Dudek - Definitive Edition« (1998) und »The Surface of Time« (2000), die zu seinem Hauptwerk zählen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.05.2007

Der Mensch ist allenfalls aushaltbar
Im „Zickzack der Silben”: Der kanadische Dichter Louis Dudek
Die großen Gesten waren Louis Dudek fremd. Auf einer Fotografie aus seinen späten Jahren sieht man den Dichter vor einem Ladenfenster. Der offene Mantel und die schräg sitzende Kappe versprechen eine gewisse Lockerheit. Doch es ist kein freundlicher Blick, der die Kamera trifft. Skeptisch, fast genervt schaut Dudek in Richtung Betrachter, als sei das Fotografiertwerden eine Last, die es zu erdulden gelte. Und es mag nur allzu sehr einleuchten, was er einmal über seine dichtenden Kollegen geschrieben hat: „Seit 1800 / sagt dir jeder Blödmann / wie großartig er ist / und langweilt dich mit seinem Getöse zu Tode. // Zuvor war Gott großartiger, / und der Mensch aushaltbar / zumindest für einige Zeit.”
Wer sich aufplustert, der hat schon verloren. Der kanadische Dichter Louis Dudek hatte eine Vorliebe für die flüchtigen Erscheinungen der Welt. Ein Blatt, ein Spazierstock, eine gerunzelte Stirn: Aus dem unscheinbarsten Ding lässt sich etwas machen, solange es nur nicht langweilig ist. Das gilt für die Literatur wie für das Leben. Louis Dudek wurde 1918 als Sohn polnischer Einwanderer in Montreal geboren. Darf man den Selbstaussagen trauen, so scheint es der Tod der Mutter gewesen zu sein, der ihn schon früh zum Schreiben brachte. Vor dem Studium in New York arbeitete er kurze Zeit als Werbetexter, später fand er seine Erfüllung als Professor für europäische Literatur. Doch die eigenen Verse blieben immer der Fluchtpunkt. Sein Debüt erschien 1946. „East of the City” – dieser schmale Band zeigte den 1918 geborenen Autor gleich als jenen Formkünstler, der er all die Jahre über bleiben sollte. Gut zwei Dutzend Gedichtbände folgten dem ersten Buch nach.
Vielleicht in Gegenbewegung zu den eingängigen Floskeln der Werbung nähert sich Dudek dem Gedicht über das gelungene Bild. Schon hier zeigt sich sein Faible für die abendländische Kultur. Nach einer Reise durch Europa schreibt er einen großen Zyklus über den alten Kontinent und Gedichte für Vorbilder wie Ezra Pound, mit dem er zahlreiche Briefe wechselt. Pound bestimmte das „image” als etwas, das „einen intellektuellen und emotionalen Komplex innerhalb eines Augenblicks darstellt”. Geist und Empfindung schießen zu einer Ganzheit zusammen, die ein Moment der Erkenntnis enthält. Oder anders gesagt: Das gelungene image ruft ein „Gefühl jähen Wachsens” hervor, die Empfindung, aus dem Korsett von Raum und Zeit befreit zu sein. Es ist eine solche Geste der Enthüllung, die Dudek in seinen Versen bis an die Grenze zur Ironie umspielt, eine kleine Epiphanie, die sich sogar am Glanz eines Negligés entzünden kann.
Trauben wie Pflaumen
Doch je weiter Dudeks Schreiben voranschreitet, desto stärker hinterfragt er diese Idee von der Poesie. Die konkreten Bilder allein genügen ihm nicht mehr. Nun arbeitet er daran, dem Gedicht einen Gedanken einzusenken, einen „höheren Sinn”, der möglichst kunstvoll ausformuliert wird. So gewinnen die Verse nach und nach an Tiefe. Zugleich aber beherzigen sie einen anderen Grundsatz Ezra Pounds immer weniger: „Sei nicht ,weltanschaulich‘; überlass das den Verfassern der netten kleinen philosophischen Essays!” Dudeks späte Gedichte, die Meditationen über die Liebe zumal, haben einen Hang zum Lehrhaft-Moralisierenden, der nicht immer leicht zu verdauen ist. Da sehnt man sich als Leser manchmal nach jener Beschwörung des Unsagbaren, wie sie in einer Hommage an William Carlos Williams versteckt ist. Williams’ berühmte Pflaumen werden hier zu Trauben, die auf dem Tisch glitzern: „Wie schwarze Worte eines Gedichts, rebendicht aneinander, / jede scheint im eigenen Licht – // der Sinn an sich verborgen, inwendig irgendwo.”
Louis Dudek gehört in Kanada schon lange zu den wichtigen Autoren. Seine Verse und seine Kenntnis der Tradition werden ebenso gerne erwähnt wie die Lust, sich für jüngere Kollegen einzusetzen. Es ist dem kleinen Elfenbein Verlag hoch anzurechnen, diesen 2001 verstorbenen Dichter nun auch hier vorzustellen. Der Auswahlband ist zweisprachig. Er enthält einen Querschnitt durch Dudeks große Zyklen, von den Europa-Gedichten über „Atlantis” bis zur späten Sammlung „The Caged Tiger”. So zeigt er auch, wie sehr Dudek fern jeder Künstelei schrieb. Stets blieb er auf Tuchfühlung mit der Sprache der Straße. Christian Filips und Joachim Sartorius haben das in ihren Übersetzungen manchmal ein wenig aus dem Auge bzw. aus dem Ohr verloren. Nachstellungen und Partizipien verleihen Dudeks klarer Sprache an einigen Stellen einen etwas preziösen Ton. Dafür versteht es die Übersetzung sehr genau, die rhythmischen Schlenker der Verse ins Deutsche zu holen.
Ein „Zickzack der Silben” hat Dudek sein Schreiben einmal genannt. Es war die dauernde Suche nach Form, nach dem Beständigen in all den wechselnden Erscheinungen. Am Ende konnte er wunderbar leicht über den Tod reden: „Es wird ein wohliges Gefühl sein, / zu sehen, wie ich mich / eines sonnigen Morgens von der Welt / verabschiede, // mein Spazierstock am Haken, / die Arthritis / zurückgelassen, / den Husten, den wackligen Schritt”. NICO BLEUTGE
LOUIS DUDEK: Für Dich, Dir. Ausgewählte Gedichte. Zweisprachige Ausgabe. Übersetzt von Christian Filips und Joachim Sartorius. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Bernhard Beutler. Elfenbein Verlag, Berlin 2006. 120 Seiten, 18 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nico Bleutge preist den Elfenbein-Verlag, dass er mit seiner zweisprachigen Gedichtsammlung des 2001 gestorbenen Louis Dudek auch hierzulande endlich diesen bedeutenden kanadischen Dichter einer größeren Leserschaft zugänglich macht. Der Rezensent zeichnet die poetische Entwicklung des Lyrikers nach, die sich von einer anfänglichen Konzentration auf konkrete Bilder hin zu tieferen Sinnzusammenhängen entwickelt habe. Die späten Gedichte entfalten dann sogar manchmal einen allzu schweren, moralisierenden Unterton, kritisiert der Rezensent vorsichtig. Ihm gefällt aber vor allem, dass Dudek, selbst dort, wo er seinen Texten mehr Tiefe verleiht, einer "Sprache der Straße" verpflichtet bleibt. Die kommt allerdings in den Übersetzungen von Christian Filips und Joachim Sartorius mitunter durch syntaktisch allzu "preziöse" Konstruktionen zu kurz, bedauert Bleutge.

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