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Der Tübinger Orientalist Enno Littmann hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts die vollständige Sammlung von Tausendundeiner Nacht erstmals aus dem Arabischen ins Deutsche übertragen. Die Ausgabe erschien in den zwanziger Jahren im Insel Verlag und wurde von Littmann bis zu seinem Tod im Jahr 1958 immer wieder revidiert. Bis heute sind zahlreiche Auflagen erschienen, von Fachleuten und Lesern hoch gelobt. Erst mit dieser Edition wird der ganze literarische Reichtum der Erzählungen aus den Tausendundein Nächten (Alf laila wa-laila) wirklich sichtbar, die Fülle der Liebes-, Schelmen- und…mehr

Produktbeschreibung
Der Tübinger Orientalist Enno Littmann hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts die vollständige Sammlung von Tausendundeiner Nacht erstmals aus dem Arabischen ins Deutsche übertragen. Die Ausgabe erschien in den zwanziger Jahren im Insel Verlag und wurde von Littmann bis zu seinem Tod im Jahr 1958 immer wieder revidiert. Bis heute sind zahlreiche Auflagen erschienen, von Fachleuten und Lesern hoch gelobt. Erst mit dieser Edition wird der ganze literarische Reichtum der Erzählungen aus den Tausendundein Nächten (Alf laila wa-laila) wirklich sichtbar, die Fülle der Liebes-, Schelmen- und Seefahrergeschichten, der Sagen und Legenden, Fabeln, Parabeln und Anekdoten, die Schehrezâd dem König Schehrijâr erzählt. Hier finden sich die berühmten Erzählungen von Aladdin und der Wunderlampe, von Ali Baba und den vierzig Räubern, von Sindbad, dem Seefahrer. Die Littmann-Ausgabe zeigt nicht nur das gewaltige literarische Spektrum der Sammlung, sondern auch deren geographische Weite, die abenteuerliche Wanderung der Erzählstoffe von Indien über Persien durch den gesamten arabisch-islamischen Kulturbereich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2004

Tausendundzweite Nacht
Erzählungen aus der arabischen Welt / Von Hubert Spiegel

Gibt es eine vergleichbare Anthologie arabischer Prosa in der arabischen Welt? Vermutlich nicht. Denn einige der Erzählungen, die Miriam Kronstädter und Hans-Joachim Simm jetzt in dem überaus lesenswerten Band "Wortmagier des Orients" herausgegeben haben, dürften den Ärger der Fundamentalisten erregen. Vor allem die Erzählungen weiblicher Autoren sprechen so offen von Unfreiheit und Unterdrückung, häuslicher und gesellschaftlicher Gewalt, von Verzweiflung und Ausweglosigkeit, daß es den Leser bewegen und den Zensor alarmieren muß. Eine Anthologie, die arabische Texte aus Ägypten, Algerien, Andalusien, Irak, Jordanien, Kuweit, Libanon, Libyen, Marokko, Palästina, Saudi-Arabien, Sudan, Syrien und Tunesien versammelt, eine Anthologie, die Autoren und Autorinnen aus einem mehr als tausend Jahre umspannenden Zeitraum zu Wort kommen läßt, wäre in der gesamten arabischen Welt wünschenswert. Aber denkbar ist sie heute wohl nicht.

Dabei ist die sich verschärfende Zensur keineswegs das Problem allein der jüngsten Zeit. Es ist fast zwei Jahrzehnte her, daß in Ägypten zum ersten Mal seit 1835 eine Wiederauflage der ungekürzten, nicht um freizügige Stellen bereinigten Ausgabe der "Erzählungen aus den Tausendundein Nächten" erscheinen sollte. "Alf Lailah wa Laila", wie die Geschichtensammlung im Original heißt, wurde damals zum Gegenstand einer vielbeachteten Gerichtsverhandlung. Drei Buchhändler wurden verurteilt, denn die Richter waren zu der Überzeugung gelangt, daß Hugo von Hofmannsthal recht hatte, als er von seinem Lektüreerlebnis schwärmte: "Es ist kein Sinn in uns, der sich nicht regen müßte." Mit anderen, weniger schönen Worten: Das Buch wurde als jugendgefährdend indiziert, für den Anstieg der Sexualverbrechen verantwortlich gemacht und als Verstoß gegen die islamische Moral verboten. Erst ein Jahr später, 1986, hoben Richter in Kairo das Urteil auf, das uns absurd scheint, aber in der arabischen Welt viel Zustimmung gefunden hatte.

Denn "Alf Lailah wa Laila" genießt nicht überall dasselbe hohe Ansehen, das der Westen diesen Texten entgegenbringt, seit Antoine Galland, der "Antiquar des Königs", zwischen 1704 und 1717 eine Ausgabe herausbrachte, die auf eine dreibändige arabische Handschrift zurückgeht. Gallands vermeintlicher "Urtext" stammt aus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, und heute weiß man längst, daß arabische Autoren schon im zehnten Jahrhundert von einer Textsammlung berichtet haben, die den Kern aller späteren Fassungen der Geschichten aus Tausendundeiner Nacht gebildet haben muß. Claudia Otts Neuübersetzung aus dem Frühjahr (F.A.Z. vom 20. März) liegt das von Galland benutzte Manuskript zugrunde. Es umfaßt jedoch nur einen Bruchteil der Texte, die dieser aus verschiedenen Quellen zusammengetragen hatte. So gehörten die Geschichten von Sindbad und Aladin ursprünglich nicht zum Textcorpus, aber mittlerweile sind sie aus dem Kanon der Geschichten aus Tausendundeiner Nacht nicht wegzudenken.

Wer hier (die rasch an ihre Grenzen stoßende) philologische Genauigkeit gegen die Überlieferungsgeschichte ausspielen will, erweist dem Vergnügen des Lesers einen Bärendienst. Deshalb ist nach wie vor die Übertragung Enno Littmanns, die seit vielen Jahrzehnten im Insel Verlag erscheint, die erste Wahl für Leser, und niemand sollte sich den Bären aufbinden lassen, sie sei durch Otts lesenswerte Modernisierung obsolet. Gleichviel, für welche der drei vorliegenden Ausgaben des Insel Verlags man sich entscheidet, Littmanns Edition ist die umfassendste auf deutsch, und sie ist ein Schmuckstück, als Taschenbuch oder leinengebunden. Vorsicht ist allerdings bei der Vorzugsausgabe angebracht: Wer in den Genuß der in nachtblaues Leder gebundenen Bände gekommen ist, wird sich fortan alle Bücher, aus denen er sich etwas macht, in solcher Schönheit wünschen.

Ein Muster schöner Buchgestaltung ist auch der Band "Wortmagier des Orients", der auf siebenhundert Seiten zeigt, wie weit der Weg ist von Schehrezâd zu beispielsweise Alifa Rifaat (1930 bis 1998), die gegen ihren Willen verheiratet wurde und darüber eine Erzählung schrieb. In der Folge wurde die Autorin gezwungen, auf den Koran zu schwören, daß sie nie wieder schreiben würde. Ihre Erzählung "Wenn der Nil über die Ufer tritt" berichtet vom ländlichen Ritual der Beschneidung, das alljährlich zur Zeit des Nilhochwassers durchgeführt wurde und seine Opfer ihr Leben lang verfolgt.

Während Samiar Azzam (1928 bis 1967) das Schicksal der heimatlosen Palästinenser thematisiert, beschreibt Fadhma Aith Mansour Amrouche (1882 bis 1967) das Dorfleben in der Kabylei um 1900. Ihre Erzählerin wird zur Ausgestoßenen, weil sie als eine der ersten die Schule der französischen Kolonialherren besuchte. Die verstümmelte, brutal unterdrückte weibliche Sexualität ist das Thema von Laila al Osman (geboren 1945 in Kuweit): Ihre Erzählerin wurde mit vierzehn Jahren an einen Greis verheiratet, den sie nach dreijähriger Leidenszeit tötet. Der lakonische Bericht trägt den Titel: "Aus der Akte einer Frau". Hier beginnt die tausendundzweite Nacht. Sie dauert noch immer an.

"Wortmagier des Orients". Arabische Erzählungen. Hrsg. von Hans-Joachim Simm und Miriam Kronstädter. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004. 701 S., geb., 24,90 [Euro].

"Die Erzählungen aus den Tausendundein Nächten". Vollständige deutsche Ausgabe. Zum ersten Mal nach dem arabischen Urtext der Calcuttaer Ausgabe von 1839 übertragen von Enno Littmann. Sechs Bände in Kassette. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2004. Etwa 4920 S., geb., 128,- [Euro]. Die Taschenbuchausgabe kostet 49,90 [Euro], die ledergebundene Vorzugsausgabe 348,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hubert Spiegel bricht eine Lanze für diese Übertragung der "Erzählungen aus den Tausendundein Nächten" (!), die Enno Littmann besorgt hat. Denn die kürzlich viel gelobte und auch von Spiegel als "lesenswert" erachtete jüngste Übersetzung von Claudia Ott enhält - philologisch durchaus berechtigt - so berühmte Erzählungen wie "Sindbad" und "Aladin" nicht, da diese nicht zum ursprünglichen Textkorpus gehörten. Zweifelsohne sind diese Texte aber nicht aus dem Kanon der arabischen Literatur wegzudenken, weshalb nach Meinung des Rezensenten die vorliegende Littmann-Fassung des Lesers erste Wahl darstellen sollte. Denn diese ist die "umfassendste auf deutsch, und sie ist ein Schmuckstück, als Taschenbuch oder Leinengebunden". 

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