Marktplatzangebote
6 Angebote ab € 6,00 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Der Siegeszug der Freilichtmalerei führte um 1875 zur künstlerischen Entdeckung der Insel Sylt, die für Künstler und großstadtmüde Erholungssuchende zu einem Inbegriff einer unberührten Natur wurde. Der erste Impuls ging von den schleswig-holsteinischen Künstlern Hans-Peter Feddersen und Hinrich Wrage und den Akademieprofessoren Eugen Dücker und Eugen Bracht aus, die aus Düsseldorf und Berlin ganze Schülergenerationen zu einem Besuch der Insel anregten. Wachsende Abneigung gegen das Leben in den Großstädten veranlaßten die Expressionisten Emil Nolde, Otto Mueller und Erich Heckel, auf Sylt zu…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Der Siegeszug der Freilichtmalerei führte um 1875 zur künstlerischen Entdeckung der Insel Sylt, die für Künstler und großstadtmüde Erholungssuchende zu einem Inbegriff einer unberührten Natur wurde. Der erste Impuls ging von den schleswig-holsteinischen Künstlern Hans-Peter Feddersen und Hinrich Wrage und den Akademieprofessoren Eugen Dücker und Eugen Bracht aus, die aus Düsseldorf und Berlin ganze Schülergenerationen zu einem Besuch der Insel anregten. Wachsende Abneigung gegen das Leben in den Großstädten veranlaßten die Expressionisten Emil Nolde, Otto Mueller und Erich Heckel, auf Sylt zu malen. Nach dem Ersten Weltkrieg zogen sich zahlreiche Künstler, darunter der Maler Albert Aereboe und der Bildhauer Ewald Matare in die Einsamkeit des Listlandes zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten ihnen Maler wie Ernst Wilhelm Nay oder Emil Schumacher. Bis heute ist der Strom der auf der Insel tätigen Künstler ungebrochen.
In dieser gründlich überarbeiteten Neuauflage des Titels"Sylt in der Malerei"wurden der Textund die Anzahl der Farbabbildungen nahezu verdoppelt. Statt 60 werden jetzt rund 100 Künstler in ausführlichen Kapiteln einzeln vorgestellt. In einem großen Essay wird auf die Anziehungskraft des"Freideutschen Jugendlagers"in Klappholttal und des"Künstlerdorfes"Kampen eingegangen, sowie auf die Rolle, die Schriftsteller wie Ferdinand Avenarius und Gerhart Hauptmann, Publizisten wie Siegfried Jacobsohn als Gastgeber für ihre zahlreichen Künstlerfreunde spielten. Weitere Kapitel sind den Künstlerinnen Tina Blau-Lang, Anita Ree, Hanna Höch und Helene Varges gewidmet. Schließlich werden Maler vorgestellt, die von der Insel stammen wie Andreas Dirks oder Diedrich Diedrichsen, und solche, denen die Insel eine zweite Heimat wurde wie Franz Korwan, Magnus Weidemann ...
Autorenporträt
Prof. Dr. Ulrich Schulte-Wülwer, Direktor des Museumsbergs in Flensburg, betreut eine der großen Sammlungen norddeutscher Malerei. Der Herausgeber gilt als profunder Kenner der Kunst des 19. bis 20. Jahrhunderts. Seit 2002 wirkt er zusätzlich als Honorar-Professor am Kunsthistorischen Institut der Universität Kiel. Weitere vielbeachtete Titel von Dr. Ulrich Schulte-Wülwer im Boyens Buchverlag: "Föhr, Amrum und die Halligen in der Kunst" (3-8042-1118-6), "Künstlerkolonie Ekensund" (3-8042-0867-3), "Sylt in der Malerei" (3-8042-0789-8, vergriffen), "Schleswig-Holstein in der Malerei" (3-8042-0247-0)
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.03.2006

Bücherecke
Die Welt als Düne
Ulrich Schulte-Wülwer beschreibt in seinem Buch „Künstlerinsel Sylt” ein Faszinosum
Wann immer Maler mit Pinsel und Palette aus grauer Städte Mauern fliehen, muss die Natur eindringlich, die Einsamkeit tief und die Zivilisation nicht zu fern sein. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trat die damals dänische Insel Sylt einigen deutschen Malern vor Augen - schließlich legte dort 1856 erstmals das Dampfschiff Hammer an und machte die Stadtflucht leichter.
Der romantisch gesinnte Maler und Schriftsteller Wilhelm von Kügelgen erkannte als einer der ersten das „wüste Sylt”. Der nächste prominente Besucher war Ludwig Richter. Er fand, die Insel habe einen „sehr eigenen Charakter”, sie sei „einsam, melancholisch”. Nach ihm kamen unzählige andere Maler und sammelten sich in den Künstlerdörfern Keitum und Kampen; die im Freilicht Schaffenden flohen vor allem Berlin oder Düsseldorf und saßen einträchtig in der „Friesenhalle” in Keitum beieinander.
Was malten sie? Dünen. Was vermissten sie? Bäume. Mit Heinrich Vogeler, Franz von Stuck, Lovis Corinth, Max Beckmann und Käthe Kollwitz landeten bald Menschen auf Sylt, die sich durch sehr unterschiedliche Seh- und Mal-Weisen einen Namen gemacht hatten. Sie alle malten Dünen. Auch schon mal Wasser, selten Häuser, ganz selten Menschen. Die Verwandlungskraft der Sylter Natur war stark.
Den Pionieren folgten viele Maler der „Berliner Sezession”, der „Brücke”, der Dada-Bewegung und noch mehr: malende Damen und Herren der zweiten und der dritten Reihe. Wer nicht zu Rande kam mit den Dünen und Kliffs und den ewig sich bewegenden Wassermassen, der erfand wenigstens die „Friesenkekse” - wie der Kunstmaler Ernst Wiedermann. Fast alle großen deutschen Malerinnen und Maler, einige Bildhauer, wenige Fotografen besuchten kürzer oder länger die Insel - und alle zeigten sie sich überwältigt von der Stille, von der Gewalt der Natur, auch ein bisschen von der Herbheit der Eingeborenen. Die wenigsten hielten Sylt auf Dauer aus und blieben, trotz der gastfreundlichen Häuser von Ferdinand Avenarius, von Siegfried Jakobsohn, von Peter Suhrkamp, trotz der nach dem zweiten Weltkrieg ersten interzonalen Kunstausstellungen 1946 und 1947 in der „Sturmhaube”.
Ulrich Schulte-Wülwer schildert jeden einzelnen Besucher und das Kontinuum der entstehenden Arbeiten sorgfältig, hält sich aber bei Wertungen zurück. Dem eher sylt-fernen Betrachter fällt auf, dass Dünen, mögen sie auch „mit Dünensand” gemalt sein, schnell ziemlich langweilig aussehen, die Natur von Sylt, scheint es, verschließt sich dem Betrachter eher, als dass sie sich öffnet, mögen die Kühe auch noch so „prachtvoll koloristisch” (Fritz Overbeck) sein. Bilder, die überzeitlich „groß”, „bedeutend” blieben, malten auf Sylt weder Kandinsky noch Schmidt-Rottluff, weder Erich Heckel noch Emil Nolde - der fleißige Nolde bezeichnete seine sechs Meerbilder einfach mit den Buchstaben „A” bis „F”. Das Erlebnis Sylt bewegte zur Einfachheit, zur Schlichtheit - Ludwig Meidner schwor in Kampen seinem expressionistischen Weltgefühl ab, Raoul Hausmann kehrte in Wenningstedt Dada den Rücken. Bleibt Ernst Wilhelm Nays „Landschaft auf Sylt” zu Recht das stärkste Bild des Bandes? Der Star der westdeutschen Nachkriegsmalerei wollte auf der Insel „mythische Gebundenheit” und „Dynamik” zeigen, bevor er dem Malen von Scheiben verfiel.
Im Katalog und in der Werkauswahl fehlen nicht die Verweise auf das Leben und Lieben der „Freideutschen Jugend” im Klappholttal, nach dem Ersten Weltkrieg. Sylter Originale wie Alfred Paulmann tauchen auf: Der malende Matrose schritt 1927, bei der Einweihung des Hindenburg-Damms, einem selbstentworfenen Wikingerschiff als „Wikinger” voran. Ulrich Schulte-Wülwer, der Museumsdirektor in Flensburg, war auf Vollständigkeit, aber auch auf Freundlichkeit bedacht.
KONRAD FRANKE
ULRICH SCHULTE-WÜLWER: Künstlerinsel Sylt. Boyens Buchverlag, Heide 2005, 336 Seiten mit 254 Abbildungen, 34 Euro.
Die Rauheit der See und das Spektrum der Farben zogen im 19. Jahrhundert Künstler wie Jean Paul Kayser nach Sylt, dessen Gemälde „Die Frau des Künstlers in den Dünen” hier entstand. Foto: Boyens
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr