Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 4,90 €
  • Gebundenes Buch

Mai 2009: Ein Aktenfund änderte mit einem Schlag den Blick auf die deutsche Zeitgeschichte. Karl-Heinz Kurras, der West-Berliner Polizist, der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschossen und damit die 68er-Bewegung mit ausgelöst hatte, entpuppte sich als Spitzel der DDR-Staatssicherheit. Hatte die Stasi den Auftrag gegeben, Ohnesorg zu töten? Damals wurde Karl-Heinz Kurras freigesprochen, heute ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Mordes. Wer war der Mann, der Benno Ohnesorg erschoss? Was bewegte ihn, sich in den Dienst der Stasi zu stellen? Und wie stark war die West-Berliner Polizei schon…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Mai 2009: Ein Aktenfund änderte mit einem Schlag den Blick auf die deutsche Zeitgeschichte. Karl-Heinz Kurras, der West-Berliner Polizist, der 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschossen und damit die 68er-Bewegung mit ausgelöst hatte, entpuppte sich als Spitzel der DDR-Staatssicherheit. Hatte die Stasi den Auftrag gegeben, Ohnesorg zu töten? Damals wurde Karl-Heinz Kurras freigesprochen, heute ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Mordes.
Wer war der Mann, der Benno Ohnesorg erschoss? Was bewegte ihn, sich in den Dienst der Stasi zu stellen? Und wie stark war die West-Berliner Polizei schon seit den fünfziger Jahren von der Stasi unterwandert?
FOCUS-Redakteur Armin Fuhrer zeichnet in diesem Buch erstmals die gesamte Stasi-Tätigkeit von Karl-Heinz Kurras nach. Auf der Grundlage der derzeit nicht mehr zugänglichen Akten enthüllt er zahlreiche neue Details, ordnet die bereits bekannten Fakten in die großen Zusammenhänge ein und korrigiert Falschmeldungen aus den Medien.
Autorenporträt
Armin Fuhrer, geboren 1963 in Düsseldorf, besuchte nach dem Studium der Geschichte und Politikwissenschaft die Axel-Springer-Journalistenschule und war von 1994 bis 2000 Redakteur bei der Tageszeitung "Die Welt". Seitdem ist er als Hauptstadt-Korrespondent für das Magazin FOCUS in Berlin tätig. Bisher von ihm erschienen sind u. a. die Bücher: "Die Todesfahrt der Wilhelm Gustloff" sowie "Von Diktatur keine Spur? Mythen und Fakten über die DDR".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.2010

Nur die Spitze des Mielkebergs?
Kurras und die Unterwanderung des Westens durch die Staatssicherheit

Kaum einem Ereignis wurde eine so einschneidende Wirkung für die altbundesrepublikanische Geschichte zugeschrieben wie dem Tod Benno Ohnesorgs, der bei Protesten gegen den iranischen Schah am 2. Juni 1967 durch den West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras erschossen wurde. Und kaum eine Erkenntnis hat das deutsche Geschichtsbild derart auf den Kopf gestellt wie die Tatsache, dass Kurras SED-Mitglied war, für die Stasi arbeitete, sich ideologisch dem kommunistischen DDR-Regime verbunden fühlte und nicht dem westdeutschen "Schweinestaat". Einen Stoff mit solch unerwarteter Volte hätte ein arrivierter Spionage-Thriller-Autor nicht besser ersinnen können. Für die politische Realität bedeutet "der Fall Kurras" den Abriss eines jahrzehntelang bestehenden - teilweise auch gepflegten - Gebäudes von Gewissheiten. Die ersten Bücher, die sich mit dieser neuen Dimension auseinandersetzen, stammen von den Journalisten Armin Fuhrer und Sven Felix Kellerhoff. Nach der sachlich-kargen Darstellung des Aktenfunds durch die Mitarbeiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, Helmut Müller-Enbergs und Cornelia Japs, in der Zeitschrift "Deutschland-Archiv" im Mai 2009 erwartet der Leser weitere Aufhellung.

In Armin Fuhrers Buch "Wer schoss auf Benno Ohnesorg?" liegt der Schwerpunkt eindeutig auf dem "Wer" und auf dem "Wie". Der Autor präsentiert eine detailreiche und chronologische Darstellung, die zweierlei leistet: Zum einen zeichnet er ein Psychogramm der Person Karl-Heinz Kurras und fügt - soweit das geht - dessen Beweggründe, Charakter und Handlungsweise zu einem Bild zusammen, das vieles erklärt, ohne Verständnis erzeugen zu wollen. Zum anderen wird ebenso minutiös seziert, wie sich von dem Moment an, da Kurras sich beim MfS andiente, die Spionagetätigkeit entwickelte. Fuhrers Buch ist dicht und spannend geschrieben. Das Besondere ist die Perspektive: Er erklärt von innen heraus. Was waren die Methoden der DDR-Spionage, wie manipulierte man die IMs, wie warb man Westdeutsche an, wie stark war die Polizei in West-Berlin infiltriert? So werden Einblicke ermöglicht hinter die Fassade des Karl-Heinz Kurras und in die konkreten Abläufe des DDR-Apparates, der weit über die "normale" Dimension von Spionage hinausging.

Dort, wo Fuhrers Buch aufhört, nämlich mit dem Schuss auf Benno Ohnesorg, setzt Sven Felix Kellerhoff ein. Sein Buch umfasst drei Teile. Der erste erzählt sehr ausführlich das Ereignis am 2. Juni 1967. Hier kommen teilweise neue Zusammenhänge zutage, vor allem auch durch die Akten von Christa Ohnesorgs Anwalt Horst Mahler, die der Autor einsah. Der zweite Teil widmet sich der Person Kurras mit einem ähnlichen Ziel wie Fuhrer, Persönlichkeit und Spionagetätigkeit näher zu bestimmen. Dies gelingt ihm jedoch längst nicht so eindringlich wie Fuhrer. Gravierende Unterschiede in der Beurteilung Kurras' lassen sich nicht erkennen, aber Kellerhoffs Perspektive bleibt ein Blick von außen.

Der dritte Teil soll, wie der Autor ankündigt, "ein Panorama der Stasi-Tätigkeit gegen die Bundesrepublik von den fünfziger Jahren bis in die achtziger Jahre" zeigen. Kellerhoff blättert einen Fächer an Fällen auf, die meist bereits bekannt sind, wobei offenbleibt, unter welchen Gesichtspunkten die einzelnen Beispiele zusammengetragen wurden. Zudem wertet er bei etlichen Fällen lediglich alte Quellen aus. Interessant wird es dann, wenn er sich breiter auf bisher unbekannte Akten stützt - wie etwa im Falle der Studentenfunktionäre der FU Berlin und ihrer Kontakte zur FDJ oder auch im Falle des Journalisten Walter Barthel. Störend ist die unübersichtliche Zitierweise, die das Nachvollziehen der Quellen unnötig mühsam macht.

Kellerhoffs Buch hat sich mehr vorgenommen als nur den Fall Kurras; der Mehrwert an Information ist jedoch nicht größer als bei Fuhrer. Kellerhoff argumentiert gegen eine bestimmte Verklärung der Ereignisse des 2. Juni 1967 und seiner Folgen; in Fuhrers Buch spricht die Schilderung für sich. Die Conclusio beider Autoren derweil ist unmissverständlich: Der Fall Kurras ist nur die Spitze eines Eisbergs, und es bedarf der weiteren - und intensiveren! - Aufarbeitung der Stasi-Infiltration und der Verstrickung westdeutscher Behörden und Beamten.

MARIANNE KNEUER

Armin Fuhrer: Wer erschoss Benno Ohnesorg? Der Fall Kurras und die Stasi. Bebra Verlag, Berlin 2009. 160 S., 14,95 [Euro].

Sven Felix Kellerhoff: Die Stasi und der Westen. Der Kurras-Komplex. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2010. 240 S., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr