Onkel Deepaks Märchenstunde
Der Autor Deepak Chopra erzählt ein indisches Märchen. Die junge Savitri begegnet einer altertümlichen Märchengestalt, nämlich dem persönlichen, leibhaftigen Tode namens Yama, der allerdings nicht sie, sondern ihren Gemahl "holen" will, wozu er aber persönlich
erscheinen muss. Voller Angst davor eilt sie zu Ramana, einem Weisen, um ihn um Ratgebung zu bitten. Dieser…mehrOnkel Deepaks Märchenstunde
Der Autor Deepak Chopra erzählt ein indisches Märchen. Die junge Savitri begegnet einer altertümlichen Märchengestalt, nämlich dem persönlichen, leibhaftigen Tode namens Yama, der allerdings nicht sie, sondern ihren Gemahl "holen" will, wozu er aber persönlich erscheinen muss. Voller Angst davor eilt sie zu Ramana, einem Weisen, um ihn um Ratgebung zu bitten. Dieser redet für einen Weisen erstaunlich viel und nimmt ihr die Angst vor dem Tode, wobei unklar bleibt, ob diese Angst nicht eher vor dem Sterben sei. So geht sie zu Yama zurück und bringt ihm, also dem persönlichen Tode, so viel angstlose Liebe entgegen, dass er sich von einem Gedankenspielchen Savitris überlisten und sich also überwinden lässt.
Der Titel dieses Märchens wäre besser 'Leben mit/an/in dem Tode', statt 'Leben nach dem Tode' (im Original: "Life After Death"), weil es zwar helfen mag, die verbreitete Angst vor dem Sterben und den Glauben an die vermeintliche Totheit nach dem Sterben zu lindern. Nach dem Sterben sind wir nicht tot, sondern leben auf anderer Ebene. Dies ist die gute Botschaft des Buches.
Die Anekdoten und Gedanken allerdings, die zwischen das in zwölf Etappen zerstückelte Märchen gefügt sind, ziehen sich in oberflächlicher, teils widersprüchlicher Sprache hin. Wie selbstverständlich wird über Karma, Seelenwanderung, Astralebenen und Wiedergeburt geplaudert. "Karma windet sich um die Seele wie der Faden um eine Spindel" (S.21). Na, klar; das weiß doch jeder! Unter Seele, Mensch, Individuum, Selbst, Person, Sterben, Tod, also den für dies Buch wichtigen Wörtern, wird nicht klar geschieden, was Chopra gleich zu Anfang schamlos offenbart, denn Inder gingen mit Begriffen locker um, wie es einer alten Kultur anstehe (S.17). Das führt dann aber etwa dazu, dass ein Freund erzählt, er habe spirituelle Erfahrungen gemacht, aber nicht persönlich, sondern unpersönlich (S.48). Diese Differenzierung finde ich gut! Aber später wird dann gesagt, das ewige Leben sei, wie sich herausgestellt habe (!), doch persönlich (S.124). Dann wird gesagt, die Seele bewohne bei ihrem nächsten Besuch auf der physischen Ebene einen neuen Körper (S.24), aber: die Seele sei uns nahe (S.53) und: "wie die Seele uns hilft" (S.60) oder immer wieder "Ihre/unsere/meine Seele". Sind wir also nicht die Seele? Wer oder was sind aber wir, wenn nicht die Seele? Was hilft uns die Unsterblichkeit der Seele, wenn wir diese Seele zwar haben, jedoch nicht diese Seele sind, sondern etwas Anderes, das doch sterben muss und danach tot ist?
Dazu klingt mancherlei nach Wunscherfüllungsglück auf Kinderniveau, etwa wenn die gesamte Evolution als "Prozess der Wunscherfüllung" gedeutet wird (S.24) oder "Der Tod erfüllt drei Wünsche" (S.63ff) oder Gott sei nicht dazu da, dass wir seinen Willen, sondern er unsere Wünsche erfülle; dass aber das angstumrankte Wünschen des ungetrösteten Menschen Krankheit und Hölle ist, wird nicht erschlossen. Und ist es in der Sache der Überwindung der Angst vor dem Sterben aber hilfreich, vom Tode als "real" zu sprechen und so zu tun, als sei ein "Gott des Todes" wahr? "GOTT ist kein GOTT der Toten, sondern den Lebenden, denn IHM leben sie alle" (Lk 20,38). Dies zeigt dem diesem Worte Glaubenden, dass das Sterben zwar wirklich ist, hingegen der Tod unwahr. Also ist der Tod nicht das Sterben, und weder die Weise noch die Folge des Sterbens, sondern ein gedanklicher Irrtum, an den aber der ungetröstete Mensch als wahr glaubt, obwohl er noch nie gestorben ist und also nicht aus Erfahrung wissen kann, wie das Sterben geschieht. So gesehen, lässt das Buch viele gute Möglichkeiten zur Tröstung ungenutzt. Das eigentliche "Leben nach dem Tode" aber, das das "Leben nach der Überwindung des Irrtums, an den Tod als wahr zu glauben", meint, bleibt gänzlich unerschlossen.
Kurz: Die Hauptbotschaft des Buches ist oberflächlich gut, die Ausführungen jedoch zumeist ohne Tiefe und geschwätzig.