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Falsche Coverangaben: Laufzeit 128 Min. Bildformat 2,35:1 Full Frame Chinesisch DD2.0 Stereo
Falsche Angabe auf der Labelung der Bonus-DVD: Tonformat Stereo
Hongkong 1966: Der Schriftsteller Chow schreibt in seinem Hotelzimmer an einem Science-Fiction-Roman. Je weiter er seine fiktive, in der Zukunft spielende Liebesgeschichte vorantreibt, desto tiefer taucht er auch in einen Strudel von Erinnerungen an eigene Liebesaffären ein. Vor seinem inneren Auge treten die drei Frauen noch einmal auf, die für ihn wichtig waren. Jede hat ihre unauslöschliche Spur in seiner Seele hinterlassen, doch…mehr

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Produktbeschreibung
Falsche Coverangaben:
Laufzeit 128 Min.
Bildformat 2,35:1 Full Frame
Chinesisch DD2.0 Stereo

Falsche Angabe auf der Labelung der Bonus-DVD: Tonformat Stereo
Hongkong 1966: Der Schriftsteller Chow schreibt in seinem Hotelzimmer an einem Science-Fiction-Roman. Je weiter er seine fiktive, in der Zukunft spielende Liebesgeschichte vorantreibt, desto tiefer taucht er auch in einen Strudel von Erinnerungen an eigene Liebesaffären ein. Vor seinem inneren Auge treten die drei Frauen noch einmal auf, die für ihn wichtig waren. Jede hat ihre unauslöschliche Spur in seiner Seele hinterlassen, doch vor allem die Gedanken an seine einzige wirkliche, unerfüllt gebliebene Liebe verfolgen ihn. In seinem Kopf entsteht ein geheimnisvoller, faszinierend schillernder Bilderreigen, ein Sog aus schönen und traurigen Gefühlen, geheimen Sehnsüchten und wilden Leidenschaften. Und bald wird klar, dass Phantasie und sehnsuchtsvolle Erinnerungen untrennbar miteinander verbunden sind...

Bonusmaterial

Bonus - Interview - Trailer
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2005

Der letzte Tango in Hongkong
Tragödie einer lächerlichen Liebe: In Wong Kar-wais Film "2046" läuft Orpheus durch das Schattenreich der Moderne

Es gibt immer ein zweites Mal. Jedenfalls dann, wenn man das erste Mal überstanden hat. Jenes erste Mal, das eine große Liebe sein kann oder ein großer Film. Für beide gilt, im Kino wie im Leben, das gleiche: Sie dauern nicht. Der große Film ist nach zwei Stunden vorbei. Die große Liebe kann sterben oder sich verwandeln. Zum Beispiel in eine Erinnerung. Dann wird sie zum Maßstab für alle Lieben, die ihr folgen. So wie der Film, den man geliebt hat, für alle folgenden Filme.

Vor fünf Jahren hat der chinesische Regisseur Wong Kar-wai den schönsten aller Liebesfilme gedreht: "In the Mood for Love". Die traurigsüße Geschichte von Herrn Chow und Frau Su Li-zhen, die sich kennenlernen, weil ihre Ehepartner sie miteinander betrügen, hätte eigentlich nie aufhören dürfen. Aber nach hundert Minuten war sie zu Ende. Das Leben ging weiter, auch das von Wong Kar-wai. Und so hat er einen neuen Film gedreht: "2046". Er ist wunderschön - nur nicht ganz so schön wie "In the Mood for Love". Es sei denn, man hat "In the Mood for Love" nicht gesehen. Es gibt eben immer ein erstes Mal, im Leben wie im Film.

Wong Kar-wai ist sich dessen bewußt. Deshalb hat er "2046" als Geschichte eines Mannes angelegt, der unaufhörlich auf der Suche nach dem verlorenen ersten Mal ist, nach der großen Liebe, die nicht wiederkehrt. Wir kennen ihn: Es ist Herr Chow. Und die verlorene Liebe, die er sucht, ist natürlich Su Li-zhen. Das Gesicht von Maggie Cheung, die diese Frau in "In the Mood for Love" spielte, geistert wie eine Fata Morgana durch den neuen Film, man glaubt es in allen Frauen, denen Chow begegnet, zu erhaschen. Und so geht es auch Herrn Chow. Man schreibt das Jahr 1966, Chows große Liebe liegt vier Jahre zurück, aber ihre Bilder, ihre Düfte wehen noch durch die Straßen und Hotelflure von Hongkong. Noch immer tragen die Frauen Kleider, die sich wie Blütenblätter um ihre Hälse und Hüften schließen, und noch immer hört man das Klacken ihrer Absätze auf dem nassen Asphalt, wenn man ihnen nachläuft durch die laue Winternacht. Hongkong ist Herrn Chows Hades, ein Reich der Schatten, unter denen er dem Bild seiner Eurydike nachjagt, ohne Hoffnung, sie jemals wiederzufinden, aber auch ohne Gefühl für die Hoffnungen anderer, die er nebenbei zertritt. Und so erzählt auch "2046" wieder eine traurige Liebesgeschichte. Aber es ist nicht die von Herrn Chow.

Wenn man so wie Wong Kar-wai das Äußerste im Kino wagt, wenn man Filme dreht, die in kein kommerzielles, politisches oder sonstiges Raster passen, muß man achtgeben, daß man seine Werkstattgeheimnisse nicht allzu offen ausplaudert. Deshalb hat Wong in allen Interviews seit der Premiere von "2046" in Cannes erklärt, er habe schon seit vielen Jahren an diesem Projekt gearbeitet, und "In the Mood for Love" sei ihm nur irgendwie dazwischengekommen, als Ableger eines größeren Konzepts. In Wahrheit ist es wohl so, daß der neue Film ohne den älteren nie entstanden wäre, weil er ohne ihn keinen Erzählkern hätte, kein Sujet. Am Anfang von "2046" sieht man eine riesige goldfarbene Muschel, auf die die Kamera zufährt, als hörte sie in ihr das Meer rauschen. So ist der ganze Film wie eine Muschel um Maggie Cheung herum gebaut, und wie die Mystiker des Mittelalters webt er um diese unsichtbare Göttin ein ganzes Netz von Zeichen und Verweisen.

Gleich zu Beginn beispielsweise sitzt der Journalist Chow in Singapur, wohin ihn sein Liebesschmerz getrieben hat, mit einer Frau am Tisch, die ebenfalls Su Li-zhen heißt. Sie wird von Gong Li gespielt, dem anderen weiblichen Superstar des chinesischen Kinos der neunziger Jahre, und sie verbirgt unter ihrem schwarzen Seidenhandschuh eine verstümmelte Hand, so wie Chow (Tony Leung) unter seinen glatten Gesichtszügen eine kaputte Seele versteckt. Bis zu dem Augenblick, in dem Chow diese Frau verläßt, ist nie ganz klar, ob sie real oder nur ein Produkt seiner Einbildung ist. Erst als er sie zum letzten Mal küßt, sieht man, daß sie wirklich existiert. Sie glüht auf und erlischt. Und Chow geht zurück nach Hongkong.

Dort gerät er mitten hinein in die Unruhen der britischen Kronkolonie in den sechziger Jahren: Attentate, Demonstrationen, Ausgangssperre, Wirtschaftskrise. Man sieht das alles nur in kurzen Wochenschau-Ausschnitten, aber es hakt sich fest in der Geschichte. Denn auch ihr Titel verweist auf ein politisches Datum. 1997, in dem Jahr, als Wong Kar-wai die erste Idee zu "2046" hatte, wurde Hongkong an China zurückgegeben. Dabei mußten die Chinesen den Sonderstatus der Hafenstadt für fünfzig Jahre garantieren - bis 2046. Es geht in "2046" also nicht nur um die Liebe, sondern auch um die Freiheit, die verlorenging. Um den Hongkong state of mind, den Wong Kar-wai um so sehnsüchtiger beschwört, je länger er zurückliegt. Und um die Zukunft, die bedrohlich am Horizont liegt und aus der Wong in einer atemraubenden Volte das wahre Paradies dieser Geschichte macht.

Denn Chow, sein Orpheus, ist im Schattenreich nicht müßig. Er quartiert sich im Hotel "Oriental" im Nachbarraum jenes Zimmers 2046 ein, dessen Nummer ihn an sein Glück mit Su Li-zhen gemahnt. Und er schreibt einen Roman, der ebenfalls "2046" heißt und von einer utopischen Stadt handelt, in der die Erinnerungen all der Reisenden, die sie betreten, lebendig werden. Der Film selbst betritt diese Stadt nie, er zeigt nur ihre äußere Hülle. Statt dessen erzählt er von einem Zug, der dorthin unterwegs ist und in dessen Gänge Chows Phantasie die Gestalten seiner täglichen Umgebung projiziert. Etwa Jing-wen (Faye Wong), die Tochter des Hotelbesitzers, die in einen Japaner verliebt ist. Oder die Prostituierte Lulu (Carina Lau), mit der sich Chow seine einsamen Abende vertreibt. Die Cinemascope-Bilder aus dem Inneren des Zuges sind die einzige Schwachstelle von "2046"; sie kostümieren die Sehnsüchte, statt sie zu entbinden. In seinen Anfängen hat Wong Kar-wai sich auf derlei Künstlichkeiten kapriziert, jetzt schleppt er sie nur noch mit wie ein Zauberer seine alten Kartentricks.

Während Chow durch Schreiben, Trinken und Kartenspielen seine Vergangenheit bewältigt, verpaßt er zum zweiten Mal die Liebe seines Lebens. Denn in jenem Zimmer 2046, an das ihn nostalgische Bande fesseln, wohnt Bai Ling (Zhang Ziyi), eine junge Gespielin älterer Herren, die sich nach echten Gefühlen statt geldwerten Gefälligkeiten sehnt. Chow und Bai Ling treffen sich von Tür zu Tür, gehen miteinander aus, werden ein Paar - aber nur für kurze Zeit, denn Chow besteht darauf, das Mädchen zu bezahlen. So bricht er ihr das Herz. Der Moment, in dem Chow sie nach ihrer letzten gemeinsamen Liebesnacht verläßt, gehört zu den schönsten Kino-Augenblicken der vergangenen Jahre: wie Zhang Ziyi mit dem zerknüllten Geldschein in der Hand dasteht und wartet, bis sich die Tür hinter ihrem Nachbarn schließt, bevor sie in Tränen ausbricht; und wie Tony Leung sich im Hotelzimmer nebenan ungerührt umzieht, als wäre die Liebe austauschbar wie ein Hemd. "Man erkennt die verwandte Seele nicht", heißt es in "2046", "wenn man ihr zu früh oder zu spät begegnet." Chow, ein Don Juan der Ungleichzeitigkeit, schafft es nicht, dieser Wahrheit zu entrinnen: Weil die erste Liebe für ihn zu früh kam, kommen alle anderen zu spät.

Wenn ein Film die Geschichte eines anderen weitererzählt, verliert sie gewöhnlich an Schwung. Aber bei Wong Kar-wai gelten die Gesetze der filmischen Schwerkraft sowenig wie die der zeitlichen Logik. Auf die strenge Perfektion von "In the Mood for Love" antwortet "2046" mit einer reicheren, elegischen Schönheit, wie sie dieser Tragödie eines lächerlichen Mannes entspricht. Und so geht es dem Zuschauer anders als Herrn Chow. Er genießt das Glück des zweiten Mals, als wäre es das erste.

ANDREAS KILB

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