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Hornbys neuer Roman trägt den Leser wieder zurück in die Welt der Musik. Ein zurückgezogen lebender Rockstar der 80er kommt durch die Wieder-Wiederveröffentlichung seines Albums in Kontakt zu seinen größten Fans. Eine Geschichte über zwei einsame Herzen, die über Jahrzehnte und Kontinente zueinander finden.

Produktbeschreibung
Hornbys neuer Roman trägt den Leser wieder zurück in die Welt der Musik. Ein zurückgezogen lebender Rockstar der 80er kommt durch die Wieder-Wiederveröffentlichung seines Albums in Kontakt zu seinen größten Fans. Eine Geschichte über zwei einsame Herzen, die über Jahrzehnte und Kontinente zueinander finden.
Autorenporträt
Nick Hornby, geb. 1957, lebt in London. Nach seinem Studium in Cambridge war er als Lehrer und Journalist tätig. Seit 1983 arbeitet er als freier Schriftsteller. Hornby schreibt für die 'Sunday Times', 'Time Out' und das 'Times Literary Supplement'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.10.2009

Abschied vom Pop oder Wie ich verlernte, jung zu sein

Nick Hornby traf mit "High Fidelity" den Nerv einer planlosen Generation, deren einziger Fixstern die eigene Plattensammlung war. Der neue Roman des Briten ist ein Abgesang auf die Fan-Kultur.

Dem britischen Bestsellerautor Nick Hornby kommt das Verdienst zu, einen neuen Typus Romanhelden berühmt gemacht zu haben. Oder besser gesagt: einen neuen Typus des literarischen Anti-Helden. Das ist der eskapistische Pop-Fan. Dieser Held, der heute längst beispielhaft ist für eine ganze Nachkriegsgeneration männlicher Turnschuhträger, hat kein Interesse daran, die Welt zu verändern - und überhaupt ein Problem mit dem Erhabenen. Stattdessen hortet Hornbys Pop-Held lieber Hunderte von Songs, auf denen Leidenschaft, Liebeskummer und jene Schmerzen nur besungen werden, die er selbst nicht riskieren will. Wahrscheinlich ist er weniger ein Berufsjugendlicher, der nicht erwachsen werden will (wie die meisten Kritiker Hornbys Romane gedeutet haben), als ein Handlungsskeptiker, der für eine typisch postmoderne Lähmung steht: die Lähmung, sich nicht zu einer eigenen Biographie voller eventueller Fehler und Bitternisse durchringen zu können. So lassen sich alle Romane des humorvollen Moralisten Hornby auch als Trostschriften auf die heutige Konsumkultur lesen, die das Fan-Dasein so lange als sympathisches Refugium verteidigen, bis der Protagonist durch eine unverhoffte Schicksalswendung von seinem Spleen erlöst wird.

Nach dem bewährten Schema läuft auch der neueste Hornby-Roman "Juliet, naked" ab. Auch hier steht ein Pop-Fan namens Duncan im Mittelpunkt, für den die Frage nach dem Musikgeschmack eine Glaubensfrage ist, die seine Welt tröstlich in Jünger und Ketzer unterteilt. Vor allem bei seinem Lieblingsheiligen, einem seit mehr als zwanzig Jahre verschollenen, amerikanischen Sänger namens Tucker Crowe, versteht der selbsternannte "Crowologe" Duncan, obschon Mitte vierzig, keinen Spaß. Seine Freizeit verbringt er am liebsten im Internet-Chat mit anderen Fans, um über neueste Gerüchte auszutauschen. Hat Tucker Crowe, dessen berühmtestes Album Juliet heißt, wirklich eine uneheliche Tochter mit einem ehemaligen New Yorker Model? Lebt er nun womöglich auf einer Farm in Pennsylvania? Und vor allem: Was genau geschah in der Nacht des 12. Juni 1986 auf einer Kneipentoilette in Minneapolis, die Tucker aufsuchte, bevor er seine Karriere an den Nagel hängte? Das sind die Fragen, über die sich Duncan den Kopf zerbricht, damit er nicht über andere, wichtigere Dinge nachdenken muss.

Nach den Erfolgen der ersten beiden Fan-Romane "Fever Pitch" und "High Fidelity" war Nick Hornby früh auf die Rolle des Pop-Predigers festgelegt, die er sodann mit mehr Ernsthaftigkeit zu unterfüttern suchte. Zumindest wurden seine Bücher immer moralischer. "About a boy" handelte von einem Taugenichts, der sich mit den Problemen alleinerziehender Mütter auseinandersetzen musste. In "How to be good" (2001) ging es darum, wie man in der zynischen Medienindustrie ein "guter Mensch" bleiben könne. Der Nachfolger "A long way down" (2005) schreckte gar vor der existentiellen Grundsatzfrage Selbstmord nicht zurück, und "Slam" (2008) schließlich erzählte von einem Teenager, der ungewollt Vater wird. So krisenhaft Hornbys Geschichten anmuteten, so strikt hielt der Autor auch hier an dem bewährt flapsigen, auf Pointen ausgerichteten Kumpel-Tonfall fest, der wirkliche Verzweiflung von vorneherein ausspart.

In "Juliet, naked" kehrt der Autor auf vertrautes, weniger unheilschwangeres Terrain zurück. Und doch wirkt "Juliet, naked" wie ein höhnischer, gelegentlich auch sentimentaler Abgesang auf den Pop-Fan, dessen Lebensuntüchtigkeit hier gründlich durch den Kakao gezogen wird. War der Plattenladenbesitzer Rob Flemming aus "High Fidelity" noch ein bindungsgehemmter, aber liebenswerter Spinner, ist der zehn Jahre ältere Dozent Duncan nur noch ein weltfremder Idiot. Das wird gleich in der ersten Szene deutlich, als er sich von seiner Freundin Annie auf jener schäbigen Toilette in Minneapolis fotografieren lässt, die für sein Idol Tucker einst das Ende der Laufbahn markierte.

Das Paar ist auf Crowe-Pilgertour quer durch Amerika unterwegs, und Annie wird klar, dass es so, "eingefroren in einer immerwährenden Postgraduiertenwelt", nicht weitergehen kann. Fast fünfzehn Jahre ist sie mit Duncan zusammen; so lange liegt bezeichnenderweise die Veröffentlichung von "High Fidelity" zurück. Und Annie fühlt sich gefangen in einer "Vernunftehe" des lauwarmen Nebeneinanders, dessen deprimierende Trostlosigkeit durch die Tristesse des gemeinsamen Wohnorts an der britische Küste noch verstärkt wird.

Jetzt, mit fast vierzig, wünscht sich die Kuratorin des örtlichen Heimatmuseums noch ein Kind. Aber mit dem verbohrten Duncan ist das nicht zu machen. Damit nimmt Annie jenen Gegenpart einer bürgerlichen Werteordnung ein, den man auch von Rob Flemmings Freundin Laura kennt. Und Hornby hat diesmal noch einen zweiten Gegenpart zu seinem Pop-Fan eingebaut, in Gestalt des Idols Tucker Crowe, der sich mit einem neuen Album namens "Juliet, naked" zurückmeldet. Dass der Rockstar ausgerechnet mit Annie und nicht mit seinem Fan Duncan in Mailkontakt tritt, führt zu einer Verwechslungs- und Liebeskomödie in Hollywood-Manier, die mit gängigen Pop-Mythen aufräumt.

Denn natürlich ist Tucker Crowe in Wahrheit ganz anders und längst nicht so heroisch, wie seine Fans glauben. Angefangen damit, dass der gealterte Musiker inzwischen aussieht wie ein "pensionierter Rechnungsprüfer", wirkt der Alkoholiker und Vater von fünf unehelichen Kindern eher gebrochen als glamourös. "Juliet, naked" ist ein routiniertes Pop-Abschiedsbuch, in dem Hornby den Starkult verulkt, der durch das Internet bizarre Ausmaße erreicht hat. Der Autor bleibt darin aber so sehr ein wertekonservativer Trostprediger, dass von Abschiedsschmerz oder aber böser Häme kaum etwas zu spüren ist. Alle drei Hauptfiguren hadern mit ihrem Leben, doch niemals sitzt der Kummer so tief, dass man darüber nicht noch einen versöhnlichen Gag machen könnte.

Wenn Tucker seine vaterlos aufgewachsene Tochter Lizzie nach Jahrzehnten wiedersieht, erschöpft sich deren Vaterhass in der spöttischen Bemerkung, der treulose Rockpapa solle am besten seinen eigenen Wikipedia-Eintrag verfassen, "damit deine Kinder irgendetwas über dich wissen". Annie steckt ihre verschwendete Zeit mit Duncan, die sie wohl zur lebenslang kinderlosen Frau machen wird, ebenfalls locker weg und überlegt nur witzelnd: "Auf wie viel (verpassten) Sex lief das überhaupt hinaus?" Und Duncan erkennt vor lauter Fanwissen weder den echten Tucker Crowe auf der Straße noch die wahre Liebe in Gestalt einer Uni-Kollegin. Die amüsanten, aber harmlosen Pointen lassen kaum je etwas beunruhigend in der Schwebe und übertönen oft jene echte Bitternis eines zerplatzten Lebenstraums, die einer Verlustgeschichte erst tragische Größe verleiht.

GISA FUNCK

Nick Hornby: "Juliet, naked". Roman. Aus dem Englischen von Clara Drechsler und Harald Hellmann. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009. 304 S., geb., 19,95 [Euro].

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.12.2011

Jeder allein,
jeder für sich
Ein Rockstar, der auf dem Zenit seines Ruhms willkürlich die Karriere abbricht. Ein Fan, der noch Jahrzehnte später eine Internet-Community damit beschäftigt, über mögliche Gründe dieses abrupten Endes zu debattieren. Und die davon erheblich genervte Freundin dieses Fanatikers. Dieses Trio bildet im Kern das Personal von Nick Hornbys Roman „Juliet Naked“, der Fahrt aufnimmt, als die drei einander doch fremden Menschen aufeinanderprallen, aneinander verzweifeln und schließlich auseinanderdriften. Jeder allein. Jeder für sich. Hornby hat seinen Stoff zu einem Erwachsenen-Melodram verwoben: Es ist manchmal irrwitzig komisch, manchmal erschreckend banal, manchmal unerklärlich traurig. Typengenau, das bleibt es durchgängig. Wie am Ende die Frau zur souverän entscheidenden Figur aufsteigt, dafür muss man Hornby applaudieren. Bernd Graff
Nick Hornby:
Juliet Naked. Roman. Deutsch v. C. Drechsler, H. Hellmann. Kiwi-Verlag Köln 2010. 362 S. 8,95 Euro
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