Das Buch schließt eine Lücke im spärlich vorhandenen Wissen über den Libanon und die Hisbollah. Die innerlibanesischen Zusammenhänge werden erklärt und der Politik der USA und Israels gegenübergestellt. Eine fundierte Bewertung des aktuellen Israel-Libanon-Konfliktes durch den libanesischen Politologen Gilbert Achcar und den israelischen Autor Michael Warschawski.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2007Israels Vietnam
Der verheerende Krieg gegen die Hisbollah im Libanon
Israels Regierungschef Ehud Olmert steht unter Erfolgsdruck. Die beiden Soldaten, deren Entführung Israel im Sommer 2006 zum Anlass nahm, den Libanon zu bombardieren, sind noch immer nicht frei. Die Entwaffnung der Hisbollah ist fehlgeschlagen. Insgesamt sind mehr als 1300 Menschen im sogenannten 33-Tage-Krieg gestorben. Der libanesische Politologe Gilbert Achcar und der israelische Autor Michael Warschawski haben jetzt ihre Einschätzung des Krieges veröffentlicht. Israel habe mit der Offensive sein Vietnam erlebt – so die zentrale These. Seit dem Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973 sei das Land nicht mehr derart erschüttert worden.
Schon lange habe es Pläne für einen Militärschlag Israels gegen die Hisbollah gegeben. Die entführten Soldaten seien nur ein Vorwand für seine Ausführung gewesen. Auch die USA hätten eine entscheidende Rolle gespielt: Zwar habe Israel auf eine Gelegenheit gewartet, die radikalislamische Miliz anzugreifen, letztlich sei die Offensive aber Teil des von den USA geführten „globalen Präventivkrieges gegen den Terrorismus” gewesen. Die Autoren heben hervor, dass die israelische Armee, die Politiker sowie die Geheimdienste ihrer „kolonialen Arroganz” erlegen sind: Der Kampf gegen eine Guerilla-Bewegung ist mit klassischer Kriegführung nicht zu gewinnen. Das Ziel, die Hisbollah zu zerschlagen, wurde verfehlt, ihr Ansehen in der arabischen Welt durch das militärische Scheitern Israels vielmehr vergrößert. Die schiitische „Partei Gottes”, die von Iran unterstützt wird, sei nun gestärkt und gewappnet für einen erneuten Konflikt. Dieser werde in naher Zukunft stattfinden – so die Prognose.
Die Autoren analysieren die Geschichte des Libanon, die Entwicklung der Hisbollah und die Politik Israels im Nahen Osten mit plausiblen Argumenten. Allerdings verlassen sie bei der Einordnung der internationalen Dimension des Konflikts die Ebene sachlicher Argumentation: Mit Thesen einer amerikanisch-jüdischen Verschwörung betreiben sie Propaganda. Dies ist bedauerlich, da das Buch ansonsten eine kompakte Einführung in einen ungelösten Interessenkonflikt bietet, bei dem es weder Sieger noch Verlierer geben kann. CORNELIUS JANZEN
GILBERT ACHCAR/MICHAEL WARSCHAWSKI: Der 33-Tage-Krieg. Israels Krieg gegen die Hisbollah im Libanon und seine Folgen. Edition Nautilus, Hamburg 2007. 96 Seiten, 10,80 Euro.
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Der verheerende Krieg gegen die Hisbollah im Libanon
Israels Regierungschef Ehud Olmert steht unter Erfolgsdruck. Die beiden Soldaten, deren Entführung Israel im Sommer 2006 zum Anlass nahm, den Libanon zu bombardieren, sind noch immer nicht frei. Die Entwaffnung der Hisbollah ist fehlgeschlagen. Insgesamt sind mehr als 1300 Menschen im sogenannten 33-Tage-Krieg gestorben. Der libanesische Politologe Gilbert Achcar und der israelische Autor Michael Warschawski haben jetzt ihre Einschätzung des Krieges veröffentlicht. Israel habe mit der Offensive sein Vietnam erlebt – so die zentrale These. Seit dem Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973 sei das Land nicht mehr derart erschüttert worden.
Schon lange habe es Pläne für einen Militärschlag Israels gegen die Hisbollah gegeben. Die entführten Soldaten seien nur ein Vorwand für seine Ausführung gewesen. Auch die USA hätten eine entscheidende Rolle gespielt: Zwar habe Israel auf eine Gelegenheit gewartet, die radikalislamische Miliz anzugreifen, letztlich sei die Offensive aber Teil des von den USA geführten „globalen Präventivkrieges gegen den Terrorismus” gewesen. Die Autoren heben hervor, dass die israelische Armee, die Politiker sowie die Geheimdienste ihrer „kolonialen Arroganz” erlegen sind: Der Kampf gegen eine Guerilla-Bewegung ist mit klassischer Kriegführung nicht zu gewinnen. Das Ziel, die Hisbollah zu zerschlagen, wurde verfehlt, ihr Ansehen in der arabischen Welt durch das militärische Scheitern Israels vielmehr vergrößert. Die schiitische „Partei Gottes”, die von Iran unterstützt wird, sei nun gestärkt und gewappnet für einen erneuten Konflikt. Dieser werde in naher Zukunft stattfinden – so die Prognose.
Die Autoren analysieren die Geschichte des Libanon, die Entwicklung der Hisbollah und die Politik Israels im Nahen Osten mit plausiblen Argumenten. Allerdings verlassen sie bei der Einordnung der internationalen Dimension des Konflikts die Ebene sachlicher Argumentation: Mit Thesen einer amerikanisch-jüdischen Verschwörung betreiben sie Propaganda. Dies ist bedauerlich, da das Buch ansonsten eine kompakte Einführung in einen ungelösten Interessenkonflikt bietet, bei dem es weder Sieger noch Verlierer geben kann. CORNELIUS JANZEN
GILBERT ACHCAR/MICHAEL WARSCHAWSKI: Der 33-Tage-Krieg. Israels Krieg gegen die Hisbollah im Libanon und seine Folgen. Edition Nautilus, Hamburg 2007. 96 Seiten, 10,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Eine gelungene Analyse des Libanon-Konflikts, der Entwicklung der Hisbollah und der israelischen Politik legen der libanesische Autor Gilbert Achcar und der israelische Autor Michael Warschawski mit ihrem Buch über den so genannten 33-Tage-Krieg vor, lobt Cornelius Janzen. Wenden sie sich den internationalen Verwicklungen um diesen Konflikt zu, versteigen sich die Autoren allerdings in propagandistischen Spekulationen über eine "amerikanisch-israelische Verschwörung", stellt der Rezensent in seiner kurzen Kritik bedauernd fest.
© Perlentaucher Medien GmbH
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