Wer gute historische Romane für Kinder ab etwa zehn Jahren sucht, wird an der “Oskar” Reihe von Claudia Frieser ohnehin nicht vorbei kommen. Der aktuelle Band “Oskar und das geheimnisvolle Volk” sticht für mich aber noch einmal deutlich über seine Vorgänger hinaus. So eindringlich habe ich noch
keine Beschreibung der Rauhnächte gelesen. Jener zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem Tag der…mehrWer gute historische Romane für Kinder ab etwa zehn Jahren sucht, wird an der “Oskar” Reihe von Claudia Frieser ohnehin nicht vorbei kommen. Der aktuelle Band “Oskar und das geheimnisvolle Volk” sticht für mich aber noch einmal deutlich über seine Vorgänger hinaus. So eindringlich habe ich noch keine Beschreibung der Rauhnächte gelesen. Jener zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem Tag der heiligen drei Könige in der das “wilde Heer”, der Sage nach, in den dunklen Nächten auf Seelenfang geht.
Oskar hat sich entschlossen, die Weihnachtsferien für einen Abstecher bei seinen Freunden im mittelalterlichen Nürnberg zu nutzen. Ein Besuch beim langweiligen Onkel Heinrich erschien ihm einfach zu trostlos. Also macht er sich am zweiten Weihnachtstag in seiner alten Eiche auf den Weg in die Vergangenheit. Als er sich mit seinen Ledersandalen jedoch durch meterhohe Schneeverwehungen kämpfen muss, beginnt er sein Vorhaben schon zu bereuen. In der Stadt selbst herrscht große Aufregung. Zeitgleich mit Oskar ist eine Truppe Zigeuner angekommen, die den nach Abwechslung lechzenden Menschen die dunklen Wintertage etwas verkürzen soll. Oskar, Albrecht und Liss freunden sich mit den jungen Fremden an. Doch dann wird das Getreide im Kornspeicher der Stadt vergiftet und ein angeblich entführtes Kind bei den Gauklern entdeckt. Die aufgebrachten Bürger haben diese schnell als Schuldige auserkoren. Nur Oskar und seine Freunde verfolgen eine ganz andere Spur und geraten dabei in tödliche Gefahr.
Spannung mit historischen Fakten auf einem ansprechenden und dennoch kindgerechten literarischem Niveau. Claudia Frieser lässt Geschichte lebendig werden, wie man es besser fast nicht machen kann. Hier werden viele Aspekte des mittelalterlichen Lebens anschaulich und nachfühlbar beschrieben. Die dunklen Tage, die Kälte, der Mangel an Nahrung, Licht und Wärme. Das tägliche Leben, die Gewohnheiten, Besonderheiten der damaligen Zeit wie Badehäuser. Den Rahmen der spannenden Handlung bilden zudem echte historische Ereignisse, die in einem Glossar am Ende des Buches noch einmal ausführlich und verständlich beschrieben werden. Ebenso gibt es am Ende erläuternde Worterklärungen, die zusätzliches, interessantes Detailwissen zu Begriffen aus dem Buch vermitteln.
Man kann dieses Buch unbeschadet jedem zehnjährigen Kind zum Lesen geben. Selbst bedrohliche, oder der Zeit gemäße grobe Szenen, sind kindgerecht dargestellt. Es eignet sich aber auch großartig zum Vorlesen, gerade wenn man jahreszeitlichen Stoff sucht. Dieser Kinderroman passt ausgezeichnet in jede Vorlesestunde, die man im Dezember oder Januar halten will. Er bietet viel Stoff, über den man mit Kindern sprechen kann.
Und er weckt die Wissbegierde. Denn Oskars bester Freund im Mittelalter ist schließlich Albrecht Dürer. So unkompliziert und sympathisch kann man also über ein künstlerisches Genie schreiben. Nach dieser Lektüre finden es sicher auch Kinder spannend nach Nürnberg zu fahren, um sich die Orte des Geschehens und die Bilder von Albrecht Dürer anzusehen. Nächster Familien- oder Klassenausflug gerettet!