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Warped Space - Vidler, Anthony
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How psychological ideas of space have profoundly affected architectural and artistic expression in the twentieth century.
Beginning with agoraphobia and claustrophobia in the late nineteenth century, followed by shell shock and panic fear after World War I, phobias and anxiety came to be seen as the mental condition of modern life. They became incorporated into the media and arts, in particular the spatial arts of architecture, urbanism, and film. This "spatial warping" is now being reshaped by digitalization and virtual reality. Anthony Vidler is concerned with two forms of warped space.…mehr

Produktbeschreibung
How psychological ideas of space have profoundly affected architectural and artistic expression in the twentieth century.

Beginning with agoraphobia and claustrophobia in the late nineteenth century, followed by shell shock and panic fear after World War I, phobias and anxiety came to be seen as the mental condition of modern life. They became incorporated into the media and arts, in particular the spatial arts of architecture, urbanism, and film. This "spatial warping" is now being reshaped by digitalization and virtual reality. Anthony Vidler is concerned with two forms of warped space. The first, a psychological space, is the repository of neuroses and phobias. This space is not empty but full of disturbing forms, including those of architecture and the city. The second kind of warping is produced when artists break the boundaries of genre to depict space in new ways. Vidler traces the emergence of a psychological idea of space from Pascal and Freud to the identification of agoraphobia and claustrophobia in the nineteenth century to twentieth-century theories of spatial alienation and estrangement in the writings of Georg Simmel, Siegfried Kracauer, and Walter Benjamin. Focusing on current conditions of displacement and placelessness, he examines ways in which contemporary artists and architects have produced new forms of spatial warping. The discussion ranges from theorists such as Jacques Lacan and Gilles Deleuze to artists such as Vito Acconci, Mike Kelley, Martha Rosler, and Rachel Whiteread. Finally, Vidler looks at the architectural experiments of Frank Gehry, Coop Himmelblau, Daniel Libeskind, Greg Lynn, Morphosis, and Eric Owen Moss in the light of new digital techniques that, while relying on traditional perspective, have radically transformed the composition, production, and experience perhaps even the subject itself of architecture.

Autorenporträt
Anthony Vidler is Dean and Professor of the Irwin S. Chanin School of Architecture at The Cooper Union, New York. He is the author of Warped Space: Art, Architecture, and Anxiety in Modern Culture (2000), and The Architectural Uncanny: Essays in the Modern Unhomely (1992), both published by The MIT Press, and other books.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.05.2002

Platzangst, Winkeldiktatur, Fußgängerfreuden
Anthony Vidler plädiert für Falten, Joseph Rykwert setzt auf Frische: Kunst und Pfusch beim Städtebau

Lange Zeit sah man es als kulturelle Leistung an, wenn es gelang, dem Chaos dieser Welt eine kunstvolle Ordnung abzuringen. Nicht zuletzt die Stadt sollte sich von der Wildnis der Natur abheben. Theoretiker, Künstler und Architekten der Renaissance fragten nicht mehr nach der Topographie oder anderen örtlichen Gegebenheiten, sondern entwarfen ideale Stadtpläne mit kreisrunden oder quadratischen Umrissen, gegliedert von schachbrettartigen Straßenführungen und fürstlichen Bauten in der Mitte. Vor allem Regenten des Barocks zögerten nicht, solche rationalen Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Doch bald gab es auch Theoretiker und Gestalter, die Sturm liefen gegen dieses System des Rechtwinkligen und Logischen.

Kaum waren die ersten barocken Stadtanlagen entstanden, entdeckten romantische Maler das Gewusel von mittelalterlichen Szenarien. Der Streit zwischen Kunst und Natur, Ordnung und Chaos erfaßte die Betrachtungen der Stadt ebenso wie die philosophischen Debatten. Hatte etwa Kant noch versucht, mit praktischer Vernunft die Metaphysiker der reinen Vernunft vom Thron zu stürzen, so setzte Nietzsche bereits leidenschaftliche Polemik ein, um der abstrakten Vernunft Herr zu werden. Die Stadtplaner des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts hielten zwar vielerorts an klaren Ordnungsmustern fest, wurden jedoch nicht selten vom schnellen Wachstum der Städte überrumpelt.

Für viele ist die Diskussion immer noch nicht entschieden, ob man der Konstruktion oder dem Dekonstruktiven huldigen soll - oder ob gar das eine mit dem anderen zu verschränken sei. Anthony Vidler ergreift in seinem Buch "Warped Space" Partei für den Abbau von Ordnung und Rechtwinkligkeit und sieht in Falten und Tropfen, in Netz und Haut die zeitgemäßen architektonischen Formen. Das unregelmäßige Raumdenken sei längst von Schriftstellern vorbereitet worden, doch bestimme es erst jetzt die Entwürfe von Architekten wie Frank Gehry oder Daniel Libeskind. Das flüchtige Element von Film und Fotografie werde auf die Architektur übertragen und unterlaufe das Statische.

Seit der Renaissance, so nimmt Vidler einen Gedanken von Aby Warburg auf, vermehre sich die Ordnung von Räumen, um die Ordnung der religiösen Welt zu ersetzen. Doch die sprunghafte Vergrößerung der Metropolen im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert habe zu einem Übermaß an anonymen Plätzen und Straßen geführt, die Ängste und Neurosen erzeugten. Es werden unter anderem Studien des Psychologen Carl Otto Westphal aus der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts vorgestellt, um darzulegen, wie mit einem Male klar umgrenzte Plätze, leere wie volle, "Platzangst" hervorgerufen haben, eine Krankheit, die damals als neu galt.

Deutlich werden die Irritationen, die das blitzartige Wachstum der Städte auslöste. Die überfüllten Metropolen wurden zum Schmelztiegel avantgardistischer Ideen. Sigfried Giedion entwarf den Typus eines neuen städtischen Menschen: Dieser komme ohne die klaren Grenzen zwischen innen und außen aus, er verabschiede sich von der geschlossenen, steinernen Stadt und lebe an einem offenen, gläsernen Ort. Sowohl die städtische Architektur als auch der städtische Mensch sollten sich verändern. Im Dienst dieser Umschulung stehen für den Verfasser auch Schriftsteller wie Walter Benjamin oder Siegfried Kracauer. Ersterer habe den Typus des "Vagabunden" ersonnen, um die Stadt nur noch als Kolportage archaischer Bilder zu erfassen; letzterer habe das moderne Leben als ein Leben in der Hotelhalle beschrieben.

Diese literarischen Zeugnisse, die von "Platzängsten" und neuem städtischen Leben handeln, finden für Vidler noch keine hinreichende Antwort in der Baukunst der klassischen Moderne, plante doch ein Le Corbusier noch weitgehend rektangulär und konstruktiv. Erst die organische und dekonstruktive Architektur der jüngeren Zeit bricht für den Autor endgültig mit den überlieferten Ordnungsmustern. Es kommt die Coop Himmelblau zu Wort, die schon 1968 verkündete, ihre Architektur habe keinen physikalischen Plan, aber einen psychischen; es gebe keine Wand mehr, vielmehr seien die Räume pulsierende Ballons. Die zuckenden Bauten von Daniel Libeskind, die keinen Anfang und kein Ende böten, rechtfertigt Vidler mit der Überlegung von Michel Foucault: So wie sich in der Philosophie das menschliche Subjekt auflöse und an Wichtigkeit verlöre, so wie überhaupt in der digitalen Epoche die Bedeutung von Zeit und Raum abnehme, so verweigere auch die Baukunst klare Fronten.

Die Argumentation, mit der Vidler den Dekonstruktivismus legitimiert, ist in sich stimmig und anregend. Wenngleich das Zeitalter des Geradlinigen dem Anschein nach vorbei ist, läuft für ihn der historische Gang der Dinge nahezu teleologisch auf die ungeregelte Architektur zu. Es bleiben allerdings Zweifel, ob die Diagnose richtig ist, daß die geregelte Baukunst den modernen Menschen krank mache. Es könnte auch sein, daß er längst an der Unordnung der Metropolen leidet, weil keine Zeit mehr bleibt, behutsam zu planen.

Joseph Rykwert läßt sich in seiner Studie "The Seduction of Place" nicht dazu verleiten, noch einmal die Architektur der Moderne oder späten Moderne auf den Sockel zu heben und den Historismus zu verteufeln. Historismus wie Moderne entspringen für ihn ein und demselben Geist: dem Geist von Wissenschaft und Technik. Seit etwa 1800 unterliege die Baukunst der westlichen Welt der polytechnischen Ausbildung, den Vorgaben des Wirtschaftlichen und Rentablen. Entsprechend habe schon Saint-Simon am Beginn dieser Ära erklärt, daß die neue Industriegesellschaft weniger von Politikern, sondern mehr von Wissenschaftlern und Fabrikanten, Ingenieuren und Bankern regiert werde: rationell und weltweit planend.

Rykwert stimmt aber keineswegs das Klagelied der Globalisierung an. Es sind für ihn nicht anonyme Mächte, die die Städte architektonisch überfremden, sondern es sind für ihn immer bestimmte Menschen und Gruppen, die planen und bauen. Er hält an der Vorstellung vom menschlichen Subjekt fest, das in der Lage ist, einfallsreich zu handeln und Gutes zu bewirken.

Es wird zunächst die städtebauliche Entwicklung von London und Paris im neunzehnten Jahrhundert verglichen, um zu zeigen, wie da und dort die Dinge besser oder schlechter verliefen, je nachdem, ob sich Bürger, Künstler oder Politiker um Ideen bemühten und beherzt eingriffen oder nicht. Die britische Kapitale wuchs nach 1800 zur größten Stadt in Europa heran und bot um die Mitte des Säkulums der ärmeren Bevölkerung katastrophale Wohnverhältnisse. Frei von städtischer Aufsicht, wucherten erbärmliche Hütten ohne hinreichende Kanalisation und Wasserversorgung über die alten Grenzen der Stadt hinaus, bis sich "Philanthropinisten" wie der siebte Earl of Shaftesbury und Prinz Albert gegen den Ratschlag der Regierung für bessere Unterkünfte der Arbeiterklasse einsetzten.

Davon angeregt, begann ein Architekt wie Henry Roberts, nun auch einfache Unterkünfte als eine würdige und wichtige bauliche Aufgabe zu erkennen. Er errichtete im Auftrag von Prinz Albert Musterhäuser für Arbeiter, und 1850 veröffentlichte er das einflußreiche Buch "The Dwellings of the Labouring Classes", in dem er die mehrstöckige Bauweise für Mietshäuser vorschlug. 1855 wurde vom britischen Parlament schließlich eine Stelle eingerichtet, die den städtischen Ausbau kontrollierte. Wenn nur noch der Geist des Wirtschaftlichen und Rentablen zu herrschen droht, kommt es für Rykwert darauf an, Politik zu machen. Es wird wichtig, humane und ästhetische Maßstäbe zu setzen, die von billigen technischen Lösungen nicht unterlaufen werden dürfen.

Wenngleich London im neunzehnten Jahrhundert nicht nur die größte, sondern auch die reichste Stadt in Europa war, wurden neben den Pionierleistungen im Wohnungsbau kaum Anstrengungen unternommen, im Zentrum neue prachtvolle Boulevards anzulegen. Dagegen machten in Paris zwei Männer den Umbau der Stadtmitte zu ihrem Steckenpferd: Kaiser Napoleon III. und Georges-Eugène Haussmann. Mitten durch vorhandene Baublöcke wurden neue breite Schneisen gebrochen. Die Stadt wurde neu geordnet, erhielt neue Boulevards und Parks, die zugleich zu neuen Kennzeichen einer Metropole wurden. Rykwert weist den oft geäußerten Verdacht zurück, der Kaiser und sein Stadtplaner hätten die schnurgeraden Flaniermeilen vornehmlich unter militärischen Gesichtspunkten errichtet, wahr sei vielmehr, daß die Stadt lebenswerter werden sollte.

Auch wenn Rykwert es unterläßt, bündig die Merkmale herauszuarbeiten, die zur seduction, zur Verführung der Orte beitragen, wie es der Titel verspricht, so betrachtet er viele Metropolen rund um den Globus, um immer wieder die Planer, Entwerfer und Auftraggeber ausfindig zu machen. In der Ära von Wissenschaft und Technik lauert für ihn stets die Gefahr der architektonischen Wiederholung und Standardisierung. Gerade die Gebäude, die von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder der Europäischen Union in New York, Brüssel oder Straßburg errichtet würden, blieben oft gesichtslos und erschienen ohne Anbindung an die Stadt.

Beiläufig zeigt Rykwert seine Sympathie für Boulevards und Parks, für reichgegliederte Gartenstädte und belebte Zentren mit öffentlichen, historischen Bauten, für spektakuläre Wolkenkratzer und Museen - ohne den Unterschied zwischen konstruktiver und dekonstruktiver Bauweise als bemerkenswert zu erachten. Entscheidend ist es für ihn nicht, ob Räume geschlossen, offen oder verborgen sind, sondern ob es Fußgängern möglich ist, die Stadt mit Leben zu erfüllen. Der Autoverkehr stelle für die Stadt das größte Problem dar, denn er verursache Lärm und Zerstückelung. Nicht immer werden Fehlentwicklungen, die zu leblosen Vierteln führen, den Stadtvertretern oder Investoren angelastet, sondern auch teils den Architekten, die ein unausgereiftes Konzept verfolgten, teils den Bürgern, die sich nicht einmischten und nachdachten, was ihnen eigentlich guttue.

Rykwert widersteht der Versuchung, mit dramatischer Verve die innere Auflösung und Unplanbarkeit der Metropolen zu beschwören, wie es heute oft der Fall ist. Vielmehr erörtert er ruhig und sachlich ein Stück weit die jüngere Geschichte der Stadtbaukunst, um zu tadeln und zu loben. Obwohl er keine Theorie entfaltet, die die verführerische Kraft der Stadt befördern könnte, schlägt er doch den richtigen Weg ein, indem er den Städtebau nicht nur als ein technisches und formales Problem begreift, sondern als die geistige Herausforderung eines jeden einzelnen.

ERWIN SEITZ

Anthony Vidler: "Warped Space". Art, Architecture and Anxiety in Modern Culture. MIT Press, Cambridge 2001. 300 S., geb., 22,50 britische Pfund.

Joseph Rykwert: "The Seduction of Place". The City in the Twenty-First Century. Weidenfeld & Nicolson, London 2001. 283 S., Abb., geb., 20,- britische Pfund.

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