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Zwei junge Männer, Martin (Werner Enke) und Henry (Henry van Lyck), 25 und 33 Jahre alt, Schlagertexter der eine, Schauspieler und Synchronsprecher der andere, sind zwei solcher typischen Schwabinger. Was sie an einem Tag alles treiben, berichtet der Film. Henry besucht mittags seinen Freund Martin, der schon seit Tagen nicht aus dem Bett gekommen ist. Er erinnert Martin daran, dass heute sein Geburtstag ist und er sich mit seiner Freundin Anita verloben wollte. Als Anita wenig später ihren Glückwunschbesuch in Martins Bude macht, stellt sie mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung fest,…mehr

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Produktbeschreibung
Zwei junge Männer, Martin (Werner Enke) und Henry (Henry van Lyck), 25 und 33 Jahre alt, Schlagertexter der eine, Schauspieler und Synchronsprecher der andere, sind zwei solcher typischen Schwabinger. Was sie an einem Tag alles treiben, berichtet der Film. Henry besucht mittags seinen Freund Martin, der schon seit Tagen nicht aus dem Bett gekommen ist. Er erinnert Martin daran, dass heute sein Geburtstag ist und er sich mit seiner Freundin Anita verloben wollte. Als Anita wenig später ihren Glückwunschbesuch in Martins Bude macht, stellt sie mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung fest, dass Martin keinesfalls bereit ist, sein bisheriges Gammel-Dasein durch eine Verlobung zu ändern.

Die beiden Freunde gehen in eine Badeanstalt, wo es ihnen angesichts der ausgezogenen Mädchen denkbar schwer fällt, einen an diesem Tag fälligen Schlagertext auf die Beine zu stellen. Martin bändelt mit einem Mädchen an und will ihm mit einer hanebüchenen Geschichte imponieren: er sei ein steckbrieflich gesuchter Verbrecher und könne nicht in seine Wohnung, weil das Haus von Polizisten umstellt sei. Tatsächlich aber ist Martin von seinem Fenster aus lediglich Zeuge eines nächtlichen Einbruchs gewesen, hat auf dem Revier jedoch statt einer vernünftigen Aussage nur freche Witze auf Kosten der Beamten gemacht.

Das Mädchen Barbara (Uschi Glas), aus wohlhabendem bürgerlichen Hause, frisch und unkompliziert, findet Gefallen an Martin und seinen skurrilen Einfällen. Er ist so ganz anders als die jungen Männer von heute gewöhnlich sind. Er gibt sich nicht als Sunny Boy, er spielt nicht den galanten Kavalier- er ist eher mürrisch, er steht in seiner Egozentrik vielen angenehmen, zur Konvention gewordenen Dingen des Alltags ablehnend gegenüber, verbirgt seine Sensibilität hinter der berühmten rauen Schale und - entwickelt gerade dadurch einen ganz persönlichen, äußerst fragilen Charme, der entdeckt und hervorgelockt werden will. Barbarafasziniert das, und sie geht mit ihm am Abend auf sein Zimmer - während Anita und Henry auf einer eigens arrangierten "Geburtstags- und Verlobungsparty" vergeblich auf Martin warten. Und am Ende tritt auch noch einmal die Polizei auf den Plan, der Freund und Helfer, der so gar nichts für junge Querköpfe übrig hat ...

Bonusmaterial

- 12-seitiges Booklet - Bonus-Clip mit Werner Enke heute = 4 Min. - "Das Portrait" - Kurzfilm von May Spils von 1966 = 10 Min. - "Manöver" - Kurzfilm von May Spils von 1966 = 10 Min. - Originaltrailer
Autorenporträt
Werner Enke, geboren 1941 in Berlin, Besuch einer Schauspielschule. Kleine TV- und Spielfilmrollen, bevor er in Volker Schlöndorffs "Mord und Totschlag" seine erste Kinorolle erhielt. Danach nur noch Auftritte in den Filmen seiner Lebensgefährtin May Spils, für die er auch die Drehbücher schrieb. Vorliegendes Buch ist seine erste Veröffentlichung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2013

Endlich saß einmal eine Frau auf dem Regiestuhl

Zeitlos seiner Zeit verhaftet: May Spils' Kultfilm "Zur Sache, Schätzchen" ist frisch restauriert, und die Hauptdarstellerin Uschi Glas empfängt zum Gespräch darüber.

Es wird böse enden!" Das ist ein Satz, der Kult wurde, zum Idiom einer ganzen Generation. Einer Generation, die in den unseligen frühen vierziger Jahren geboren wurde und irgendwann spürte, dass die Eltern eine Last mit sich und in sich tragen, die abzuschütteln unmöglich war. Diese junge Generation war in den sechziger Jahren etwa Mitte zwanzig. So wie die Protagonisten vor und hinter der Kamera des Films "Zur Sache Schätzchen": die Regisseurin May Spils, die Hauptdarstellerin Uschi Glas, der Hauptdarsteller Werner Enke.

Mit der sechsundzwanzigjährigen May Spils - die damals privat wie beruflich mit Werner Enke liiert war und es heute noch ist - konnte sich 1967 eine der ganz wenigen Regisseurinnen im sogenannten "Jungen Deutschen Film" durchsetzen. Sie hatte vor "Zur Sache, Schätzchen" zwei bemerkenswerte Kurzfilme gedreht und legte in den folgenden Jahren noch vier Langfilme nach, doch alle diese Werke stehen im Schatten des Kultfilms der Flower-Power- und Studentenrevolte-Generation, eben des "Schätzchens".

Ähnlich dem prophetisch-ironischen Ausruf "Es wird böse enden!" gehört auch die Wortschöpfung "fummeln" zur innovativen Idiomatik des Anarcho-Antihelden Martin, den Werner Enke verkörpert. Martin, letztlich das Alter Ego seines Darstellers, ist fünfundzwanzig Jahre alt und lebt in München-Schwabing. In seiner Gammlerbude hängt ein überdimensionales Plakat von Henri-Georges Clouzots Film "Lohn der Angst" aus dem Jahr 1953. Martin lebt in den Tag hinein, arbeitet nicht, schläft viel - ein fellinesker Müßiggänger, ein eichendorffscher Taugenichts, einer, der sich an keine Gesetz, keine Vorschrift, keinen Benimmkodex hält. Ein Phantast, der nur die Anarchie im Kopf hat und im stream of consciousness eines Leopold Bloom textet, dichtet, rezitiert, ohne Halt und ohne Ziel. Der Film erzählt von 24 Stunden aus dem Leben dieses Martin: James Joyces "Ulysses" im ehedem pulsierenden Schwabing.

Die "Pseudophilosophie-Texte" von Martin verscherbelt sein Kompagnon Henry (Henry van Lyck) an einen Herrn Block (Helmut Brasch), seines Zeichens Schlagerproduzent, der überdies ständig neue junge Damen für seine Society-Partys benötigt. Eines Tages steht plötzlich eine solche junge Dame vor Martin: Als er wieder einen seiner leichten leeren Tage verbringt, erscheint Barbara, eine attraktive Tochter aus gutem Hause. Fortan ziehen beide gemeinsam durch das Schwabinger Leben. Sie sind wie Feuer und Wasser, Pech und Schwefel. Und gehören dennoch oder deswegen zusammen. So wie Bonnie & Clyde. Barbara wird natürlich von niemand anderer gespielt als Uschi Glas.

"Zur Sache, Schätzchen" wurde im Juni 1967 in München unter schwierigen, teilweise chaotischen Bedingungen gedreht und ist zunächst einmal ganz Kind seiner Zeit. Der Film zählt zur damaligen sogenannten "Münchner Schule", der auch Klaus Lemke, Max Zihlmann oder Rudolf Thome angehörten. Meist saßen diese Regisseure im Kino und saugten die französische Nouvelle Vague in sich ein. Aus Geldmangel drehte man gern in Schwarzweiß, was den Filmen heute noch gut ansteht.

Der Regisseur und Produzent Peter Schamoni, einer der Mitunterzeichner des Oberhausener Manifests von 1962, half May Spils, indem er die Produktion von "Zur Sache, Schätzchen" übernahm. Schamoni war es auch, der Uschi Glas zum Vorsprechen einlud, obwohl sie fest bei Horst Wendlandts Rialto Film unter Vertrag stand. Über dieses Vorsprechen erzählt Uschi Glas heute: "Das Schicksal wollte es so, dass sich damals die Wege gekreuzt haben, dass Peter Schamoni sagt: ,Frau Glas, würden sie einmal in meine Produktion kommen, ich hätte Ihnen einen Vorschlag zu machen.' Im selben Raum saß ein zierliches kleines Mädchen. Dann sprach man über die Filmidee, und diese Kleine sprach mit, sie könne sich das so gut vorstellen. Bis ich fragte, wer sie sei, und sie daraufhin meinte: ,Ja, ich führe Regie, das wird mein Film werden!' Eine ganz zarte feine Person. Und dann dieses Selbstbewusstsein. Ich hatte bis dahin nur Regisseure gehabt, hier erstmals eine Frau - und fand das toll."

Jene zentrale Sequenz, in der die damals dreiundzwanzigjährige Uschi Glas, apart und adrett, mit dunklem Haarschopf, als Barbara auf dem Polizeirevier einen Striptease hinlegt, um schließlich in einer blütenweißen Corsage vor sprachlosen Polizisten dazustehen, ist nicht nur zum ikonographischen Moment dieses Films, sondern der ganzen Zeit, dieser Generation geworden. Das hat für Uschi Glas im Rückblick etwas ambivalent Singuläres: "Es ist natürlich ein bisschen schicksalhaft. Ich hätte gern mehr Filme in diesem Genre gedreht: wunderbar leichte Komödien, in denen man aber spürt, darunter brodelt es. Aber es hat sich nicht ergeben, und man kann es auch nicht erzwingen. Es ist wunderbar, dass der Film zustande kam. Das nun als negatives Vehikel zu nehmen, wäre nur belastend."

Die am 4. Januar 1968 uraufgeführte Gesellschaftskomödie entwickelte sich zum unerwarteten Kassenhit, Publikumsliebling und Kritikerachtungserfolg. 6,5 Millionen Zuschauer hat May Spils' Kinodebüt damals gefunden, dafür gab es den Deutschen Filmpreis, die Goldene Leinwand, einen Bambi für Uschi Glas sowie die Teilnahme an den Filmfestspielen in Cannes. Populäre Filmkunst - gemeinhin gilt das als Widerspruch, hier stimmte es.

Fünfundvierzig Jahre nach der Erstaufführung ist dieser bundesrepublikanische Klassiker nun in Bild und Ton vollständig restauriert, digitalisiert und in München auf großer Leinwand in der vergangenen Woche auch neu aufgeführt worden. Zudem erscheint der in seinem Bildformat neu justierte und korrigierte Film erstmals auf Bluray und DVD. Das ist ein verdientes Revival. Über das damalige Lebensgefühl erzählt Uschi Glas: "Diese ganze Zeit - '67, '68 - war sehr aufgeladen. Menschen aus meiner Generation wie Werner Enke und ich kamen mit einer unglaublichen Wut in die Gesellschaft hinein. Dieses Nichterzählen über das, was eigentlich war! Dieses ewige Schweigen! Und keiner wollte dabei gewesen sein. Wo man sich sagt: Es kann doch nicht sein, dass keiner dabei war. Irgendwo werden doch die Leute gestanden haben."

Es gibt eine Szene im Film, die diese bleierne Zeit auf sehr präzise Weise reflektiert, ganz nüchtern, mit kaltem Blick: Barbara sitzt mit der Familie im bourgeoisen Elternhaus beim Essen. An manchen Tagen erhebt sich der Vater, noch bevor die anderen aufgegessen haben, um nach seinem Instrument zu greifen und zum Geigenspiel anzusetzen: Hausmusik. Alle haben sie sitzenzubleiben und zuzuhören. Wenn der Vater spielen sollte, hat Barbara zuvor noch zu Martin gesagt, dann könne sie nicht kommen, aber vielleicht spiele er auch nicht. "Gänsehaut" bekomme sie dabei, wenn sie daran denke, so Uschi Glas.

Es gibt noch ganz andere Sequenzen in dieser herrlichen Filmgroteske, in der das Absurde über das Normale triumphiert. Wenn Uschi Glas und Werner Enke im Münchner Tierpark eine kleine Ziege aus dem Gehege heben, sie in einen Kinderwagen setzen und diesen im Affentempo durch den Park schieben, dabei lachen und jauchzen und witzeln, dann ist das derart frisch, wirkt das derart authentisch und wie improvisiert, dass Assoziationen zur entfesselten freien Kamera eines Raoul Coutard in Jean-Luc Godards "Außer Atem" (1959) naheliegen. Klaus König hat in "Zur Sache, Schätzchen" fabelhafte Arbeit als Kameramann geleistet.

Apropos Godard: Ursprünglich wollte die Regisseurin einen Schluss à la "Außer Atem", bei dem Martin von einem Polizisten erschossen würde. Als jedoch kurz nach Drehbeginn in Berlin Benno Ohnesorg genau so starb, veränderte das Autorenpaar Spils und Enke noch während der Dreharbeiten das vorgesehene Ende und ließ den lediglich angeschossenen Martin davonkommen - nicht, ohne dass er einem von Rainer Basedow gespielten Polizisten noch zuruft: "Da haben Sie aber noch mal Schwein gehabt!"

May Spils' sozialkritische Tragikomödie ist trotz ihres zeitverhafteten, dokumentarischen Charakters von frappierend zeitloser Gültigkeit. Der Film atmet gierig den Drang nach Freiheit. Deswegen lohnt der Blick aufs Gestern, weil er den aufs Heute schärfen kann. Da ist dieses Austarieren zwischen behender Leichtigkeit und poetischer Melancholie, dieser Drahtseilakt zwischen Schwere und Schweben. Keine Patina, kein Staub, keine Alterung.

THILO WYDRA

Zur Sache Schätzchen (BRD 1968) erscheint in restaurierter Fassung am 6. August auf Bluray und auf DVD (Ascot).

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