Die Angst vor der Pest und deren Folgen
Anfang des Jahres 1349 fertigt der Goldschmied Thomas von Weimar für den jüdischen Kaufmann Kalman von Wiehe einen Hochzeitsring an, ein wunderschönes, filigranes Stück. Während die Hochzeitsvorbereitungen in vollem Gange sind, findet der stumme Gehilfe des
Goldschmieds im Hof die Leiche einer jüdischen Magd, die in den Diensten des Kaufmanns stand. Doch…mehrDie Angst vor der Pest und deren Folgen
Anfang des Jahres 1349 fertigt der Goldschmied Thomas von Weimar für den jüdischen Kaufmann Kalman von Wiehe einen Hochzeitsring an, ein wunderschönes, filigranes Stück. Während die Hochzeitsvorbereitungen in vollem Gange sind, findet der stumme Gehilfe des Goldschmieds im Hof die Leiche einer jüdischen Magd, die in den Diensten des Kaufmanns stand. Doch der Mord geht in der allgemeinen schlechten Stimmung der Stadt eher unter, denn die Pest zieht unaufhaltsam Richtung Erfurt. Immer mehr Gerüchte entstehen und immer mehr geraten die Juden in den Fokus dieser Gerüchte, schon bald wird ihnen die Schuld an der tödlichen Krankheit gegeben. Die jüdischen Einwohner wie auch ihre christlichen Freunde, darunter Goldschmied von Weimar und sein Gehilfe Konrad, müssen um ihr Leben fürchten. Gleichzeitig sehen die vermeintlich reichen Bürger der Stadt ihre Chance gekommen, sich ihrer Schulden bei den jüdischen Kreditgebern zu entledigen.
Anschaulich, interessant und sehr authentisch wirkend beschreibt Henry Köhlert, wie es zu der Verfolgung und Ermordung der Erfurter Juden kam. Von Frankreich her kommend zieht die Pest unaufhaltsam Richtung Erfurt. Je mehr Schreckensnachrichten durch fahrende Händler nach Erfurt gelangen, umso größer wird die Angst der Einwohner. Und schnell sind die Schuldigen für die verheerende Krankheit ausgemacht. Ein Jude hatte in einer anderen Stadt unter der peinlichen Befragung gestanden, dass Juden die Brunnen vergiften würden. So gelange die Seuche in die Stadt.
Da Juden auch im 14. Jahrhundert zumeist nur dem Beruf des Geldverleihers nachgehen konnten und viele Bürger durch Missernten der vergangenen Jahre hoch verschuldet waren, sahen diese natürlich nun eine gute Möglichkeit, sich schnell ihrer Schulden und den drückenden Zinszahlungen zu entledigen. Hinzu kam, dass viele Juden als sehr vermögend galten und hierin noch eine zusätzliche Geldquelle gesehen wurde. So dauert es auch nur wenige Wochen, bis sich auch in Erfurt- getrieben durch Neid und Missgunst - eine hohe Anzahl von Bürgern zusammenschließt und einen Anschlag gegen die Juden plant. Zumal ihnen dies in anderen Städten ja bereits vorgemacht wurde und es in Freiburg wie auch Straßburg bereits zu gewaltsamen Ausschreitungen kam, bei denen auch vor der Verbrennung jüdischer Einwohner nicht halt gemacht wurde.
Henry Köhlert erzählt sehr detailliert, anschaulich und in einer der damaligen Zeit angepassten Sprache zum einen das damalige Leben in der Stadt Erfurt mit seinen ganzen Entbehrungen, Gerüchen und Gewohnheiten. Dies gelingt ihm besonders anschaulich bei dem Besuch des Wochenmarktes von Konrad und seiner Liebsten Maria und einem anschließenden Rundgang durch die Stadt. Zum anderen zeigt er sehr plastisch auf, wie der Hass auf die jüdische Bevölkerung immer größere Ausmaße annimmt, die wildesten Gerüchte geschürt werden und der Aberglaube blüht.
Seinen Roman erzählt der Autor aus Sicht des jungen Gehilfen Konrad. Der stumme junge Mann geht bei Thomas von Weimar in die Lehre. Sein Meister legt mehr Wert auf seinen gesunden Menschenverstand als auf Aberglaube und Gerüchte und so verbindet von Weimar auch eine enge Freundschaft zum Juden von Wiehe. Allerdings gerät die Familie des loyalen, aufgeschlossenen Goldschmieds durch das immer schlechter werdende Ansehen der jüdischen Bevölkerung schon bald ebenfalls in den Fokus der Ausschreitungen.
Die Charaktere des Buches zeichnet der Autor sehr facettenreich und lebendig. Auch hier merkt man, dass Henry Köhlert viel Wert auf Details legt und so wirken alle Mitwirkenden authentisch und überzeugend in ihrem Verhalten. Gut fängt der Autor auch die wahrscheinlich damals vorherrschende Atmosphäre der Stadt Erfurt und die Ängste unter den Einwohnern ein, sodass man hierdurch durchaus nachvollziehen kann, wie es letztendlich zu den fürchterlichen Ausschreitungen und den Morden unter der jüdischen Bevölkerung kam.
Fazit: Manchm