Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 13,49 €
  • Broschiertes Buch

Das amerikanische Kino als globale Unterhaltungsindustrie hat sich seit den 70er Jahren immer wieder erneuert. Motor und Symbol der wiedererstarkten Macht Hollywoods ist der "Blockbuster", ein umfassend vermarktetes, multifunktionales Spektakel. Doch Filme wie CHINATOWN, PULP FICTION oder MEMENTO und viele andere stehen auch für Erfindungsreichtum und Experimentiergeist und bezeugen die kreative Glaubwürdigkeit ihrer Regisseure. Aber wissen wir eigentlich, was diese Filme bedeuten? Vielleicht kann uns das Hollywood-Kino Dinge über unsere zeitgenössische Welt mitteilen, die die anderen Künste…mehr

Produktbeschreibung
Das amerikanische Kino als globale Unterhaltungsindustrie hat sich seit den 70er Jahren immer wieder erneuert. Motor und Symbol der wiedererstarkten Macht Hollywoods ist der "Blockbuster", ein umfassend vermarktetes, multifunktionales Spektakel. Doch Filme wie CHINATOWN, PULP FICTION oder MEMENTO und viele andere stehen auch für Erfindungsreichtum und Experimentiergeist und bezeugen die kreative Glaubwürdigkeit ihrer Regisseure.
Aber wissen wir eigentlich, was diese Filme bedeuten? Vielleicht kann uns das Hollywood-Kino Dinge über unsere zeitgenössische Welt mitteilen, die die anderen Künste aus dem Blick verloren haben. Dieses Buch bietet einen neuen Zugang zum populären amerikanischen Film der letzen 25 Jahre. Eine genaue Lektüre der Erzählformen, der stilistischen Muster und filmischen Referenzen, der Handlungen und Motive der Protagonisten liefert überraschende Ergebnisse.
Autorenporträt
Thomas Elsaesser, geb. 1943, ist Professor für Filmwissenschaft am Institut für Kunst und Kultur der Universität Amsterdam; zuvor Lehrtätigkeit in Großbritannien und den USA. Zahlreiche Publikationen zur Filmgeschichte, vor allem in englischer Sprache, seit einigen Jahren zunehmend auch in deutsch beziehungsweise deutscher Übersetzung. Zahlreiche Bücher als Autor und Herausgeber.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.06.2009

Kunstwerke in Bewegung
Thomas Elsaesser untersucht die wichtigsten Tendenzen des neueren Hollywoods

Keine Monographie, sondern eine Schriftensammlung ist er, der lange erwartete erste Band der Reihe "Deep Focus". Studien mit betont wissenschaftlichem Interesse will der Verlag Bertz + Fischer hier veröffentlichen, ein Anspruch, den die bereits erschienenen Bücher zu Ritual und Verführung, Splatter Movies und filmischem Raum nicht nur pflichtbewusst einlösen, sondern oft auch mit überraschend unkonventionellen Erkenntnissen zur Geltung bringen. Mit Thomas Elsaesser eröffnet nun einer der prominentesten Filmwissenschaftler ad posteriorum die Reihe, und ihm gelingt in seiner Diskussion des kontemporären Hollywood-Kinos ein geradezu mustergültiger Kurzschluss von akademischer Prosa mit essayistischer Reflexion.

Elsaesser arbeitet nicht traditionell hermeneutisch, sondern verfolgt eine symptomatische Lektüre im Sinne des (von ihm allerdings nicht zitierten) algerisch-französischen Philosophen Louis Althusser, der in den sechziger Jahren das marxistische Denken durch strukturalistische Tätigkeit vom Humanismus befreien wollte. Wie Althusser sucht Elsaesser nach dem präsenten Abwesenden im Kino, dem unsichtbaren Sichtbaren - eine vervielfältigende Analyse ist das, des Gesagten ebenso wie des Nichtgesagten: "in dem Maße, wie sie in einem einzigen Prozess das Verborgene in dem gelesenen Text enthüllt und es auf einen anderen Text bezieht, der - in notwendiger Abwesenheit - in dem ersten Text präsent ist" (Althusser). Immer wieder fällt der Blick auf den Punkt, von dem aus das Kino sieht und den es daher selbst nicht sehen kann. Das Sichtbare wird in der Analyse nicht nur auf die Figuren der Fiktion fokussiert, sondern stattdessen vor die Leinwand auf den Zuschauer zentriert.

Dabei bringt Elsaesser eine hochgradig eklektizistische Meta-Theorie aus sich bisweilen widersprechenden, gegenseitig ausschließenden Methodiken zur Anwendung. Lacansche Psychoanalyse, Derridasche Dekonstruktion, Foucaultsche Diskursanalyse, Hallsche Cultural Studies, Deleuzesche Philosophie und Bordwellscher Formalismus sind zu einem dispersiven Amalgam verschmolzen, das keine Syntheseleistung erbringen will. Wichtig ist dem Autor eine Pluralität der Perspektiven, die jeweils situativ auf ihr epistemologisches Potential befragt werden.

Freudianische Schlüsselkonzepte wie Ödipuskomplex, Kastration und Trauma leiten durch paradigmatische close readings, die vom Actionfilm (McTiernans "Die Hard") über den Horrorfilm (Coppolas "Bram Stoker's Dracula"), den Thriller (Demmes "Silence of the Lambs"), das Americana (Zemeckis' "Back to the Future" und "Forrest Gump") und den Neo-Noir (Polanskis "Chinatown", Nolans "Memento") bis hin zu mindgame movies jüngster Couleur (Howards "A Beautiful Mind", Kellys "Donnie Darko") die wichtigsten Tendenzen des Hollywood-Kinos seit den siebziger Jahren thematisch werden lassen. Wieder und wieder gelingen Elsaesser hier originelle Studien mit meist verblüffenden Resultaten. Als Höhepunkt könnte vielleicht das finale Kapitel zum Kino der Gedankenspiele gelten, das, so der Autor, den Zuschauer vor dem Hintergrund einer spätmodernen Kontrollgesellschaft dazu befähigen beziehungsweise zwingen wolle, "in den selbstregulierenden Mechanismen der ideologischen Reproduktion, für die ein sich ständig veränderndes Training und Lernen heutzutage eine lebenslange Verpflichtung sind, regelgerecht teilzunehmen".

An konzisen Definitionen des Klassischen wie des Postklassischen hingegen spart der Band eher, und auch über eine letzte Notwendigkeit der Differenzierung zwischen Klassik und Postklassik wird wenig ausgesagt. Elsaesser begreift beide Termini nicht als binäre Gegensätze, sondern als potentiell simultan wirkende Strategien. Das Postklassische sei kein Antiklassizismus, sondern ein exzessiv Klassisches, ein Klassisches plus X. Doch greift die Differenzierung zwischen Offen- und Geschlossenheit, Bewegungs- und Zeitbild wirklich - selbst wenn die jeweiligen Qualitäten nur abgeleitet und nicht gegenübergestellt werden? Auch im klassischen Hollywood-Kino ist das Ganze doch immer schon als ein Fragment konzipiert, mit Bewegungen, die ihren ganz eigenen Bezug zur Zeit herstellen: bei André de Toth oder Jacques Tourneur, Edgar G. Ulmer oder Joseph H. Lewis, Budd Boetticher oder Anthony Mann. Denkt es nicht die Aktion eher, als ihr bloß anheimzufallen? Hat das amerikanische Kino nicht stets bereits hergestellt, was Umberto Eco so fasziniert, das heißt "Kunstwerke in Bewegung"? Selbst die linearste Narration tendiert zur Inkonsistenz und Arbitrarität, bevorzugt das Mehrdeutige gegenüber dem Eindeutigen, das Produktive gegenüber dem Erschöpfenden. Weil das Sichtbare polysemisch wirkt, auch im Konkreten stets irritiert und anregt. Nicht als Verpflichtung, sondern als Möglichkeit.

IVO RITZER

Thomas Elsaesser: "Hollywood heute". Geschichte, Gender und Nation im postklassischen Kino. Bertz + Fischer, Berlin 2009. 272 S., br., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.07.2009

Die Verzweiflung der Lässigen in einer Welt infantiler Grausamkeit
Warum man als Held die Brust entblößt: Thomas Elsaesser entdeckt im Kino imaginäre Lösungen sehr realer Probleme
Hollywood taugt nichts! Auf dieses Vorurteil können sich immer noch erstaunlich viele einigen: Bildungsbürger, die aus falsch verstandener Cinéphilie allein auf das europäische Kunstkino schwören, und Linke, die das Massenentertaiment im festen Griff von Kapital und Patriarchat wähnen. Der Filmwissenschaftler Thomas Elsaesser, der nach seiner Emeritierung in Amsterdam inzwischen in Yale lehrt, ist anderer Ansicht: Er begreift das aktuelle amerikanische Kino weder als bloßen Kommerz noch als endlose Perpetuierung einer Verblendungsstrategie.
Damit schließt er an die Tradition der französischen Filmpublizistik an, die schon in den Fünfzigern Hitchcock, Howard Hawks und John Ford als große Künstler verehrte. Allerdings geht es Elsaesser nicht um „die persönliche Handschrift der Regisseure oder deren Selbstdarstellung”. Sein kulturwissenschaftlich geschulter Blick richtet sich vielmehr auf Filme als Symptome, als „Bilderrätsel einer neuen Weltordnung”.
In „Pulp Fiction” erkennt er daher mehr als das altklug-alexandrinische Zitatspiel eines professionellen Nerds. Tarantinos bekanntestes Werk ist für Elsaesser ein „Film über Männlichkeit”, eine „Trauerarbeit”, die dem „ideologischen Material des amerikanischen Selbstverständnisses” gilt. Die Reifung zum Mann, die im Genrekino sonst so gerne beschrieben wird, fällt hier aus.
Auf ihrer Initiationsreise gelangen die Figuren nicht auf einer höheren Ebene zu sich selbst, sondern „in eine Welt der infantilen Grausamkeit, des Schmerzes und der Macht”, aus der es kein Entkommen gibt. Übrig bleibt nur ein „verzweifelt lässiger” Gestus, der sich auch aus dem Wunsch erklärt, so hip und cool, so selbstsicher und sexuell attraktiv zu sein wie die afroamerikanischen Ikonen der Popmusik und der Blaxploitation-Filme.
„Pulp Fiction” ist ein manieristisches Spätwerk, wie es nur in postklassischen Zeiten entstehen kann. Oft ist es aber gar nicht einfach zu beschreiben, was die Filme des Old Hollywood, die vor Mitte der Sechziger entstanden sind, von jüngeren Produktionen genau unterscheidet. Entsprechend stark divergieren die Positionen der Wissenschaftler: Wo manche von ihnen eine scharfe Trennung wahrnehmen, weisen andere auf eine kaum gebrochene Kontinuität hin, die von der Zeit um 1920 bis in die Gegenwart reicht. Im umfangreichsten Kapitel seines Buches, das sich „Die Hard” widmet, erläutert Elsaesser, dass es gute Gründe für beide Ansichten gibt.
So lassen sich in „Die Hard” einerseits wesentliche Merkmale der klassischen Hollywoodästhetik ausmachen: Der Film ertrinkt keineswegs im Actionspektakel, und nach wie vor gibt es eine zielorientierte Hauptfigur, die innerhalb einer klar strukturierten Handlung agiert. Andererseits verkörpert Bruce Willis einen neuen Typ von Helden. Und dies zunächst in einem sehr wörtlichen Sinne: Wie vor ihm schon Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger stellt er seinen zur Hälfte entblößten, durch Bodybuilding gestärkten Körper in einer Weise zur Schau, die im klassischen Kino nur in Ausnahmefällen üblich gewesen ist.
Merkwürdig gebrochen erscheint diese Hypervirilität aber durch die massiven Verletzungen, die er im Laufe des Films erleidet: „Sie sind Teil seiner ,Feminisierung‘, seiner schmerzhaften Reise zur Entschuldigung, seines Lernens, verwundbar zu sein, seiner Anerkennung der Innen- und Unterseite seiner knallharten Widerstandsfähigkeit und seines muskelbepackten Männlichkeitspanzers.” Dieser blutende, geschundene Held ist eine mildere Variante der Trauma-Opfer und lebenden Toten, die durch das Post-Mortem-Kino von „Memento” (2000) oder „The Sixth Sense” (1999) irren.
„Hollywood Heute” ist aus einer Reihe von Aufsätzen hervorgegangen, die für die zusammenhängende Publikation zum Teil überarbeitet worden sind. Dennoch merkt man den heterogenen Ursprung; mehrfach kommt es zu Überschneidungen und Wiederholungen. Auch innerhalb der einzelnen Texte ist der Aufbau mitunter etwas unübersichtlich; und leider hat Elsaesser nicht der Versuchung widerstehen können, jeden Einfall, jede Lesefrucht zumindest kurz zu erwähnen.
Anrechnen muss man ihm allerdings, dass der reich bestückte theoretische Hintergrund, vor dem er argumentiert, nie zu Unverständlichkeit führt. Im Anschluss an das Mythenverständnis von Lévi-Strauss definiert Elsaesser die Filme, die er untersucht, als „imaginäre Lösungen für reale Probleme”. Wer aus dieser Perspektive etwas über das Kino der letzten zwanzig Jahre erfahren will, ist mit „Hollywood Heute” gut aufgehoben. CHRISTOPH HAAS
THOMAS ELSAESSER: Hollywood heute. Geschichte, Gender und Nation im postklassischen Kino. Aus dem Amerikanischen von Frank Born, Matthias Brütsch u.a. Bertz und Fischer Verlag, Berlin 2009. 272 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ist die Ablehnung des Hollywood-Kinos als kommerzielle Illusionsmaschine heute weit verbreitet, schlägt der Filmwissenschaftler Thomas Elsaesser ihm mit seinem Buch eine Bresche, konstatiert Christoph Haas. Der heute in Yale lehrende Autor sieht in Filmen wie "Pulp Fiktion" oder "Die Hard" Themen wie "Männlichkeit" oder "Trauerarbeit" in typisch "postklassischer" Weise verarbeitet, erklärt der Rezensent durchaus überzeugt. Etwas störend findet Haas die Redundanzen und Überschneidungen, die das aus verschiedenen Aufsätzen hervorgegangene Buch aufweist, und auch die Struktur der einzelnen Kapitel bietet in seinen Augen nicht immer die nötige Übersichtlichkeit. Auch hätte Elsaesser nicht jeden Fund seiner extensiven Lektüre zum Thema verarbeiten müssen, so der Rezensent leise tadelnd, der dafür betont, dass trotz des reichhaltigen theoretischen Hintergrunds der Ausführungen die Verständlichkeit nicht leidet. Alles in allem aber spricht Haas eine Empfehlung für den Band für diejenigen aus, die sich mit dem Hollywoodfilm von heute beschäftigen wollen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Thomas Elsaesser gelingt in seiner Diskussion des kontemporären Hollywood-Kinos ein geradezu mustergültiger Kurzschluss von akademischer Prosa mit essayistischer Reflexion." (FAZ) / "Mehrdeutig, aber nicht beliebig. Und wirklich sehr schlau." (epd Film) / "Im Anschluss an das Mythenverständnis von Lévi-Strauss definiert Elsaesser die Filme, die er untersucht, als "imaginäre Lösungen für reale Probleme". Wer aus dieser Perspektive etwas über das Kino der letzten zwanzig Jahre erfahren will, ist bei Hollywood heute gut aufgehoben." (Süddeutsche Zeitung) / "Auf sehr komplexe Weise erschließt Elsaesser das Personal, die Konflikte, die Dramaturgien, die Räume, die Bilder, die Zeitebenen und die damit verbundenen Wirkungen der genannten Filme. Seine Methode ist exemplarisch, er zieht andere Filme zum Vergleich heran, er geht in die Tiefe. Für seine Lesart findet er zitierbare Unterstützung, aber er grenzt sich auch immer wieder gegen zu kurz greifende Interpretationen der Filme ab. ImEndeffekt ist dies ein Lehrbuch über den intelligenten Umgang mit dem so oft verachteten Hollywood-Kino." (Hans Helmut Prinzler) / "Hollywood heute illustriert, dass das populäre Kino weit von einer kulturindustriellen Verblendungs- und Verblödungsmaschine entfernt ist, und macht die Filme stattdessen als höchst professionell konstruierte Texte, virtuos orchestrierte Erlebniswelten und vielschichtige Diskursformationen lesbar. Während es Elsaesser so gelingt, die "Liebe zum klassischen amerikanischen Handlungskino noch einmal [zu] bekräftigen", stellt die gewohnt sorgfältige Verlagsarbeit bei Bertz + Fischer ihrerseits einmal mehr die Liebe zum gut gemachten Filmbuch unter Beweis." (Testcard)…mehr