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Goya brauchte nicht das Ende des 20. Jahrhunderts abzuwarten; er musste schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts einsehen, dass sich die Kultur, vom Geist des Christentums geformt und am Leben gehalten wurde, keineswegs auf die Erfüllung der Heilsgeschichte zubewegt. Doch statt sich- wie an einen Rettungsring- an eine Ideologie zu klammern und das jeweilige Schlechte mit der jeweils gegebenen unvollkommenen Einrichtung der Welt zu erklären (sich also damit zu trösten, dass mit der Korektur der Umstände das Schlechteste dereinst endgültig ausgerottet werden kann), zog er die Schöpfung selbst zur…mehr

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Produktbeschreibung
Goya brauchte nicht das Ende des 20. Jahrhunderts abzuwarten; er musste schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts einsehen, dass sich die Kultur, vom Geist des Christentums geformt und am Leben gehalten wurde, keineswegs auf die Erfüllung der Heilsgeschichte zubewegt. Doch statt sich- wie an einen Rettungsring- an eine Ideologie zu klammern und das jeweilige Schlechte mit der jeweils gegebenen unvollkommenen Einrichtung der Welt zu erklären (sich also damit zu trösten, dass mit der Korektur der Umstände das Schlechteste dereinst endgültig ausgerottet werden kann), zog er die Schöpfung selbst zur Verantwortung. Seine Malerei ist nicht aufgeklärt, sondern apokalyptisch.Der Saturn, dieses geistige Selbstportraits Goyas, taucht den immer um Lösungen und Aufklärung bemühten Geist in das Erlebnis der Unlösbarkeit und Dunkelheit. Das macht das Bild so erschreckend und so beunruhigend; und es wäre nicht so illusionslos, wenn es nicht vom ersten Blick an fühlen ließe, dass hinter dem ihm abgepressten Antworten immer das Unbeantwortbare spuken wird, dieses an einen menschenfressenden Riesen erinnernde, bedrohliche Gespenst.Goyas Saturn wurde zu einem der erschreckendsten Schöpfungen der gesamten europäischen Kultur: Er will nicht in der Welt einen Platz für das Unheimliche suchen und sucht nicht innerhalb der Welt eine Erklärung für es (macht nicht das schlechte Funktionieren der Institutionen verantwortlich, kritisiert nicht die Gesellschaft, möchte nicht einfach aufklären), sondern entdeckt es in Gott selbst.
Autorenporträt
László F. Földényi, 1952 in Debrecen (Ungarn) geboren, ist Kunsttheoretiker, Literaturwissenschaftler und Essayist. Er zählt zu den bedeutendsten ungarischen Intellektuellen und leitet als Professor den Lehrstuhl für Kunsttheorie an der Akademie für Theater und Film, Budapest. Er ist Herausgeber der gesammelten Werke von Heinrich von Kleist in ungarischer Sprache und u.a. Friedrich-Gundolf-Preisträger. Seit 2009 ist er Mitglied der der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Für sein Werk Lob der Melancholie. Rätselhafte Botschaften wird er mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2020 ausgezeichnet.