Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 28,13 €
  • Gebundenes Buch

Potemkinsche Dörfer zwischen Pinien: In ganz Italien wurden unter Mussolinis Diktatur sogenannte Borghi gebaut, am Reißbrett geplante Mustersiedlungen im Sinne der proklamierten faschistischen Agrarreform. Besonders in Sizilien stehen sie nach wie vor leer, sind Kulissendörfer geblieben. Johanna Diehl (geb. 1977) dokumentiert in ihrer puristisch-strengen Serie Borgo mit der Plattenkamera über 20 dieser utopischen Plansiedlungen und zeigt sie als geisterhafte Theaterszenerien mitsamt Parteigebäuden und Triumphbögen. In der Folge Romanità untersucht die Fotografin Materialien und Bildprogramme…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Potemkinsche Dörfer zwischen Pinien: In ganz Italien wurden unter Mussolinis Diktatur sogenannte Borghi gebaut, am Reißbrett geplante Mustersiedlungen im Sinne der proklamierten faschistischen Agrarreform. Besonders in Sizilien stehen sie nach wie vor leer, sind Kulissendörfer geblieben. Johanna Diehl (geb. 1977) dokumentiert in ihrer puristisch-strengen Serie Borgo mit der Plattenkamera über 20 dieser utopischen Plansiedlungen und zeigt sie als geisterhafte Theaterszenerien mitsamt Parteigebäuden und Triumphbögen. In der Folge Romanità untersucht die Fotografin Materialien und Bildprogramme öffentlicher Gebäude Roms aus dieser Zeit: Marmor und martialische Fresken schlagen historische Bögen vom alten Rom bis zum Faschismus und bestimmen bis heute die Atmosphäre in Ministerien und im Kongresszentrum der Stadt. In Alleanza findet Diehl architektonische Belege für eine unheilige Allianz zwischen Kirche und Staat in den Jahren der Diktatur, wie sie in der Formensprache damaliger pathetischer Kirchenbauten Ausdruck fand.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.12.2014

Das Tröstliche der Melancholie

Johanna Diehl ist so etwas wie die Archäologin unter den zeitgenössischen Fotografen. Mit chirurgisch-kühlem Blick legt sie Schicht um Schicht einer Vergangenheit frei, die von der Patina der Zeitläufte überlagert wurde. Dazu sucht sie mit ihrer Plattenkamera aufgegebene Kirchen und verlassene Dörfern auf. Das streng Dokumentarische ihrer Aufnahmen erinnert bisweilen an die Sehweise der Becher-Schule. Doch strahlen ihre Bilder zugleich eine eigene Aura von Melancholie aus und wirken in ihrer zerbrechlichen Schönheit bisweilen fast schon tröstlich. In dem Fotoband "Borgo Romanità Alleanza" sind nun Diehls schönste Architekturfotografien versammelt. Die neununddreißig Jahre alte Fotokünstlerin befasst sich darin mit dem Pathos faschistischer Architektur und Kunst - die anders als bei uns in Italien nicht negativ besetzt, sondern nach wie vor ganz selbstverständlich ein Teil des Stadtbildes und öffentlicher Ämter ist. Der Zyklus "Borgo" zeigt unter Mussolini gebaute Mustersiedlungen im Stil der neoromanischen Moderne. Potemkinschen Dörfern gleich, stehen die Rathäuser, Schulen und Kirchen wie Filmkulissen in der Einsamkeit der kargen sizilianischen Landschaft. Mussolini ist es nie gelungen, die Menschen aus den Städten zum Umzug aufs Land zu bewegen. Um die Gleichzeitigkeit vom Gestern und Heute geht es auch im Zyklus "Romanità". Er führt in Amtsstuben, in denen kraftstrotzende römische Krieger über schweres Mobiliar aus Holz und Leder wachen. Es ist eine seltsame Ambiguität der Gefühle, die diese Bilder hervorrufen. So sehr man sich der propagandistischen Suggestivität des Stils entziehen möchte, fühlt man sich von der strengen Schönheit des Razionalismo dennoch angezogen.

Nag.

"Borgo Romanità Alleanza" von Johanna Diehl. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 2014. 160 Seiten, 71 Abbildungen. Gebunden, 40 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr