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Sie wurden nicht als Stars gefeiert, auch nicht mit einer Rolle nach der anderen besetzt - aber der Erfolg der DEFA-Filme vom "Kleinen Muck" über den "Tapferen Schulschwänzer" bis zur "Dicken Tilla" hing maßgeblich von den Leistungen der Kinderdarsteller ab. Der Filmjournalist Knut Elstermann hat vierzehn einstige Filmkinder befragt: wie sie zum Film kamen, wie die Arbeit mit den Regisseuren aussah, vor allem aber, wie ihr Leben nach dem Film verlief. Bilder von den Dreharbeiten erlauben einen Blick hinter die Kulissen, und zahlreiche Filmfotos erinnern an Filme, die Millionen Zuschauer bewegten.…mehr

Produktbeschreibung
Sie wurden nicht als Stars gefeiert, auch nicht mit einer Rolle nach der anderen besetzt - aber der Erfolg der DEFA-Filme vom "Kleinen Muck" über den "Tapferen Schulschwänzer" bis zur "Dicken Tilla" hing maßgeblich von den Leistungen der Kinderdarsteller ab. Der Filmjournalist Knut Elstermann hat vierzehn einstige Filmkinder befragt: wie sie zum Film kamen, wie die Arbeit mit den Regisseuren aussah, vor allem aber, wie ihr Leben nach dem Film verlief. Bilder von den Dreharbeiten erlauben einen Blick hinter die Kulissen, und zahlreiche Filmfotos erinnern an Filme, die Millionen Zuschauer bewegten.
Autorenporträt
Knut Elstermann, geb. 1960 in Berlin. Journalist, Filmkritiker, Moderator bei RadioEins. Zahlreiche Arbeiten für Hörfunk und Fernsehen u.a. über das Kino in Russland und Israel, die DEFA und Babelsberg, Volker Schlöndorff und Andreas Dresen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2011

Ottokars Ankunft im Leben
Spiegelbilder: Vierzehn Erzählungen über die einstigen Kinderdarsteller der Defa

Es kommt nicht oft vor, dass Filmgeschichte derart anschaulich und genau erzählt wird. Knut Elstermann, Buchautor und Rundfunkmoderator, kann es, das beweist sein Buch über vierzehn Kinderdarsteller der Defa. Es bündelt persönliche Erinnerungen mit neugierigen Fragen, welche die kleinen Filmhelden von gestern offenbar gern beantworteten, vor allem die nach ihrem Leben danach. Wie vielen seiner Generation steht Elstermann bis heute der kleine Muck in Wolfgang Staudtes Adaption des Märchens von Wilhelm Hauff aus dem Jahr 1953 vor Augen, aber auch der Weltverbesserer Ottokar in Hans Kratzerts Verfilmung eines beliebten Kinderbuchs von Otto Häuser von 1977 - und natürlich die kesse Prinzessin Gritta in Jürgen Brauers subversiv verspieltem Film "Gritta von Rattenzuhausbeiuns", frei nach Bettina von Arnim 1984 gedreht.

Die Porträts beginnen mit dem ersten Eindruck beim Wiedersehen. Was in diesen Gesichtern erinnert noch an die jungen Menschen, die sie einst auf der Leinwand waren? Kinder können, wenn sie nicht zu Stars verbildet werden - was die Defa zu vermeiden suchte -, nur sich selbst spielen, und darum ist die Suche nach dem "richtigen" Darsteller beim Kinderfilm ebenso wichtig wie aufwendig. Allein ein finanziell gesicherter Filmbetrieb, wie es die Defa dank staatlicher Kontrolle war, kann sich ein wochenlanges Casting in Schulen und Jugendeinrichtungen leisten - auch eine Erklärung dafür, weshalb es um den deutschen Kinderfilm derzeit so schlecht bestellt ist.

Nur wenige der "Filmkinder", wie Elstermann sie nennt, haben später eine künstlerische Richtung eingeschlagen. Aus dem kleinen Muck Thomas Schmidt wurde ein Medizinprofessor in Hannover, den tiefe Rührung überkam, als er 2007, ein Jahr vor seinem Tod, im Erlebnispark Babelsberg noch einmal in den Kulissen seines Films stand. Am 17. Juni 1953 waren russische Panzer am Drehgelände vorbeigedonnert, und Wolfgang Staudte beschwerte sich über den Lärm. Lars Hermann dagegen, der kleine Weltverbesserer von 1977, schlägt sich heute nach manchen Turbulenzen als Fernfahrer durch. Nur der begabte Peter Welz in Heiner Carows großartigem Kinderfilm für Erwachsene, "Ikarus", drehte später selbst, mit Wut im Herzen, traurige Filme ("Banale Tage", "Burning Life").

Hinter den Gesichtern der längst nicht mehr jungen Darsteller taucht die Geschichte eines verlorenen Landes auf. Schien die Hoffnung auf eine bessere Zukunft 1964 in Rolf Losanskys Regiedebüt "Die Suche nach dem wunderbaren Vögelchen" (nach Franz Fühmann) zum Greifen nah, so erprobte bereits drei Jahre später Winfried Junge in seinem einzigen Spielfilm "Der tapfere Schulschwänzer" den Kitzel des Subversiven. In Hermann Zschoches "Insel der Schwäne" (1983), in dem das "Neue Deutschland" einen Angriff auf das DDR-Wohnungsbauprogramm erkannte, war dann, wie der Autor richtig feststellt, "von den Erwachsenen nichts (mehr) zu erwarten".

"Die Defa-Kinderfilme nahmen die Werte sehr ernst, die im politischen Alltag der DDR längst zu hohlen Phrasen erstarrt waren", schreibt Elstermann. Weil aber viele der Filme in der Gegenwart spielten, wurden sie "unverfälschte Spiegelbilder des Alltags". Wie dieser sind sie nun ein Stück Geschichte geworden. Fast verwundert reiben sich die kleinen Akteure von einst heute die Augen, wenn sie an die Drehtage in Babelsberg zurückdenken: als wären sie ein Versprechen auf die nicht eingelöste Zukunft gewesen.

HANS-JÖRG ROTHER

Knut Elstermann: "Früher war ich Filmkind. Die Defa und ihre jüngsten Darsteller".

Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2011. 224 S., zahlreiche Abb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Hans-Jörg Rother ist glücklich über dieses Stück Defa-Filmgeschichte, frischt es doch seine Erinnerungen an einige besonders schöne Kinderfilme längst vergangener Tage auf. Knut Elstermann verstehe es dabei prächtig, Anschaulichkeit und Genauigkeit miteinander zu verbinden, schreibt der Rezensent und hält dies für kein geringes Verdienst. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen die Hauptdarsteller der Filme, erfahren wir. Elstermann habe sie interviewt und sich ihren späteren Werdegang erzählen lassen. Aber auch bezüglich der Produktionsbedingungen der Defa-Filme hat der Rezensent Interessantes erfahren. In wochenlangen Castings seien die Kinderdarsteller ermittelt worden - ein auch finanzieller Aufwand, den die Defa nur habe betreiben können, weil es sich um einen staatlichen Betrieb gehandelt habe, so Rother. Dem deutsche Kinderfilm der Gegenwart seien hier weitaus engere Grenzen gesetzt, wodurch sich seine geringe Qualität teilweise erklären lasse. Schließlich schätzt der Rezensent, dass Elstermann quasi nebenbei die "Geschichte eines verlorenen Landes" miterzählt.

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