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Produktdetails
  • Verlag: FinanzBuch Verlag
  • Seitenzahl: 200
  • Erscheinungstermin: 18. November 2010
  • Deutsch
  • Abmessung: 233mm x 153mm x 20mm
  • Gewicht: 502g
  • ISBN-13: 9783898795975
  • ISBN-10: 3898795977
  • Artikelnr.: 29828074
Autorenporträt
Schweinsberg, KlausProfessor Dr. Klaus Schweinsberg ist langjähriger Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins Capital und ist heute Direktor des Centrums für Strategie und Höhere Führung sowie Partner der Intes Akademie für Familienunternehmen. Er doziert an verschiedenen Hochschulen und wurde 2009 vom World Economic Forum in den Kreis der Young Global Leader berufen. Er hat an den Universitäten Fribourg (Schweiz), Siena (Italien) und St. Andrews (Schottland) Wirtschaftspolitik studiert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.01.2011

Wirtschaftsbücher
Eine Volkswirtschaft
schafft sich ab
Diesmal sind wir nicht Papst. „Wir sind Griechenland“ und steuern auf den Staatsbankrott zu. Rot-Grün in NRW hat es vorgemacht, Rot-Grün im Bund wird es nachmachen, und die Pleite ist greifbar nahe. Der Finanzwissenschaftler Klaus Schweinsberg zeichnet eines von vielen Szenarien aus dem Jahr 2013. Es ist nicht sein bestes, aber es zeigt, wie aktuell der Autor in Bezug auf mögliche Katastrophen bleibt, die unserer Gesellschaft drohen. Der ehemalige Chefredakteur der Zeitschrift Capital ist nicht allein; er zitiert Experten wie den Wirtschaftswissenschaftler Walter Wittmann, Emeritus aus Fribourg. Auch ihm zufolge dürfen wir „davon ausgehen, dass Deutschland seine Staatsfinanzen nicht sanieren wird“.
Doch der drohende Staatsbankrott ist nur eine von acht Wirkmächten, die uns in dieser Dekade der schlechten Zeiten entgegentreibt. Auch politische und gesellschaftliche Faktoren arbeiten daran mit, dass der schöne Wohlfahrtsstaat immer mehr an Tragfestigkeit verliert. Der Rückzug ins Private gehört ebenfalls dazu. Dass die SPD vor 30 Jahren noch allein so viele Mitglieder hatte wie heute CDU, CSU und SPD zusammen, veranschaulicht das sinkende Interesse an politischer Mitwirkung auf erschreckende Weise. Diesen Schwund können auch Grüne, Linke und FDP nicht wettmachen. Auch von anderen Institutionen wendet sich der Bürger ab; man ist fast versucht zu sagen: Wer früher brav zur Kirche ging, schaut heute brav RTL2.
Schweinsberg formuliert seine Erkenntnisse ohne Umschweife: Die Abschaffung der Wehrpflicht ist falsch, weil dann noch weniger Menschen unterschiedlicher Schichten aufeinandertreffen, und weil sich junge Menschen in den Dienst der Gemeinschaft stellen sollten – wenigstens ein Jahr lang. Er prangert die Verhältnisse in Ungarn an und malt das Bild eines Zigeunerpogroms im Jahr 2015 an die Wand. Hierzulande ist der Durchbruch der Rechten bislang nur deswegen ausgeblieben, so der Autor, weil es ihr an attraktivem Führungspersonal mangele. Dass der frühere ZDF-Journalist Steffen Seibert dem Bundespresseamt vorsteht, liest man im Kapitel über „die fatale Renaissance der Gesinnungspublizistik“, und spätestens hier offenbart sich die Schonungslosigkeit und Unabhängigkeit, mit der Schweinsberg schreibt. Inflation, Euro und mangelndes Wachstum sind weitere Faktoren auf dem Weg nach unten. Nicht jedes Szenario wird eintreffen – das hofft vermutlich auch der Autor selbst. Allerdings ist unsere aktuelle Krise auch nicht die erste. Schweinsberg hat von Luther bis Wilhelm II. fünf Systembrüche untersucht und zeigt Parallelen zu zeitgenössischen Zerfallsprozessen auf.
Trotz aller Warnungen liegt ein positives Buch vor, denn der Autor, der die Intes Stiftung für Familienunternehmen leitet, gibt mehrere Vorschläge zur Umkehr: Ein gemäßigter Föderalismus dürfte nicht nur Bundesrat und Bundestag endlich wieder sinnvoll miteinander arbeiten lassen; hier sind vermutlich auch Milliardenbeträge einzusparen. Strafen bei Brechen des Stabilitätspaktes. Weniger Einfluss für Lobbyisten. Eine Regierung mit Handlungsspielraum. Mehrheitswahlrecht, Volksabstimmungen.
Es kommen auch selten gehörte Vorschläge: Dax-Vorstände sollen mehrere Tage im Jahr soziale Dienste in Suppenküche oder Altersheim verrichten, auch für jeden Einzelnen soll der ehrenamtliche Einsatz für die Gesellschaft Pflicht sein. Am Schluss nennt Schweinsberg das Wort, dessen Mangel uns alle erst in die Krise hineingebracht hat: Demut. So gibt es eine gute Nachricht. Wenn wir uns ein bisschen anstrengen, sind wir noch zu retten. Ulrich Brömmling
Klaus Schweinsberg: Sind wir noch zu retten? Warum Staat, Markt und Gesellschaft auf einen Systemkollaps zusteuern. Finanzbuch-Verlag, München 2010. 235 Seiten. 19,95 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2011

Endzeitstimmung
Klaus Schweinsberg ergeht sich in Katastrophenszenarien

Dieses Buch kommt zur falschen Zeit - es kommt zu spät. Die Krise ist doch vorbei, hören wir überall. Deutschlands Wirtschaft erholt sich, vielen Unternehmen geht es glänzend; die Beschäftigung steigt, das staatliche Haushaltsdefizit ist zwar noch extrem hoch, wird aber nach der Planung des Finanzministers in den kommenden Jahren sinken. Wieso sollen dann "Staat, Markt und Gesellschaft in den nächsten Jahren vor dem Kollaps" stehen, wie der Publizist Klaus Schweinsberg schreibt? Auch in den Vereinigten Staaten sind die Sorgen vor einem Rückfall in die Rezession inzwischen am Abklingen. Aufgepäppelt mit einer Extra-Portion billigen Geldes, geht das Wachstum von neuem los. Warum also Sorgen machen?

Der frühere "Capital"-Chefredakteur Schweinsberg, der an verschiedenen Hochschulen lehrt und im Aufsichtsrat einer Bank sitzt, schreibt gegen den aufkommenden Optimismus an. Er analysiert, warum die Krise doch noch keineswegs ausgestanden ist. Stakkatoartig werden in kleinen Kapiteln sämtliche schwelenden Krisenherde aufgezählt; Dem Leser wird jeweils der schlechtestmögliche Ausgang als der wahrscheinliche insinuiert.

Wer den "Wir sind gestärkt aus der Krise gekommen"-Optimismus voreilig findet, wird hier bestätigt. Schweinsberg hält den Konjunkturaufschwung nur für einen vorübergehenden Schub, der eine tiefer sitzende Wachstumsschwäche überdeckt. Er argumentiert dabei mit der interessanten, aber umstrittenen Theorie der Kondratieff-Zyklen. Die Innovationswelle der Informations- und Kommunikationstechnik sei am Verebben und bringe keinen bedeutenden volkswirtschaftlichen Mehrwert mehr, meint er.

Auch wer an diese spezielle Theorie nicht glaubt, kann doch die Sorge teilen, dass in den westlichen Volkswirtschaften das Potentialwachstum künftig erheblich vermindert ist: Von den Schuldenbergen und den geldpolitischen Altlasten nach den Rettungsorgien über die düsteren demographischen Perspektiven führt Schweinsberg den Leser zu drohenden Verteilungskonflikten und zur Krise der Europäischen Union und dem drohenden Staatsbankrott einiger EU-Länder.

Das Euro-Experiment sei "außer Kontrolle" geraten, schreibt er. Zugleich teilt er aber säuerliche Seitenhiebe gegen nicht namentlich genannte Euro-Kritiker aus, die schon früher gewarnt haben. Fatalistisch erklärt Schweinsberg, warum trotz aller Fehlentwicklungen der Euro das Schicksal der Deutschen und "alternativlos" sein soll. Ein verschärfter Stabilitätspakt soll's richten.

So schwankt das Buch zwischen Fundamentalkritik und Angst vor fundamentalen politischen Änderungen. Nach Überzeugung des Autors steht in diesem Jahrzehnt eine geschichtliche Zäsur an. Er sieht "beängstigende Parallelen zu den Systembrüchen 1517, 1618, 1713, 1815 und 1914" - so unterschiedlich die mit diesen Daten verbundenen Wenden auch waren. Das Geschichtsmuster, das er in der Einleitung skizziert, ohne wirklich zu erklären, warum es stets im zweiten Jahrzehnt eines Jahrhunderts zu einer schweren Krise kommt (ob politisch-religiöse Umwälzung oder gar Krieg), mündet am Schluss in einem längeren Abschnitt über den drohenden Vormarsch rechtspopulistischer Kräfte, die in Europa die politische Landschaft umwühlen. Dabei ergeht sich der Autor in derart alarmistischer "Political Fiction", dass die Warnung ermüdend und überzogen wirkt.

Um einer Spaltung der deutschen Gesellschaft entgegenzuwirken, plädiert Schweinsberg, der auch an der Führungsakademie der Bundeswehr unterrichtet, für ein soziales Dienstjahr für alle jungen Menschen. Zu den starken Seiten des Buches gehören die Analysen der Fehlentwicklungen unseres politischen Systems und der Versäumnisse der etablierten Parteien. Sie haben die Lage schöngeredet und sich vor harten Konsequenzen gedrückt. Die Kluft zwischen der politischen Klasse und den Bürgern wächst, wie sich nicht nur in der Sarrazin-Debatte über fehlgesteuerte Zuwanderung zeigt. Die Wahlbeteiligung ist auf das niedrigste Niveau gesunken, Protest formiert sich außerhalb der Parlamente. Allerdings mag man es für überzogen halten, wenn Schweinsberg angesichts der schon wieder abgeflauten Stuttgart-21-Proteste oder Anti-Kernkraft-Demos von "Endzeitstimmung" spricht.

Zur Revitalisierung der Demokratie empfiehlt er unter anderem mehr Formen der direkten Partizipation und Volksabstimmungen wie in der Schweiz. Außerdem beschreibt er Ansätze für eine konsequente Reform des degenerierten Föderalismus - durch Entflechtung, um wieder echten Wettbewerb zwischen Ländern und Kommunen zu entfachen. Alles in allem bietet das Buch viele kluge und einige kontroverse Vorschläge für Reformen unseres Gemeinwesens.

PHILIP PLICKERT.

Klaus Schweinsberg: Sind wir noch zu retten?

Finanzbuch Verlag, München 2010, 235 Seiten, 19,95 Euro

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