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Die Theorien des 1883 in Österreich geborenen Ökonoms sind heute aktueller denn je. Schumpeter hat nicht nur die Welt der Wirtschaft aus den Angeln gehoben, er war auch eine äußerst schillernde Persönlichkeit. Sein Leben steckt voller Extreme und Gegensätze: glänzender Erfolg und katastrophale Pleiten, große Liebe und tiefer Schmerz, intellektuelle Brillanz und quälende Neurosen. Es ist die Geschichte eines Mannes, der über weite Strecken seines Lebens mit Frustration und Selbstzweifeln kämpfte und dennoch viele Kollegen in den Schatten stellte.

Produktbeschreibung
Die Theorien des 1883 in Österreich geborenen Ökonoms sind heute aktueller denn je. Schumpeter hat nicht nur die Welt der Wirtschaft aus den Angeln gehoben, er war auch eine äußerst schillernde Persönlichkeit. Sein Leben steckt voller Extreme und Gegensätze: glänzender Erfolg und katastrophale Pleiten, große Liebe und tiefer Schmerz, intellektuelle Brillanz und quälende Neurosen. Es ist die Geschichte eines Mannes, der über weite Strecken seines Lebens mit Frustration und Selbstzweifeln kämpfte und dennoch viele Kollegen in den Schatten stellte.
Autorenporträt
Dr. Annette Schäfer studierte Volkswirtschaftslehre und Psychologie in Deutschland und Großbritannien. Seither arbeitet sie als Journalistin. Ihre Artikel sind in Financial Times Deutschland, Wirtschaftswoche, Psychologie Heute und Gehirn und Geist erschienen. Sie lebt in Chicago und Köln.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.01.2008

Schumpeter II
Eine kompakte Biographie von Annette Schäfer

Das Werk Joseph Schumpeters wurde bereits von vielen Ökonomen gewürdigt. Seine ungewöhnliche Persönlichkeit, die ihresgleichen sucht, macht den Österreicher aber auch zu einem faszinierenden Studienobjekt für Psychologen. Die Journalistin Annette Schäfer hat Volkswirtschaftslehre und Psychologie studiert und versteht es daher, sich dem Phänomen Schumpeter aus beiderlei Perspektive zu nähern. Ihre jetzt erschienene Biographie ist weitaus weniger monumental geraten als das Werk McGraws, aber ausführlich genug, um Schumpeters ungewöhnliches Leben angemessen zu schildern. Dass die Autorin den berühmten Ökonomen letztlich überwiegend beschreibt und weniger erklärt, schadet ihrem Buch nicht.

Denn was soll man von einem Mann halten, der, von einem starken Ehrgeiz angetrieben, sich einerseits unter einen täglichen Arbeitsstress setzte, unzählige gelehrte Bücher las und viele, nicht selten voluminöse Werke verfasste - und andererseits am helllichten Tage im offenen Wagen mit zwei bekannten Prostituierten demonstrativ durch Wien fuhr, um der Wiener Gesellschaft zu zeigen, dass ihn das Gerede über seinen Lebenswandel nicht interessiert?

Was ist von einem Mann zu denken, der einerseits über die großen Entwicklungslinien von Wirtschaft und Gesellschaft nachdachte und andererseits ein regelrechtes Duell mit einem Bibliothekar ausfocht, weil der Schumpeters Studenten nicht alle verlangten Bücher aushändigen wollte? In diesem Stile ließe sich noch lange weitermachen; an skurrilen Anekdoten über den Österreicher herrscht kein Mangel.

Schumpeter selbst vertrat die Ansicht, dass die ökonomischen Theorien eines Wissenschaftlers dessen "Vision" ausdrückten und diese Vision durch "Werte, Interessen und Ziele seiner sozialen Klasse sowie seine individuellen Vorlieben und Überzeugungen geprägt" werde. Sein Interesse an der Rolle des Unternehmers und dessen "schöpferischer Zerstörung" mag sich mit seiner Herkunft aus einer mährischen Industriellenfamilie erklären. Das hielt ihn aber nicht davon ab, nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin in einer Kommission, die über die Sozialisierung der deutschen Wirtschaft nachdachte, die radikalsten Positionen zu vertreten.

Viele seiner Bekannten hielten ihn weder für einen Liberalen noch für einen Linken, sondern für einen Konservativen - mit erheblicher Distanz gegenüber Deutschland. Was ihn nicht davon abhielt, an der Universität in Bonn gute Beziehungen zu dortigen Kollegen zu unterhalten.

GERALD BRAUNBERGER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2008

Das verzagte Großmaul
Er war ein überragender Theoretiker der ökonomischen Entwicklung im Kapitalismus – und ein menschlicher Problemfall: Annette Schäfers neues Buch über Joseph Schumpeter ist keine Biographie, aber eine wichtige psychologische Studie Von Nikolaus Piper
Joseph Schumpeter (1883 bis 1950) hat es schon lange in die Welt der Pop-Ökonomen geschafft. Sein Begriff „schöpferische Zerstörung”, mit dem er die Entwicklung des Kapitalismus beschrieb, ist in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen und wird auch von Menschen benutzt, die noch nie etwas von Schumpeter selbst gehört haben. Kaum ein Wirtschaftspolitiker verzichtet, wenn er über moderne Technik und deren Durchsetzung redet, auf Schumpeters Figur des „Pionierunternehmers”. Manche Ökonomen haben die jetzige Phase des Globalisierung sogar schon als „Schumpeters Zeitalter” bezeichnet, einfach deshalb, weil sich der Prozess der schöpferischen Zerstörung, der Auf- und Abbau von Arbeitsplätzen und Wohlstand so beschleunigt hat.
Aber Schumpeter war nicht nur ein einflussreicher Ökonom, sondern auch eine faszinierende, schillernde Persönlichkeit: brillanter Wissenschaftler, Frauenheld, gescheiterter Politiker, Bankrotteur, Irrlicht. Sein Schüler Eduard März veröffentlichte 1983 die erste Studie über Leben und Werk Schumpeters, der amerikanische Soziologie Richard Swedberg schrieb 1991 eine hervorragende Biographie.
Nun hat sich die deutsche Journalistin Annette Schäfer noch einmal an Schumpeters Leben gewagt. Was dabei herausgekommen ist, hat allerdings mit einer Biographie relativ wenig zu tun, eher ist Schäfers Buch eine eigenwillige psychologische Studie. Die Werke Schumpeters kommen bei ihr nur am Rande vor und fast ausschließlich mit Blick auf deren Entstehungsgeschichte. Dafür arbeitete die Autorin akribisch Schumpeters private Briefe und Tagebuchaufzeichnungen durch. Viele Notizen und Fragmente, die heute im Archiv der Harvard-Universität lagern, wertete sie zum ersten Mal aus. Sie kommt dabei zu dem klaren Schluss: Schumpeter war nicht nur ein trauriger Mann, er war im klinischen Sinne depressiv. Zwischen Schumpeters Anfällen von Schwermut und seiner wissenschaftlichen Arbeit bestanden enge Wechselwirkungen.
Joseph Schumpeters überragende wissenschaftliche Leistung besteht darin, eine konsistente Theorie der ökonomischen Entwicklung im Kapitalismus entwickelt zu haben. Die zentrale Figur in dieser Theorie ist der Pionierunternehmer, der „neue Kombinationen” in der Wirtschaft durchsetzt – neue Produkte, neue Verfahren, aber auch neue Marktformen. Hat er Erfolg, kann er den Pioniergewinn einstreichen, so lange jedenfalls, bis sich Nachahmer finden, die ihm seine Position streitig machen. Die Wurzeln für Schumpeters Theorie finden sich im methodologischen Individualismus der österreichischen Schule der Nationalökonomie mit ihrer Vorgabe, ökonomische Gesetze ausschließlich aus dem Verhalten des Einzelnen abzuleiten. Beeinflusst wurde Schumpeter außerdem durch Karl Marx und durch die Elitetheorien des italienischen Soziologen Vilfredo Pareto.
Es ist nicht abwegig, Verbindungen zwischen Schumpeters Theorie und dessen Biographie zu ziehen. Schumpeters Vater war ein Unternehmer, der im mährischen Triesch (tschechisch: Trest) eine kleine Textilfabrik in dritter Generation besaß. Er starb vier Jahre nach Schumpeters Geburt. Die Mutter zog wenig später nach Wien und heiratete dort Sigmund von Kéler, einen pensionierten Adligen mit Zugang zur feinen Wiener Gesellschaft.
Schumpeters Mutter war überaus ehrgeizig: Sie strebte danach, ihren Sohn zum Teil der österreichischen Aristokratie zu machen. Der Ehrgeiz der Mutter trieb Schumpeter an und belastete ihn auch. So ist es kein Wunder, dass der Unternehmer in Joseph Schumpeters Theorie ziemlich aristokratisch daherkommt.
Er selbst zeigte schon früh einen Hang zur Selbstüberschätzung. So wurde etwa sein Spruch berühmt, er habe immer der beste Ökonom der Welt, der beste Reiter Österreichs und der beste Liebhaber Wiens werden wollen. Leider habe es bloß mit der Reiterei nicht so recht geklappt. Dieser maßlosen Angeberei entsprachen allerdings ebenso große Selbstzweifel, die Schumpeter immer wieder in düstere Stimmung stürzten.
Den Seelenqualen des Ökonomen geht Annette Schäfer nun ausführlich nach. Neben Tagebüchern und Briefen bezieht sie sich dabei vor allem auf zwei Fragmente aus Schumpeters Nachlass: Teile einer Autobiographie und den Versuch eines Romans mit ebenfalls autobiographischen Zügen. Aus diesen Aufzeichnungen kann man erahnen, wie stark die Erwartungen der Mutter den Sohn belastet haben müssen.
Ein Zitat aus dem Romanversuch macht dies besonders deutlich: „Der Mutter standen Enttäuschungen bevor,” heißt es da. „Enttäuschungen, die um so bitterer waren, weil die Erfüllung so nah war; umso bitterer in gewisser Weise, weil er sie in jeder anderen Hinsicht zufriedenstellte und jederzeit seine unbedingte Zugehörigkeit zu ihr, nicht nur fühlte, sondern auch in jedem Wort und in jeder Geste zeigte, sein unbegrenztes Vertrauen zu ihr . . .”
In Schumpeters Leben wechselten sich Erfolge und persönliche Katastrophen ab. Durch sein erstes Hauptwerk, die „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung” (1911), wurde er bereits im Alter von 28 Jahren zu Star. Nach dem Ersten Weltkrieg war er ein Jahr lang österreichischer Finanzminister unter dem sozialistischen Bundeskanzler Karl Renner. Seine politische Karriere endete mit einem Rauswurf.
Danach wurde Schumpeter Präsident der Wiener Biedermann-Bank; die führte er in den Ruin, und er musste unter demütigenden Umständen seinen Posten räumen. Schumpeter verließ Österreich 1925 hoch verschuldet und nahm eine Professur in Bonn an. An der dortigen Universität war er unter Kollegen und Studenten hoch angesehen, es hätte also eine glückliche Zeit für ihn beginnen können. Doch ein Jahr später erlebte er die große persönliche Katastrophe seines Lebens: Seine zweite Frau Annie starb im Kindbett, beider Sohn lebte nur wenige Tage. Fast gleichzeitig kam die Nachricht vom Tod seiner Mutter. Die Trauer bewältigte Schumpeter, in dem er einen grotesk anmutenden Kult um die beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben entwickelte. Er nannte sie fortan „Hasen”, baute ihnen in seiner Wohnung eine Art Altar und rief sie in Gebeten an – bis zu seinem Tod.
Auch wissenschaftlich endete die Bonner Zeit mit einem Trauma: Schumpeter hatte lange an einer eigenen Geldtheorie gearbeitet. Doch 1930 kam ihm John Maynard Keynes mit seinem „Treatise on Money” zuvor. Sein fast fertiges Manuskript vergrub Schumpeter danach im Archiv, es sollte erst posthum veröffentlicht werden. Dem Konkurrenten Keynes verzieh er diese Niederlage nie; er verfolgte ihn und seine Anhänger mit regelrechtem Hass.
Im Jahr 1932 ging Schumpeter schließlich in die USA, nach Harvard, wo er bis zu seinem Tod 1950 bleiben sollte. Doch auch dort verfolgten ihn die Gespenster der Vergangenheit. Er litt unter heftigen depressiven Schüben. Seine zweibändige Konjunkturtheorie, eigentlich als magnum opus des Ökonomen gedacht, fand nur verhaltene Resonanz, die Fachwelt war längst zu Keynes umgeschwenkt.
Im Zweiten Weltkrieg isolierte sich Schumpeter in Harvard völlig, weil er – unverständlich auch für seine Freunde – ein Bündnis zwischen den USA und Nazideutschland forderte. Und doch schrieb er in dieser düsteren Zeit ein weiteres Buch, mit dem er seine Nachwelt beeinflussen sollte: „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie”. Darin sagt er dem Kapitalismus ein schnelles Ende voraus, nicht wegen seiner Fehler, sondern wegen seiner Erfolge. Denn einerseits, so die Analyse, befördert die Marktwirtschaft den Aufstieg einer Schicht von dem Kapitalismus feindlich gesonnenen Intellektuellen, andererseits entfällt mit wachsendem Wohlstand der wichtigste Motor des Kapitalismus: nämlich der Wunsch nach sozialem Aufstieg. Fast schien es, als habe sich Schumpeter in seinem letzten großen Werk noch einmal der Mutter und ihres Ehrgeizes erinnert.
Annette Schäfer konzentriert sich in ihrer Studie vor allem auf Schumpeters Jahre in Harvard. Das macht das Buch schwer lesbar für jeden, der sich nicht schon vorher mit dem Ökonomen beschäftigt hat. Aber es gelingt ihr, ein besseres und genaueres Bild von Schumpeter und dessen gebrochener Persönlichkeit zu zeichnen. Deshalb ist die „Kraft der schöpferischen Zerstörung” trotz aller Mängel ein wichtiges Buch.
Annette Schäfer
Die Kraft der schöpferischen
Zerstörung: Joseph Schumpeter
Die Biographie. Campus Verlag,
Frankfurt am Main/New York 2008.
285 Seiten, 24,60 Euro.
Sein Unternehmerbild trägt Züge des Aristokraten, den seine Mutter aus ihm machen wollte
Ist die Globalisierung sein Zeitalter? Der österreichische Nationalökonom Joseph Alois Schmumpeter (1883-1950) SZ Photo
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Erhellend scheint Robert Misik diese Biographie über den österreichischen Ökonomen Joseph A. Schumpeter (1883-1950), die Annette Schäfer vorgelegt hat. Er würdigt Schumpeter, Gegenspielspieler von John Maynard Keynes, als einen der bedeutendsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Eingehend referiert er dessen Leben und zentrale Ansichten, ohne näher auf Schäfers Buch selbst einzugehen. Besonders hebt er Schumpeters Ideal eines kreativen, willensstarken, praktischen "unternehmerischen Unternehmers" hervor, der die Wirtschaftswelt durch "schöpferische Zerstörung" permanent verändert. Zutreffend scheint ihm Schäfers Einschätzung, Schumpeters Ansehen sei in den vergangenen zwanzig Jahren wieder gestiegen, weil der Keynesianismus aus der Mode gekommen sei.

© Perlentaucher Medien GmbH