Auf Umwegen durch Ungarn
„Horizonte” ist ein schöner Titel für die betreffende Buchreihe des Herbig-Verlags; darin beschreiben Autoren Länder und Städte, die an der Peripherie deutscher Wahrnehmung liegen, aber doch in Blickweite: die Türkei, Sankt Petersburg, zuletzt Ungarn. Es sind Reisegeschichten, die politische und gesellschaftliche Phänomene einbeziehen. Der Journalist Dieter Sauter hat die Türkei unlängst über Kurzreportagen erschlossen, die sich zu einem differenzierten Eindruck fügen. Katharina Tiwalds atmosphärisches Bild Sankt Petersburgs verdankt sich der Beschreibungsgenauigkeit.
Vor diesem Hintergrund muss man Thomas Bauer vorwerfen, dass er mit „Wo die Puszta den Himmel berührt” die Reihe regelrecht desavouiert. Was er über Kertész’ Romane, Liszts Musik und Soros’ Geschäfte äußert, ist belanglos bis fahrlässig. Das Gespräch wiederum, in dem er sich vom Schwiegervater in spe die Geschichte der Magyaren erzählen lässt, wirkt aufgesetzt wie ein Telekolleg. Zu Bauwerken hat Bauer keine Meinung, hierzu liest seine Lebensgefährtin aus einem Reiseführer vor.
Was da als ironische Distanz verkauft wird, ist das Fehlen von Haltung. Wichtig erscheint bloß die eigene Befindlichkeit: Das Hungergefühl in Esztergom ist berichtenswert, nicht die barocke Altstadt. Hinzu kommt ein schlampiges Lektorat, das einen „winzigen Espresso” und „zweistellige Auflagen” von Antal Szerbs Werken durchgehen lässt. Nun muss ein Buch nicht zwingend klug sein. Wenn es den Leser erheitert, ist eben so viel gewonnen. Doch Bauers Versuch, Jan Weilers „Maria, ihm schmeckt’s nicht” nachzueifern mit Geschichten über die ungarische Familie seiner Lebensgefährtin, fehlt es an Gewitztheit. STEFAN FISCHER
THOMAS BAUER: Wo die Puszta den Himmel berührt. Auf Umwegen durch Ungarn. Herbig Verlag, München 2007, 220 Seiten, 17,90 Euro
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