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Niveaustufe A2/B1
Die 15-jährige Yildiz empfindet Deutschland als ihre Heimat - bis sie eines Tages von Skinheads angegriffen wird.

Produktbeschreibung
Niveaustufe A2/B1

Die 15-jährige Yildiz empfindet Deutschland als ihre Heimat - bis sie eines Tages von Skinheads angegriffen wird.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.1995

Der Terror der Glatzköpfe
Drei Jugendbücher über Gewalt

Auf sämtlichen Kanälen unserer Bewußtseinsindustrie wurde nach Rostock, Hoyerswerda, Solingen und Mölln das Phänomen Jugendgewalt und Ausländerfeindlichkeit zu einem Thema fast ohne Ende: Auf die schrecklichen Ereignisse folgten unzählige Kommentare, Expertenrunden und Berichte mit klugen Analysen, aber bisher kaum schlüssige Antworten. Daß Jugendbuchautoren die Diskussion nun auch in Romanform behandeln, scheint zwar naheliegend, aber nicht ohne Risiko zu sein. Jugendbücher zu aktuellen Fragen pflegen im allgemeinen besonders schnell zu veralten.

Der 1958 geborene Berliner Michael Wildenhain, der bereits den Leonce-und-Lena-Förderpreis für Lyrik und den Ernst-Willner-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt erhielt, legt unter dem Titel "Wer sich nicht wehrt" sein erstes, inzwischen ebenfalls preisgekröntes Jugendbuch vor. In einer so präzisen wie anschaulichen Sprache schildert er in diesem Roman, wie sich Beziehungsnetze, Freundschaften, das ganze Klima in der Klasse eines Gymnasiums jäh verändern, als zwei Brüder, kahlgeschoren, rechtsradikal und aggressiv, auftauchen. Sofort demonstrieren die beiden auf ekelhafte Weise an der türkischen Mitschülerin Ayfer ihre Kraft, bald auch an den anderen Klassenkameraden. Unter ihnen spielt ein weiterer Klassenneuling, der eigenwillige und verträumte Viktor, eine seltsame Rolle, bis hin zum erschreckenden Ende der Geschichte.

Mit knappen Strichen sind die Schüler in ihren unterschiedlichen Reaktionen auf den Terror der Glatzköpfe charakterisiert: Hervorragend ist auch die ahnungslose, naiv flatternde Lehrerin Maren Schubert ("Für euch Maren!") gezeichnet oder der genau und teilnahmsvoll beobachtende Ich-Erzähler, dessen Psychoanalytiker- Vater die Schule des Sohnes bejaht: Es sei dort viel "konkreter" als im Internat. Durch die wahrhaft konkrete Wirklichkeitsnähe des Autors, der auch Schilderungen brutalster Prügelszenen nicht ausläßt, bezieht die spannende Geschichte ihre Überzeugungskraft. Und die gerade bei Jugendliteratur so gern gestellte Frage, wo denn das Positive bleibe, ließe sich allenfalls damit beantworten, daß es außerordentlich wichtig ist, die von rechtsradikalen Jugendlichen ausgehenden Gefahren und sogartigen Gruppenzwänge illusionslos wahrzunehmen.

Ohne jede Beschönigung erzählt auch die mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnete Schriftstellerin Isolde Heyne in "Yildiz heißt Stern", wie Skinheads das Leben einer türkischen Gymnasiastin und ihrer Familie schlagartig verändern. Daß diese bitteren Erfahrungen absolut unverständlich für die in Deutschland geborene und sich hier ganz zu Hause fühlende Yildiz sind, macht die Lektüre dieses Buchs auf unpathetische und eindringliche Weise bewußt. Am Ende der Geschichte muß Yildiz erkennen, daß ihr Bruder Murat unter seinen schwarzen Locken nur eine andere Art von Glatze hat, wenn er Haß mit Haß vergilt und einen der Rechtsradikalen, die sie gepeinigt haben, niederschlägt und dabei tödlich verletzt. Auch hier gibt es, fast wie im wirklichen Leben, kein richtiges Happy-End: Aber beschrieben wird voller Empathie, wie ein junges Mädchen mit Realitätssinn und Tapferkeit auf eine ungewöhnlich schwierige Sitaution reagiert.

Klaus Steinvorth hat sein Buch "Mitgerissen" geschrieben, nachdem seine beiden Söhne von Skinheads zusammengeschlagen wurden. Die verschiedenen Handlungsfäden - die Einsamkeit des Musterschülers, ungute Familienverhältnisse und schließlich Gewalttaten junger Rechtsradikaler und ihre Beteiligung an Mord und Brandstiftung - wirken etwas verworren. Ein überzeugendes Bild entsteht aber von der Faszination der Gruppe und wie der Musterschüler Jan, die Hauptperson des Romans, durch seinen Wunsch nach Freundschaft und Nähe in gefährliche Nähe zur Kriminalität gerät.

KONSTANZE CRÜWELL Michael Wildenhain: "Wer sich nicht wehrt", Ravensburger Buchverlag (junge Reihe), Ravensburg 1994. 159 S., geb., 22,- DM. Ab 12 J.

Isolde Heyne: "Yildiz heißt Stern". Arena Verlag (Arena life), Würzburg 1994. 156 S., geb., 22,80 DM. Ab 12 J.

Klaus Steinvorth: "Mitgerissen". Ensslin & Laiblin Verlag Reutlingen 1994. 159 S., geb., 22,80 DM. Ab 12 J.

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