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Manche Erwachsene scheuen sich, Märchen zu lesen. Es geht ihnen vielleicht wie Hermann Hesse: »Die ganze bunte anschauliche Welt des alten Andersen war in meiner Erinnerung so wohl verwahrt und war so schön, dass ich mich wohl hütete, in späteren Jahren dieses Buch wieder aufzuschlagen. Ich dachte, dann geht es wie mit allen schönen Dingen aus der Kinderzeit: Sie haben den Glanz verloren und sind zu Stroh und Papier geworden.« Doch Märchen halten auch kritischen Blicken stand. Hermann Hesse jedenfalls nahm sich Andersen doch noch vor und kam zum Schluss: »Aus der gefürchteten Enttäuschung war eine Freude und Bereicherung geworden.« "…mehr

Produktbeschreibung
Manche Erwachsene scheuen sich, Märchen zu lesen. Es geht ihnen vielleicht wie Hermann Hesse: »Die ganze bunte anschauliche Welt des alten Andersen war in meiner Erinnerung so wohl verwahrt und war so schön, dass ich mich wohl hütete, in späteren Jahren dieses Buch wieder aufzuschlagen. Ich dachte, dann geht es wie mit allen schönen Dingen aus der Kinderzeit: Sie haben den Glanz verloren und sind zu Stroh und Papier geworden.«
Doch Märchen halten auch kritischen Blicken stand. Hermann Hesse jedenfalls nahm sich Andersen doch noch vor und kam zum Schluss: »Aus der gefürchteten Enttäuschung war eine Freude und Bereicherung geworden.«
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Autorenporträt
Hans Christian Andersen, geboren 1805 in Odense/Dänemark, kam aus einfachen Verhältnissen. Nach ersten Hungerjahren machte er sich einen Namen als Schriftsteller. Weltruhm erlangte er mit seinen Märchen. Wie ein Märchenheld stieg er immer höher empor und war schließlich mit Königen und allen Großen seiner Zeit befreundet. In Dänemark hielt ihn wenig, er war viel unterwegs auf Reisen. 1875 starb er in Kopenhagen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2005

Das grüne Licht des Nordens
Blicke der Bilderbuchkünstler auf Andersens Märchen

Von all den Ausgaben mit Andersen-Märchen, die zum runden Geburtstag des dänischen Dichters erscheinen, muß die von Nikolaus Heidelbach bebilderte selbstverständlich als erste genannt werden. Seine opulent ausgestattete Sammlung war der weithin schallende Startschuß für eine Reihe ambitionierter Neuausgaben. Heidelbachs Interpretation ist sofort zu einem Referenztitel geworden - alle weiteren Ansätze müssen sich an diesem hochgelobten Werk messen lassen. Nun sind Heidelbachs Bilder zweifellos magnifique, um es mit einem Wort aus "Des Kaisers neue Kleider" zu sagen. Kein Mensch könnte ihnen ihre Meisterschaft absprechen, und es tut auch keiner, im Gegenteil (F.A.Z. vom 6. Oktober 2004 und vom 9. März 2005). Heidelbachs Darstellung ist allerdings auf eine so entschiedene Weise originell, daß man fast befürchtet, die vielen anderen Märchenausgaben, die anläßlich des Jubiläums um die Aufmerksamkeit der Kinder und Buchliebhaber werben, könnten daneben verblassen.

Sie tun es auch. Doch das ist gerade ihre Qualität. Ein Startschuß macht einen Knall, aber es gibt auch leisere Klänge, die ebenfalls gut zu Andersens Geschichten passen. Gerade weil Heidelbach so herausfordernd mit dem berühmten Dänen umgeht und sich eher als dessen Partner denn als Übersetzer zeigt, wird es Leser geben, zumal jüngere, die sich erlauben, diese kühlen, wissenden, teils erschreckenden Bilder nicht zu mögen. Für sie gibt es Alternativen genug.

Was Ausstattung und Umfang betrifft, ist etwa die bei Random House erschienene Ausgabe vergleichbar, die das slowakische Künstlerpaar Kamila Stanclová und Dusan Kállay gestaltet hat. Mit 52 Stücken ist hier fast ein Drittel des Märchenschatzes versammelt. Jedes von ihnen hat eine ganzseitige, manchmal auch doppelseitige Bildtafel bekommen, dazwischen sind verschwenderisch viele Randfiguren und -szenen eingestreut. Es sind Bilder in der Tradition der osteuropäischen Bilderbuchkunst: Die Gouache-Technik läßt die Farben von innen leuchten; sanfte, pastose Töne herrschen vor; die Figuren wirken filigran und tänzerisch-leicht, die Gesichter sind oft ernst, die Tiere detailgetreu ausgeführt. Eine verhaltene Heiterkeit geht von diesem nicht zu modisch gestalteten Prachtband aus, der gut ein Hausbuch für alle Zeiten und Leser werden kann. Drei Jahre hat das Künstlerpaar mit Andersens Märchen gelebt und gearbeitet; die Haltung, die aus ihren Bildern spricht, ist zurückhaltend, fast höflich - eine Illustration ganz im Dienst der Vorlage.

Einen viel eigenwilligeren Charakter zeigt die Sammlung, die der britische Künstler Joel Stewart in Szene gesetzt hat. Jedes der dreizehn Märchen erhält - neben anderen großen Tafeln und vielen Vignetten - ein Eröffnungs-Bühnenbild mit rotem Vorhang, und zur Eröffnung eignen sich auch die für Kinder gut verständlichen, humorvollen Einführungstexte von Naomi Lewis. Mit zupackendem Konturstrich und flächigen Formen fängt Joel Stewart die Energie und Lakonik von Andersens Erzählton ein, aber er zeigt auch einen Sinn für die Melancholie und Zartheit der stilleren Geschichten. Vor allem hat er ein Auge für Körperhaltungen und Bewegungsdetails. Die hier abgebildete Wiederbegegnung Gerdas mit dem zu Eis verhärteten Kay aus der "Schneekönigin" ist ein anrührendes Beispiel. Großporträts sind den Figuren bei Stewart allerdings nicht gut bekommen. Sie wirken unausgewogener und nichtssagender als die lebhaften Vignetten, die dieses im Gesamtkonzept überzeugende Buch auflockern und auch für kleinere Kinder interessant machen.

Einen nahezu kontemplativen Zugang zu Andersen eröffnet uns Rotraut Susanne Berner mit ihrer kleinen, feinen Sammlung von neun Märchen. Die allseits beliebten wie "Das Feuerzeug" oder "Des Kaisers neue Kleider" sind dabei, aber auch weniger bekannte, etwa die Schelmengeschichte vom Floh und Professor. Mit ihren klaren und zugleich hintersinnigen Bildern, die auch Witz, verhaltene Melancholie und vor allem eine große Seelenruhe ausstrahlen, liegt der Reiz dieser Ausgabe in ihrer Reduktion. Es ist ein sorgsam gestaltetes bibliophiles Bändchen, ein stilles Stück Andersen-Essenz, das man überallhin mitnehmen kann.

Die Klaviatur der Andersen-Worte enthält mehr Töne, als ein einzelner Illustrator in Bilder setzen kann. Immer fehlt etwas, wofür dann unsere eigene Phantasie zuständig ist, und eine gute Illustration gibt ihr dafür genug Raum. Erst dann kann man das Märchen für sich erobern. Einer, der dies meisterlich ermöglicht, ist der vor acht Jahren verstorbene dänische Kinderbuchmaler Svend Otto S. Hans Christian Andersen gehörte zu seinen Lieblingsdichtern; einige Märchen hat er mehrfach illustriert. Lebte er noch, dann gäbe das Jubiläumsjahr sicherlich Anlaß für neue Varianten. Nun aber können wir froh sein, daß Svend Otto S. auch ohne runden Jahrestag von Andersen offenbar nicht lassen konnte. Sein Blick auf die Märchen ist der eines Liebenden: innig, unverwandt, ohne Arg und zärtlich an jedem Detail interessiert. Die grausamen Seiten spart er nicht aus, aber er läßt sie im Hintergrund. Seine aquarellierten Zeichnungen, zu denen auch wunderbar genaue Tierstudien gehören, fangen die psychologisch brisanten Momente der Handlung meisterhaft ein, aber auch - wie bei "Däumelinchen" - die lichtgrüne Natur des Nordens. Diese Bilder sind die wärmsten, sonnigsten und am wenigsten abstrakten von allen Andersen-Illustrationen und daher besonders für Jüngere geeignet. Auch Erwachsene werden sie lieben. Sie schenken dem Betrachter das, was sie auch selbst beseelt: Selbstvergessenheit.

MONIKA OSBERGHAUS.

Hans Christian Andersen: "Des Kaisers neue Kleider und andere Märchen". Mit Bildern von Rotraut Susanne Berner. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2005. 92 S., geb., 14,90 [Euro].

"Die schönsten Märchen von Hans Christian Andersen". Illustriert von Svend Otto S. Lappan Verlag, Oldenburg 2004. 222 S., geb., 19,90 [Euro].

Hans Christian Andersen: "Das große Märchenbuch". Illustriert von Joel Stewart. Patmos Verlag, Düsseldorf 2004. 206 S., geb., 19,90 [Euro].

Hans Christian Andersen: "Märchen". Mit Bildern von Kamila Stanclová und Dusan Kállay. Cbj bei Random House, München 2005. 544 S., geb. im Schuber, 39,- [Euro].

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