Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 12,00 €
  • Gebundenes Buch

In -Wind und Wasser- wird der Lebensweg von Yi Intae beschrieben, der in seiner Jugend voller hoher Ideale und in selbstlosem Einsatz in der Mandschurei gegen die japanischen Unterdrücker kämpft, aber ein Leben als gescheiterter Außenseiter führt. Auf seinem Krankenlager erzählt er dem Geomanten Choe seine abenteuerliche Lebensgeschichte.

Produktbeschreibung
In -Wind und Wasser- wird der Lebensweg von Yi Intae beschrieben, der in seiner Jugend voller hoher Ideale und in selbstlosem Einsatz in der Mandschurei gegen die japanischen Unterdrücker kämpft, aber ein Leben als gescheiterter Außenseiter führt. Auf seinem Krankenlager erzählt er dem Geomanten Choe seine abenteuerliche Lebensgeschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.1998

Wo warst du, Yi?
Suche nach Windschatten: Kim Wonil erzählt ein koreanisches Leben

In den fünfziger Jahren war das vom Krieg zerrissene Korea noch ein weitgehend agrarisch geprägtes Land. Der heute so gut wie verschwundene Beruf des Geomanten spielte damals noch eine wichtige Rolle; das überlieferte Wissen um die kosmischen Kräfte, die sich an bestimmten Orten konzentrierten, wurde etwa beim Bau von Häusern berücksichtigt. In "Wind und Wasser", einem Roman des koreanischen Erzählers Kim Wonil, nimmt der schwerkranke Yi Intae die Kunst seines Freundes und Geomanten Choe in Anspruch, um einen geeigneten Ort für seine Grabstätte zu finden.

Es ist die Zeit kurz nach dem Koreakrieg, zahlreiche Familien sind zerrissen, die Väter tot. Viele Menschen leben fern ihrer Heimat - wie Yi, der schon nach dem Zweiten Weltkrieg im Marktflecken Ipam hängenblieb. Er lebt dort mit einer resoluten Witwe und Gastwirtin in wilder Ehe zusammen. Neben seinen Kartenspielertricks ist seine Manneskraft legendär.

Obwohl Yi mit seinen Nachbarn auf vertrautem Fuße steht, umgibt ihn eine Aura des Geheimnisvollen. Über seine Vergangenheit redet er nicht gern: Als junger Mann kämpfte er in der Mandschurei gegen die japanische Kolonialherrschaft, geriet in Gefangenschaft und wurde gefoltert. Später lebte er in China und Japan, wo er sich bei der Arbeit in einem Bergwerk das chronische Nierenleiden zuzog, das ihm jetzt zu schaffen macht. Im Nachlassen seiner Potenz erkennt der Mittfünfziger ein Anzeichen seines nahenden Endes.

Richtig schlau wird auch Choe aus dem widersprüchlichen Charakter seines Freundes nicht. "Einerseits oberflächlich und frivol, dann wieder herzlich und verschwiegen, ein mit allen Wassern gewaschener Geschäftemacher, war er andererseits auch über materielle Dinge erhaben. Seine Handlungsweise war oft von einer derartigen Vulgarität, daß man den Umgang mit ihm am liebsten gemieden hätte; manchmal aber legte er die Würde eines Weisen an den Tag". Doch der verschlossene Keller seiner Seele birgt manche Leiche, und so versucht er im Angesicht des Todes verzweifelt, Gewißheit über das Jenseits zu erlangen. Seine religiösen Dispute mit einem christlichen Missionar und einem buddhistischen Mönch verstärken allerdings nur seine Furcht vor dem Ende. In analytischer Erzähltechnik legt der Roman langsam das Schicksal Yis frei: Auf dem Sterbebett beichtet er Choe, daß er einst unter der Folter koreanische Dörfer an die Japaner verriet, weswegen er nach seiner Freilassung von den überlebenden Bewohnern halb tot geprügelt und verstümmelt wurde.

Es ist ein mutiges Projekt des Bielefelder Pendragon-Verlages, moderne koreanische Literatur deutschsprachigen Lesern zugänglich zu machen. Da Kim Wonils Auseinandersetzung mit der Nationalgeschichte aus der Perspektive der Landbevölkerung auf erzählerische Modernität verzichtet, ist sein Roman hierzulande ausschließlich unter stofflichen Gesichtspunkten interessant. Das informative Nachwort der Übersetzerin Heidi Kang hätte deswegen ruhig umfangreicher ausfallen dürfen.

Vom fernöstlich-weisheitlich anmutenden Titel sollte man sich dagegen nicht abschrecken lassen. Kim Wonil beschreibt mit drastischem Naturalismus ein vom Krieg und Verrat gezeichnetes Land, dessen Menschen in der überzeitlichen Ordnung der Natur Zuflucht zu finden hoffen. Der "Wind" des Titels meint auch den Sturm der historischen Katastrophen, dessen Verwüstungen bis heute sichtbar sind. Schuld und Gewalt lassen niemandem unbehelligt, so gilt es, eine letzte Ruhestätte im Schutz der Berge zu finden, deren kosmische Kraft, das Qi, nicht vom Wind hinweggetragen werden kann. RICHARD KÄMMERLINGS

Kim Wonil: "Wind und Wasser". Roman. Aus dem Koreanischen übersetzt von Heidi Kang und Ahn Sohyun. Mit einem Nachwort von Heidi Kang. Pendragon Verlag, Bielefeld 1998. 160 S., geb., 29,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr