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Geschäftsmodell Menschenhandel 1498, rund um den Indischen Ozean: Die expandierenden europäischen Mächte Portugal, Spanien, die Niederlande, England versuchen ihren Anteil an Märkten, Rohstoffen und Schätzen auszubauen. Zur Ausbeutung und Verarbeitung dieser Schätze aber bedurfte es Arbeitskräfte im großen Stil: Sklaven. Michael Mann gelingt erstmals eine Gesamtschau aller Aspekte der südostasiatischen Sklaverei. Dabei legt er nicht nur eine fundierte Zusammenfassung zum heutigen Stand der Forschung dar, sondern untersucht wirtschafts-, sozial- und kulturhistorisch die Besonderheiten des…mehr

Produktbeschreibung
Geschäftsmodell Menschenhandel
1498, rund um den Indischen Ozean: Die expandierenden europäischen Mächte Portugal, Spanien, die Niederlande, England versuchen ihren Anteil an Märkten, Rohstoffen und Schätzen auszubauen. Zur Ausbeutung und Verarbeitung dieser Schätze aber bedurfte es Arbeitskräfte im großen Stil: Sklaven.
Michael Mann gelingt erstmals eine Gesamtschau aller Aspekte der südostasiatischen Sklaverei. Dabei legt er nicht nur eine fundierte Zusammenfassung zum heutigen Stand der Forschung dar, sondern untersucht wirtschafts-, sozial- und kulturhistorisch die Besonderheiten des Kulturraumes um den Indischen Ozean und dessen Zusammentreffen mit den großen Kolonialmächten.
Autorenporträt
Michael Mann, geb. 1959, studierte die Geschichte Südasiens, Germanistik und Indologie an der Universität Heidelberg. Seit 2010 ist er als Professor für Kultur und Gesellschaft Südasiens an der Humboldt- Universität zu Berlin tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.02.2012

Menschenhandel am Beginn der Globalisierung
Wo die Abolitionisten fehlten: Michael Mann über die Geschichte unfreier Arbeit im Raum des Indischen Ozeans

Während sich Studien zu Sklaverei und Sklavenhandel in der atlantischen Welt zu Bergen türmen, ist diese Thematik für den Raum des Indischen Ozeans noch vergleichsweise wenig bearbeitet. Allerdings ist diese Region in den vergangenen Jahren verstärkt ins Visier der Geschichtswissenschaft geraten. Dabei wurde die große Bedeutung von oft durch Zwang und Gewalt charakterisierten Arbeitsnetzwerken und Arbeitsregimen vor allem seit dem achtzehnten Jahrhundert deutlich. Der Berliner Südasien-Historiker Michael Mann fasst nun souverän und auch für Nichteingeweihte gut zugänglich die historische Forschung zu diesem Themenbereich zusammen.

Mann zeigt im Anschluss an neuere Untersuchungen, dass der etablierte Topos vom Übergang von "unfreier" Sklaven- und Zwangsarbeit zu "freier" Lohnarbeit als Kennzeichen der Moderne der Korrektur bedarf. Rund um den Indischen Ozean standen Sklaverei, Leibeigenschaft und Lohnarbeit bis weit in das zwanzigste Jahrhundert hinein nebeneinander und repräsentierten ein breites Spektrum an mobilisierten, reglementierten und kontrollierten Arbeitsverhältnissen. Sklaverei war in diesem Kontext keineswegs statisch, sondern erscheint als "ein dynamischer Bestandteil eines sich permanent verändernden, in globalen Bezügen vernetzenden und zunehmend kapitalistisch ausgerichteten Wirtschaftssystems".

Die nach 1800 wesentlich von Großbritannien forcierte Abschaffung von Sklavenhandel und Sklaverei wurde im atlantischen Raum geräuschvoll und unter wesentlicher Beteiligung einer engagierten Öffentlichkeit betrieben. Im indischen Raum hingegen blieb, wie Mann darlegt, ein entsprechendes breitgefächertes Engagement der Abolitionisten stets aus. Überdies setzten die britischen und niederländischen Kolonialregierungen die in den "Mutterländern" erlassenen Verordnungen in den seltensten Fällen um.

In Indien etwa wurde 1842 zwar nach langjährigem Hin und Her und zahlreichen Kommissionsberichten ein Gesetz verabschiedet, das den Sklavenhandel mit Frauen und Kindern unterbinden sollte. Von einer grundlegenden Abschaffung der Sklaverei war allerdings nicht die Rede. Die Aufhebung dieser gesellschaftlich fest verankerten Institution würde, so das Argument der britischen Kolonialverwalter vor Ort, unweigerlich zu sozialen Unruhen führen und zudem die ländlichen Eliten, einen zentralen Stützpfeiler des kolonialen Regimes, schwächen.

Gegen die ausdrücklichen Anordnungen des niederländischen Parlaments ignorierte auch die Kolonialregierung in Niederländisch-Indien geflissentlich Dekrete zum Verbot der Sklaverei. Erst gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts kam die schrittweise Abschaffung dieser Institution in Gang. Parallel erreichte das System staatlich legitimierter Fronarbeit zahlenmäßig seinen Höhepunkt, die Verurteilung von Sträflingen zu harter Arbeit nahm dramatisch zu.

Das Deutsche Reich, das im gleichen Zeitraum seine Kolonialherrschaft in Ostafrika etablierte, setzte ebenfalls eher auf eine graduelle "Sklavenbefreiung". Der Einsatz von rechtlichen Instrumentarien wie den 1891 eingeführten "Freibriefen" für entflohene Sklaven blieb den jeweiligen Distriktbeamten vorbehalten, so dass es in der Kolonie eine höchst unterschiedliche Dichte von befreiten Sklaven gab. Mann konstatiert, dass der langsame Tod der Sklaverei hier - wie in den meisten Afrika-Kolonien - "weniger einem humanitär-philanthropischen Engagement von Aktivisten denn ökonomischen Notwendigkeiten des Kolonialregimes geschuldet war".

Der Autor betont mit Verweis auf die neuere Forschung, dass es wenig Sinn macht, zwischen einer westlich-atlantischen und einer östlich-orientalischen Sklaverei zu unterscheiden. Sklaverei und Sklavenhandel stehen vielmehr für ein wichtiges Kapitel der Geschichte der Globalisierung, die nicht zuletzt durch den rapide wachsenden Austausch und den Transport von Waren charakterisiert war. Der Handel mit Menschen spielte in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Der vorliegende Band vertritt dabei mit Nachdruck die These, dass zumindest vor dem Ersten Weltkrieg Wirtschaft, Handel, Militär und Verwaltung in den meisten Anrainerregionen des Indischen Ozeans ohne Sklaven weitgehend kollabiert wären.

ANDREAS ECKERT

Michael Mann: "Sahibs, Sklaven und Soldaten". Geschichte des Menschenhandels rund um den Indischen Ozean.

Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt und Mainz 2011. 254 S., Abb., geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Im Gegensatz zum atlantischen Menschenhandel sieht Rezensent Andreas Eckert die Sklaverei im Raum des Indischen Ozeans noch wenig erschlossen. Seiner Berliner Kollege, der Historiker Michael Mann, schließt daher in Eckerts Augen eine Lücke, wenn er sich nun zumindest der von den europäischen Kolonisatoren betriebenen Sklaverei in Indien und Ostafrika widmet (der arabische Menschenhandel spielt in dem Band keine Rolle). Was Eckert dem Buch unter anderem entnimmt, ist, dass die Versklavung der Menschen im Indischen Raum viel länger andauerte als im atlantischen Raum, und dass sie hier erst abgeschafft wurde, als wirtschaftliche Notwendigkeiten dies erzwangen. Eine Studie, die Eckert gefällt.

© Perlentaucher Medien GmbH