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Mit einem Feuerwerk anarchischen Humors legt Scott Bradfield eine große amerikanische Satire vor, ein aberwitziges Update zu Orwells "Farm der Tiere" über Parodistisches und Wahwitziges aus dem Rummel um Medien und Kommerz.
Im Londoner Zoo bricht eine Revolte aus: gleiches Recht für Tier und Mensch. Doch unrentabel geworden, werden die Tiere einfach verkauft. Das Gorillaweibchen Wanda wird Au-pair in New York, der Rädelsführer Charlie der Rabe flüchtet in die Antarktis. Er ist einfach nicht zu fassen, nicht kleinzukriegen. Und Charlie hat eine Botschaft: bald steht er vor Kameras und…mehr

Produktbeschreibung
Mit einem Feuerwerk anarchischen Humors legt Scott Bradfield eine große amerikanische Satire vor, ein aberwitziges Update zu Orwells "Farm der Tiere" über Parodistisches und Wahwitziges aus dem Rummel um Medien und Kommerz.
Im Londoner Zoo bricht eine Revolte aus: gleiches Recht für Tier und Mensch. Doch unrentabel geworden, werden die Tiere einfach verkauft. Das Gorillaweibchen Wanda wird Au-pair in New York, der Rädelsführer Charlie der Rabe flüchtet in die Antarktis. Er ist einfach nicht zu fassen, nicht kleinzukriegen. Und Charlie hat eine Botschaft: bald steht er vor Kameras und Mikrophonen. Er wird berühmt, und aus dem Revolutionär wird ein Kuscheltier, ein Maskottchen für jede Talk-Show.
Mit einem Feuerwerk anarchischen Humors legt Scott Bradfield eine große amerikanische Satire vor, ein aberwitziges Update zu Orwells "Farm der Tiere": aus der nüchternen Parabel wird eine überbordende Parodie auf den geschlossenen Kreislauf von Medien und Kommerz.
Autorenporträt
Scott Bradfield, 1955 in Kalifornien geboren, studierte amerikanische Literatur in Irvine, California. Heute lebt er in London und Connecticut, wo er an der University of Storrs unterrichtet
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.1997

Melancholie eines Pinguins
Auf der Geisterbahn: Scott Bradfield unterhält sich mit Tieren

"Wir sind das Volk", riefen die Menschen während der Leipziger Montagsdemonstrationen noch. Den rebellischen Tieren reicht das rassenvereinende "wir". "Wir, wir, wir, wir", rufen sie während des Aufstands im Londoner Zoo. Zwar wird die tierische Rebellion zunächst einmal mit Polizeiknüppeln niedergeschlagen, auf lange Sicht aber siegt auch hier die - ja, was eigentlich? "Die Revolution", die in Scott Bradfields phantastischer Romangroteske zur formalen Gleichberechtigung der Tiere in einer menschenbeherrschten Welt führt, wird von "populären Gegenwartshistorikern" zum "jüngsten globalen Umstrukturierungsprogramm" ausgenüchtert. Der Aufstand der Tiere und ihre Integration in den Arbeitsmarkt führten auch auf dem "Planeten der Tiere" nicht zur epochalen Wende, sondern zum Modernisierungsschritt, der Tier und Mensch letztlich einander näherbringt - zum vermeintlichen Wohle aller und unter faktischer Beibehaltung der evolutionären Hierarchie.

Bis dahin aber beißt so mancher Säuger vorzeitig ins Gras. In den Straßen New Yorks machen aufständische Bestien auf Menschen Jagd. Der Mensch schlägt mit seinem ganzen Arsenal der Terroristen-und Guerrillabekämpfung zurück. "Apocalypse now" als Resultat einer globalen Kommunikation: Bei Scott Bradfield verstehen sich nicht nur die Menschen aller Kontinente, sondern die gesamte Fauna des Planeten plappert angeregt miteinander. Klaustrophobisch veranlagte Leser sollten das Buch im Regal lassen.

Die Grenze zwischen Tier und Mensch fällt mit der Sprache - für einen Romancier ein leicht zu bewerkstelligender historischer Sprung. Von George Orwells "Animal farm" und der klassischen Fabel unterscheidet sich Bradfields Roman durch die Kommunikation zwischen Mensch und Tier, die die Rede vom Informationszeitalter in eine absurde Vision übersteigert. Der Mensch und das Animal hören die gleichen Radiosender und benutzen dieselben Toiletten. Das Gorillamädchen Wanda trägt mit Vorliebe rote Wäsche und extreme Ausschnitte; eine Pavianfrau schuftet als Gabelstaplerin an Pier 49, und der Affe Roy arbeitet als Melker auf einer Farm "mit vielen Muh-Kühen, Hotte-Hühs und Mäh-Mähs". Eine nichtreversible Libertinage sorgt für interkulturelles Glück. Der haarige Melker vergnügt sich mit dem mückenzerstochenen Hinterteil der gütigen Else, während der Medienmanager Garfield von Wanda, seinem Au-pair-Gorilla, Sex auf dem Feldbett empfängt. Die heftigste Liebe aber verzehrt das Eskimomädchen Muk Luk, das sich nach Pinguin Busters zärtlichen Stummelflügeln sehnt. Die beiden bilden zusammen mit dem Raben Charlie die anarchistische Außenseiterbande, herumirrend auf den Spuren der ungezählten Rebellen des tragikomischen Historiengenres.

Von den Menschen mit Hubschraubern durch die Schneewüsten Alaskas gejagt, von gewinnsüchtigen Medienagenten zu Stars der Revolte aufgebaut, in Talk-Shows verschlissen und am Ende vom neuen Regime verstoßen, durchleidet das flüchtende Trio diese furios übersteigerte Revue des ausgehenden Jahrhunderts. Bradfield montiert Versatzstücke aus Politik, Pop und Propaganda zu einer Geisterbahn der Klischees und Idiome. Es tauchen auf: Fragmente kommunistischer Rhetorik, Bilder des Kampfes gegen die Rassentrennung der sechziger Jahre, die mit Außenlautsprechern bestückten Hubschrauber des Vietnam-Krieges, der zynische Jargon der Quotenjäger von CNN und CBS, der den Kalten Krieg überwindende Heroismus interplanetarer Science-fiction-Filme und der separatistische Diskurs ethnischer und religiöser Eiferer in den Vereinigten Staaten. Sie liefern die Vorbilder für einen postdarwinistischen Sozialzirkus, in dem alles schon gesagt wurde, schon viel zu oft.

Bradfields erklärter Gegner ist der Kulturbetrieb im weitesten Sinne, sein Roman ist die furiose Antwort auf den täglichen Information-Overkill. Er schreibt gegen das unaufhörliche Rauschen des Kommunikationsbetriebs mit einer solchen Verve an, als wolle er jedes aufgedrängte Wort in doppelter Konzentration zurückschleudern, um auf diese Weise den Kopf für einen kurzen Augenblick vollkommen leer zu bekommen. Der artistische Reiz seiner Attacken liegt im Anspruch, in all dem Irrwitz Figuren zustande zu bringen, die unser Mitgefühl erzeugen, und Szenen zu entwerfen, die den Leser nicht kaltlassen. Tatsächlich gelingt es Bradfield zu vermitteln, was ein nach Tran und nassem Fell stinkendes, liebestolles Eskimomädchen an einem Pinguin findet. Es ist nicht nur das geheimnisvoll sanfte Schimmern in seinen Augen. Es sind der Duft nach frischen Makrelen, seine strömungsgünstigen Schultern und seine tänzelnde Zärtlichkeit. Er macht aber auch nachvollziehbar, daß Buster der Pinguin seine ferne Sandy nicht vergessen kann, vor allem, seit sie oben ohne auf den Titelblättern gemischtrassischer Modezeitungen posiert. Vor aller Säugeraugen. Des öfteren finden sich inmitten dieses höheren Blödsinns Imaginationen von solch sprachlicher Schönheit, daß auch die bitterste Albernheit verblaßt und schlichter Anteilnahme Platz macht.

Muk Luk und Rick der Husky erleben in polarer Schärfe, "wie die beginnende Nacht über den verharschten Schnee auf sie niederfuhr wie ein Stachelrochen, ein funkenschlagendes Flattern der ionisierten Teilchen". Oder, um in die Welt der zivilisierten Menschen und ihre hochmögende Repräsentanz zurückzuführen: "Außenminister Bill Murdley brachte auf einem verzierten Silbertablett den heißen Kakao und setzte es wie ein Schiff auf die See aus poliertem Mahagoni." Farewell! HARALD JÄHNER

Scott Bradfield: "Planet der Tiere". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Manfred Allié. Ammann Verlag, Zürich 1997. 232 S., geb., 39,80 DM.

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