„Kommissar Nathan Töwer stand nackt vor dem Bügelbrett und plättete seine Jeans …“
Besser als mit diesem ersten Satz hätte Monika Detering die Hauptfigur ihres Romans nicht vorstellen können. Denn wenn ein Mann eine Jeans bügeln kann, muss er ausreichend gebildet und dazu noch handwerklich
geschickt sein. Wenn er außerdem vollkommen nackt ist, muss er sehr mutig sein.
Wenn eine Frau nackt am…mehr„Kommissar Nathan Töwer stand nackt vor dem Bügelbrett und plättete seine Jeans …“
Besser als mit diesem ersten Satz hätte Monika Detering die Hauptfigur ihres Romans nicht vorstellen können. Denn wenn ein Mann eine Jeans bügeln kann, muss er ausreichend gebildet und dazu noch handwerklich geschickt sein. Wenn er außerdem vollkommen nackt ist, muss er sehr mutig sein.
Wenn eine Frau nackt am Bügelbrett hantiert, kann das durchaus aufreizend sein. Sonst aber ist es nichts Besonderes. Bei einem Manne ist es was anderes! Wie hoch mag ein Bügelbrett sein? 75 cm? Und was trägt ein nackter Mann von 1,80 m vorn auf dieser Höhe?
Wenn er auch noch von seiner Sonja vor sich hinträumt wie Nathan und das Bügeleisen gedankenverloren von rechts nach links schiebt, kann ihm schnell was auf die Plättfläche geraten. Wie gesagt: auf der Höhe von ca. 75 cm … Oje! Es ist nicht auszudenken! Für mich ist dieser Nathan Töwer, der da nackt vor sich hinbügelt, nicht nur mutig, er ist tollkühn.
Und alle diese Eigenschaften wird er brauchen. Na gut, Tollkühnheit vielleicht nicht, aber Mut und Entschlusskraft zu selbstständigem Handeln wird er brauchen, da die Geschehnisse, so bieder und gemütlich wie sie anfangs scheinen, nicht bleiben werden.
Zur gleichen Zeit, als Nathan bügelt, findet seine Freundin Sonja nämlich drei Gehirne im Wald. Sie liegen hübsch aufgereiht auf Puppenstühlchen. Brennende Grablichter stehen daneben. Wohl eine okkulte Handlung?, denkt man als Leser. Sonja aber denkt nicht, … zumindest nicht lange nach. Sie reihert erstmal ins Gebüsch, bevor sie Nathan anruft. - Vermutlich hat dieser Anruf Nathan vor dem Schlimmsten bewahrt.
Kurz darauf brennen auch noch drei Vogelscheuchen lichterloh. Der Leser erfährt zwar warum, wird sich aber trotzdem vorerst nur wundern. Zum Glück ist Lea Wanders, eine Pflegerin, zur Stelle und ruft die Feuerwehr. Also alles halb so wild.
Und als sich herausgestellt hat, dass die Gehirne ordinären Schweinsköpfen entnommen sind, – vermutlich, weil heute kaum noch jemand so etwas essen will – hätte sich die Unruhe schnell wieder gelegt. Die Inselidylle wäre bald wieder zurückgekehrt, und die alten Leute, mehr oder weniger freiwillig verbannt auf dieses Eiland, könnten weiter gemütlich ihrem Verfall entgegendämmern.
Doch dann kann der Leser plötzlich einem scheinbar lustvollen Schauspiel beiwohnen, an dessen Ende eine steifgefrorene Leiche im Schnee liegt. Auch wenn der Leser die Umstände miterleben darf, die zum Erstarren des eben noch halbwegs lebendigen Menschen geführt haben, wird er die Zusammenhänge nicht durchschauen. Und als schließlich noch eine mumifizierte Leiche aufgefunden wird, werden die Geschehnisse immer geheimnisvoller.
Jetzt ist es an der Zeit, dass Kommissar Nathan Töwer in Aktion tritt. (Übrigens adrett gekleidet und ohne Schaden beim Bügeln genommen zu haben.) Jetzt braucht er den Mut, sich über Weisungen seiner Vorgesetzten hinwegzusetzen. Er braucht die Selbstsicherheit, das Geschwafel seines Kollegen zu ignorieren. Ja, er hat diese Fähigkeiten!
Jetzt hält er, selbst auf die Gefahr hin, sich zu blamieren, an seinen längst schon angestellten Überlegungen fest und löst kurzerhand den Fall.
Monika Deterings Inselkrimi geht ganz schön in die Tiefe. Es wird nicht einfach nur oberflächlich und brutal gemordet. Es liegen Schicksale und Zwänge hinter Opfer und Mörder. Wenn man so will, auch Zeichen der Zeit. Wenn Sie Bücher lieben, die nachwirken und wenn Sie noch dazu über das Altwerden zwar nicht lachen, aber doch lächeln können, sollten Sie diesen Kriminalroman lesen.
Es wäre schön, wenn es eine Fortsetzung gäbe.