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Kaum etwas erregte die Gemüter in den letzten Jahren stärker als die Reform der deutschen Rechtschreibung. Befürworter und Gegner standen sich teilweise unversöhnlich gegenüber. Erst mit der jüngsten Einigung auf eine überarbeitete Version der Reform scheinen sich die Wogen langsam zu glätten."Der Duden"ist klassischer Ratgeber in allen Rechtschreibfragen. Man kennt ihn, man vertraut ihm. Wer aber kennt Konrad Duden, den Mann, der fast völlig hinter dem Werk verschwindet, das seinen Namen trägt? Anke Goldberg hat sich auf Spurensuche begeben. Ihre spannend erzählte Biografie begleitet Konrad…mehr

Produktbeschreibung
Kaum etwas erregte die Gemüter in den letzten Jahren stärker als die Reform der deutschen Rechtschreibung. Befürworter und Gegner standen sich teilweise unversöhnlich gegenüber. Erst mit der jüngsten Einigung auf eine überarbeitete Version der Reform scheinen sich die Wogen langsam zu glätten."Der Duden"ist klassischer Ratgeber in allen Rechtschreibfragen. Man kennt ihn, man vertraut ihm. Wer aber kennt Konrad Duden, den Mann, der fast völlig hinter dem Werk verschwindet, das seinen Namen trägt?
Anke Goldberg hat sich auf Spurensuche begeben. Ihre spannend erzählte Biografie begleitet Konrad Duden (1829-1911) zu den wichtigsten Stationen seines Lebens. Sie schildert das soziale Umfeld in seiner Geburtsstadt Wesel, erzählt von seiner Zeit als Hauslehrer in Italien und berichtet über seine Erfahrungen im Schuldienst in Soest, Schleiz und Bad Hersfeld.
Konrad Duden war kein weltfremder Gelehrter, sondern ein Schulmann, der fest im Leben stand. Seine Erfahrungen im Schulalltag bildeten auch den Ausgangspunkt zu seinem wichtigsten Werk, der Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung. Duden wollte damit Hürden abbauen und allen Menschen den Gebrauch der Schriftsprache erleichtern.
Unterhaltsam beschreibt die Autorin, wie Konrad Duden, der preußische Korrektheit und rheinischen Humor zu vereinen wusste, den Wirrwarr in der deutschen Sprache beendete und schließlich eine normierte Rechtschreibung im gesamten deutschen Sprachgebiet durchsetzte. Der Leser wird bei der Schilderung der gelehrten Streitigkeiten und den Einblicken in die deutsche Bürokratie manch aktuellen Bezug entdecken.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.2007

Die Geburt der Rechtschreibung aus dem Geiste der Schule
Reichseiniger der deutschen Sprache: Anke Goldberg porträtiert Konrad Duden als großen Schulpädagogen

Vor der Abiturfeier steht die Nacht des "Durchsuffs", durch mehrere "Sauf-Curse" von Schülercliquen vorbereitet. Das Lokal wird verwüstet. Jüngere Schüler müssen bedienen und bekommen Schläge ab. Die Eltern schreiten nicht ein. Schulverweise gibt es seit Jahren nicht, der Ruf der Lehrer in der Stadt ist schlecht. Komasaufen und verlotterte Schulmoral unserer Tage, so klingt es. Doch die Rede ist von der Hersfelder Klosterschule im Jahr des Amtsantritts des neuen Direktors, 1876. Der Mann, den die preußische Schulverwaltung in die nordhessische Stadt geschickt hat, um die Disziplin wiederherzustellen, ist Konrad Duden.

Duden, dessen Name als Rechtschreibpapst in die Geschichte eingegangen ist und zum Synonym für eine einheitliche Orthographie im Deutschen wurde, war in erster Linie Lehrer und Schuldirektor - kein Wissenschaftstechnokrat. Dies zeigt Anke Goldberg in der bislang erst zweiten Biographie Dudens; die erste stammt noch aus DDR-Tagen. Goldberg gelingt es auf knappem Raum von knapp hundert Seiten, die bisherigen Erkenntnisse zur Vita Dudens zusammenzufassen und Archivfunde zu präsentieren. Bemerkenswert ist, dass Goldbergs Blick nicht auf das orthographische Lebenswerk Dudens fixiert ist - erst dadurch wird klar, aus welchen Alltagsbedürfnissen es zustande kam.

Nach Jahren als Hauslehrer in Frankfurt und Genua litt Konrad Duden unter dem Rechtschreibchaos der Schulen, an denen er unterrichtete. Von Gymnasium zu Gymnasium, von Lehrer zu Lehrer galten andere Regeln. Als er in Schleiz im Minifürstentum Reuss seine erste Direktorenstelle antrat, begannen seine Bemühungen um die Rechtschreibung aus der Not heraus. Er verpflichtete Lehrer und Schüler auf seinen "Schleizer Duden", eine Art Urduden. Was auf politischer Ebene mit Bismarcks Reichseinigung nach dem Sieg über Frankreich 1871 gelang, so der überzeugte Patriot Duden, sollte auch im Deutschen Reich der Sprache möglich sein. 1872 veröffentlichte er ein erstes, 6000 Worte umfassendes Rechtschreibverzeichnis. Der Germanist Rudolf von Raumer, vom preußischen Kultusministerium mit der Vereinheitlichung der Schreibung beauftragt, berief Duden daraufhin in die Rechtschreibkommission.

1876, im Jahr, in dem Duden Direktor der Hersfelder Klosterschule wurde, fand auch die erste "Orthographische Konferenz" in Berlin statt. Sie blieb weitgehend ergebnislos. Konrad Dudens Verdienst ist es, seine Arbeit an Wörterbüchern unbeirrt fortgesetzt zu haben, denen mehr und mehr Lehrer Vertrauen schenkten. Nicht die preußischen Beamten oder gar Bismarck schufen einen Rechtschreibstandart, sondern der unbeirrbare Schulmann Duden, der tagtäglich sehen konnte, wo es mit der Rechtschreibung haperte und den die positive Resonanz seiner Kollegen ermutigte.

Das Fach Deutsch hat Duden nach Goldbergs Erkenntnissen nur selten unterrichtet. Seine Lieblingsfächer waren Französisch und die alten Sprachen - Duden war bei Heinrich von Sybel in Marburg über die "Antigone" des Sophokles promoviert worden. Als klassischer Philologe besaß er den scharfen Blick für das Machbare und Sinnvolle auch in der deutschen Rechtschreibung. Die Germanisten wollten in der Mehrheit zurück zu romantischen mittelhochdeutschen Idealen in der Schreibung - in Dudens Augen ein Irrweg.

Wie Anke Goldberg anschaulich schildert, räumte Duden nicht nur mit den Hersfelder Rechtschreibschwächen und Trinkgewohnheiten auf. Er schaffte Freitische für mittellose Schüler, führte Schülerfeste und eine "gymnasiale Badeanstalt" ein, brachte das Fach Englisch auf die Stundentafel, schaffte Realklassen mit naturwissenschaftlichem Unterricht, erprobte neue Unterrichtsmethoden, führte Abiturprüfungen für Externe ein - und er nahm 1899 dem erste Mädchen die Reifeprüfung ab. Duden gründete einen Bildungsverein und eine Volksbibliothek und - was Goldberg nicht erwähnt - propagierte die Förderung von Heilwasser im späteren Staatsbad und gründete einen Festspielverein, Vorläufer der Festspiele in der Stiftsruine in Bad Hersfeld.

Als sich Duden 1905 im Alter von 76 Jahren in den Ruhestand versetzen ließ und nach Sonnenberg in der Nähe des wilhelminischen Modekurorts Wiesbaden umzog, waren seine Rechtschreibregeln schon vier Jahre reichsweit gültig. Der "Duden" lag in siebter Auflage mit nun 34 000 Stichwörtern vor. Auch die Buchdrucker in Österreich und der Schweiz schlossen sich Dudens Schreibung an, die er seit 1902 in Abstimmung mit dem Bibliographischen Institut in Leipzig festschrieb. Ausgehend von den Schulen fand die deutsche Sprache eine einheitliche Regelbasis. Heute liegt der "Duden" in 24. Auflage mit 130 000 Stichwörtern vor - die Einheitlichkeit ist jedoch, nach Jahren des Ringens um eine Rechtschreibreform, beschädigt.

Anke Goldberg hat ein kurzweiliges, stilistisch treffsicheres Porträt Konrad Dudens vorgelegt, das Sinn für Humor erkennen lässt. Sie zeigt Verständnis für Eskapaden der Schüler und Nöte der Lehrer - nicht nur in Rechtschreibfragen. Dies ist kein Zufall: Die Autorin, die aus Schleiz stammt, arbeitet als Deutschlehrerin an der "Konrad-Duden-Schule" in den Räumlichkeiten der alten Klosterschule. Dass ihr großer Vorgänger auch ein geschickter Pädagoge war, belegt etwa seine Lösung für das Problem des "Durchsuffs": Er ließ Kollegen und Eltern mitfeiern. Nicht in erster Linie zur Kontrolle, sondern als Vorbilder im maß- und genussvollen Umgang mit Alkohol.

Der "Durchsuff" hat sich also nicht durchgesetzt - was in Bezug auf das "Komasaufen" noch nicht entschieden ist. Vielleicht wird der Begriff ja auch in eine der nächsten Dudenauflagen aufgenommen.

HOLGER R. STUNZ

Anke Goldberg: "Konrad Duden". Schreibe, wie Du sprichst. Sutton Verlag, Erfurt 2007. 96 S., br., 30 Abb., 14,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Holger R. Strunz staunt. Darüber, dass hiermit erst die zweite Biografie Konrad Dudens vorliegt. Und über den Humor, die Treffsicherheit und die Kurzweiligkeit, die das Buch von Anke Goldberg seiner Meinung nach auszeichnen. Auf so begrenztem Raum sämtliche Erkenntnisse zu Duden zusammenzufassen, Unbekanntes aus den Archiven zu präsentieren und sich dabei nicht auf das "orthografische Lebenswerk" zu beschränken, findet er bemerkenswert. Ebenso die hier eingeflossene Erkenntnis, dass die deutsche Rechtschreibung ihre Geschichte und Gestalt ganz konkreten Nöten verdankt - des einstigen Hauslehrers Konrad Duden nämlich.

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