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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.10.2011

Süddeutsche Zeitung Bibliothek
Bibliothek des Humors 3

Eierhandgranaten der
Emanzipation
Fay Weldon:
„Die Teufelin“
„Endlich hast du mir dein wahres Gesicht gezeigt. Du bist eine drittklassige Person, eine schlechte Mutter, eine noch schlimmere Ehefrau. In Wirklichkeit bist du gar keine Frau, du bist ein Teufel, genau eine Teufelin.“ Mit diesem dramatischen Auftritt ihres Ehemanns Bobo, – türschlagend verlässt er seine Vorort-Ehehölle in Richtung Geliebter –, zerbricht das Kammerspiel des häuslichen Unglücks, in dem sich Ruth eingerichtet hatte. Ihre Wut darüber verwandelt sich in kalte Rache, in einen wahrhaft teuflischen Vernichtungsplan. Doch Mitleid hat Fay Weldon in diesem ihrem berühmtesten und erfolgreichsten Roman „Die Teufelin“ mit keinem ihrer Protagonisten, denn hier wird eine schwarze Komödie mit den Stilmitteln der Satire inszeniert. Wie ein Florett setzt die Autorin ihre Sprache ein, trifft gnadenlos die Schwächen ihrer Disputanten, männlich oder weiblich. Weil der Vernichtungsplan die Mitarbeit vieler Helfer braucht, die Ruth kaltblütig ausnutzt, entsteht gleichzeitig ein gnadenloses Porträt der englischen Gesellschaft. Das Zusammenleben zwischen den Geschlechtern beruht scheinbar auf Sex, ist aber in Wirklichkeit durch den Machtfaktor Geld bestimmt. Und so entzieht Ruth ihrem Ehemann wie eine giftige Spinne erst sein Vermögen und schließlich seine Freiheit. Die Handlung lebt aus den Antagonismen, die der Pfeffer in der höllischen Suppe sind. Auf der einen Seite Ruth, die betrogene Ehefrau, eine hässliche, ungeschickte Riesin, und auf der anderen Seite die Geliebte Mary Fisher, eine Schriftstellerin, die ihr Leben wie in ihren Romanen inszeniert, als schöne, reiche, begehrte und exzentrische Frau.
Der Ruf, den Fay Weldon genießt, ihre Bücher seien die Eierhandgranaten der weiblichen Emanzipation, trifft auf die Figur von Bobo zu in der Demontage vom gewissenlosen, berechnenden, erfolgreichen Beau zu einem gebrochenen, abhängigen und unterwürfigen Ehemann. Doch in Ruth werden keine feministischen Glaubenssätze verwirklicht, denn schwarzer Humor und Ironie eignen sich selten zu direkter Belehrung und so endet diese Geschichte zwar mit einem Happy End, bei dem einem aber das Lachen im Hals stecken bleibt. ROSWITHA BUDEUS–BUDDE
Fay Weldon
Foto: Horst Tappe
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