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Ein kleiner nordschwedischer Ort inmitten endloser Tannenwälder und schwarzer Moore: Als die junge Myrten ihn mit einem Geheimnis verlässt, glaubt sie, nie wieder dorthin zurückkehren zu können . . .

Produktbeschreibung
Ein kleiner nordschwedischer Ort inmitten endloser Tannenwälder und schwarzer Moore: Als die junge Myrten ihn mit einem Geheimnis verlässt, glaubt sie, nie wieder dorthin zurückkehren zu können . . .
Autorenporträt
Kerstin Ekman, geb. 1933, gilt als die wichtigste skandinavische Gegenwartsautorin. Ihr umfangreiches literarisches Werk ist preisgekrönt, wurde vielfach verfilmt und in zahlreiche Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.12.2003

Zwangsarbeit im Stilbruch
Alles fließt kalt den Bach hinunter: Kerstin Ekmans „Die letzten Flöße”
Seltsamerweise verbindet sich mit Skandinavien in der Literatur oft ein Eindruck der Tiefe. Es sind weniger die endlosen Wälder und Seenlandschaften Finnlands und Schwedens oder die weitläufige Leere Lapplands, die das literarische Bild der Region prägen, als Eindrücke eigentümlicher Vertikalität. Baumeister Solness strebt in Henrik Ibsens gleichnamigen Drama geradewegs in babylonische Höhen, und sein Peer Gynt treibt sich durch die Höhlen derTrolle. ETA Hoffmanns „Bergwerk von Falun” oder Hugo von Hofmannsthals gleich benanntes Drama sind tiefgründig im Wortsinn. Auch in Kerstin Ekmans Roman „Die letzten Flöße” kommt vieles aus der Tiefe. Es ist eine literarische Grabung in die düsterste Zeit skandinavischer Geschichte: der Okkupation Norwegens durch die Nazis und der Kollaboration der Einwohner. Im Mittelpunkt steht unter anderem ein Glaskünstler, der aus Sand und Kohle, den Elementen der Erde, Kreaturen aus den Tiefen seines Unterbewusstseins Form verleiht. Selbst die Gefühlswelt ist hier gleichsam unterirdisch: Da geht es um verdrängtes Begehren, uneingestandene Liebe und verschüttete Muttergefühle.
Ekman erzählt eine Geschichte in ewigem Dämmerlicht. Im Lappland der Kriegsjahre finden auf verschneiten Pfaden Elias, ein vor den Deutschen flüchtender norwegischer Glasbläser, und die Nordschwedin Myrten für kurze Zeit zueinander. Schon bald jedoch zerstört Myrtens Mutter die junge Liebe. In zwei Handlungssträngen zeichnet der Roman ihre sich nun voneinander entfernenden Lebenswege nach: Elias kehrt nach Norwegen zurück, ehelicht die an Kinderlähmung erkrankte Tochter eines Glasmagnaten und kommt mit gläsernen Kunstwerken zu Ruhm. Myrten dagegen verlässt aus anderen Gründen die Heimat: Sie erkennt, dass sie schwanger ist und weiß, was das in ihrem kleinen nordschwedischen Heimatdorf bedeutet: den gesellschaftlichen Tod. So bringt sie ihre Tochter in Stockholm heimlich zur Welt, gibt sie zur Adoption frei, um äußerlich unverändert, doch innerlich leer zurückzukehren – sie hat die Liebe von sich geschoben wie das aus ihr entsprungene Kind. Nur einmal noch kreuzen sich Myrtens und Elias’ Wege beinahe, als sie eine Ausstellung seiner Werke besucht. Sie begegnen sich jedoch nicht, und das Hauptwerk der Ausstellung, ein gläserner Fötus, steht in seiner Glätte und Kälte symbolisch für die Frostigkeit ihrer Gefühlswelten. Er wird zum Sinnbild ihrer tot geborenen Liebe.
Eis im Herzen
Es scheint, als beschreibe Ekman mit Elias’ gläserner Kunst ihr eigenes literarisches Programm. Auch sie schöpft aus dem Unterbewussten, und unter der eisigen Oberfläche erstarrter Gefühle fließen stetig die Bewusstseinsströme. Aus ihnen fischt die Autorin sprachliche Bilder, die wie Elias’ kristalliner Fötus symbolische Bedeutung erlangen: Der Wald wird zum Ort emotionaler Verwurzelung und Heimatverbundenheit, Schnee legt sich auf die Dörfer wie die Kälte auf die Herzen ihrer Bewohner, und die in den Horizont treibenden Flöße werden zum letzten Versprechen von Freiheit.
Nur hat Ekmans Sprache selbst leider nichts von dieser gläsernen Klarheit; sie hat einen Sprung. Das ist um so bedauerlicher, als ihr in „Die letzten Flöße” entscheidende Bedeutung zukommt: An ihr will die Autorin aufzeigen, wie in Lappland die verschiedenen skandinavischen Kulturen zusammentreffen. So entsteht ein sprachliches Gemisch, das im Original in seiner Vielstimmigkeit vielleicht noch die Vielfältigkeit skandinavischer Kultur widerspiegelt, in der deutschen Übertragung jedoch nur noch unfreiwillig komisch wirkt. Die unglücklich Liebenden finden „mählich” zueinander, finden sich „nettens”, aber sind dann doch stets „alleinig”. Da „glosten” die Augen und „joiken” die Musiker, da werden die Rentiere „angelascht” und „horken” die Hirsche, und unter geselligen Trinkern macht „der selbstgebrannte Finkeljochum” die Runde, bis man dem eigenen Wörterbuch misstraut.
Doch gerade wenn man sich an die verschraubt-archaische Sprechweise zu gewöhnen beginnt, wird sie durch vulgäre Wendungen wie „hatte sie an den Titten ihrer Mutter geschlabbert?” völlig unmotiviert durchbrochen. Rentiere gehen „durch die Heimsuchung der Wölfe verloren”, nur damit man sich fortan „durchwursteln” muss. Es muss ein Erdbeben hindurchgegangen sein durch diesen Roman oder zumindest eine brachiale Übersetzerin, so prallen die sprachlichen Ebenen tektonischen Platten gleich aufeinander und hinterlassen stilistischen Schutt. Diese erzählerische Tiefenbohrung trifft keine Ader reinen Spracherzes, sondern müht sich in einem Stilbruch, aus dem sie stilistische Versatzstücke schlägt. Und hin und wieder blüht einsam eine zarte Stilblüte am Rande dieses Waste Lands der Wörter, wenn die Verlassene „ein Quentchen weint” oder gar die Liebe „den Bach hinunter geht”.
So gräbt der Roman in der Tiefe archaischer Redewendungen und verdrängter Nationalgefühle, doch fördert er vor allem Sprachschutt zu Tage. Tiefgründig ist er deshalb nicht.
RALF HERTEL
KERSTIN EKMAN: Die letzten Flöße. Aus dem Schwedischen von Hedwig M. Binder. Piper Verlag, München 2003. 480 Seiten, 22,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In ihrem neuesten Roman erzählt die schwedische Autorin Kerstin Ekman eine Geschichte aus düsteren Zeiten, während der Besetzung Norwegens durch Hitlerdeutschland, wie Rezensent Ralf Hertel erklärt. Ausgehend von der kurzen Liebesgeschichte zwischen dem vor den deutschen Soldaten fliehenden norwegischen Glasbläser Elias und der Nordschwedin Myrten, beschreibt Ekman im folgenden die Lebenswege der beiden, die sich in ferner Zukunft noch einmal, wenn auch nicht direkt kreuzen werden. Die Geschichte verspreche einiges an Tiefgang, deutet der Rezensent an, der es folglich um so "bedauerlicher" findet, dass das Buch auf sprachlicher Ebene eine einzige Enttäuschung bleibt: "Es muss ein Erdbeben hindurchgegangen sein durch diesen Roman oder zumindest eine brachiale Übersetzerin, so prallen die sprachlichen Ebenen tektonischen Platten gleich aufeinander und hinterlassen stilistischen Schutt".

© Perlentaucher Medien GmbH
'Kerstin Ekmans Roman ist glasklar und zugleich undruchdringlich wie ein dunkler See. Menschen überqueren ihn und ertrinken darin.' (Dagens Nyheter)