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Glamourös, intelligent, ergreifend: Eine Emanzipationsgeschichte aus dem Herzen Hollywoods_Eine unwahrscheinliche, aber wahre Geschichte: In ärmsten Verhältnissen in den Slums von London geboren, im Waisenhaus aufgewachsen, zur Näherin ausgebildet, dann Dienstmädchen in Londoner Herrenhäusern, doch alsbald umschwärmte Tänzerin in anzüglichen Revuen - die Biographie der lebenslustigen Sheilah Graham mutet an wie ein Filmstoff aus dem Hollywood der 40er und 50er Jahre. Und genau dort feiert die in die USA ausgewanderte, bildschöne Engländerin ihre größten Triumphe als Kolumnistin. Sie unterhält…mehr

Produktbeschreibung
Glamourös, intelligent, ergreifend: Eine Emanzipationsgeschichte aus dem Herzen Hollywoods_Eine unwahrscheinliche, aber wahre Geschichte: In ärmsten Verhältnissen in den Slums von London geboren, im Waisenhaus aufgewachsen, zur Näherin ausgebildet, dann Dienstmädchen in Londoner Herrenhäusern, doch alsbald umschwärmte Tänzerin in anzüglichen Revuen - die Biographie der lebenslustigen Sheilah Graham mutet an wie ein Filmstoff aus dem Hollywood der 40er und 50er Jahre. Und genau dort feiert die in die USA ausgewanderte, bildschöne Engländerin ihre größten Triumphe als Kolumnistin. Sie unterhält Amerikas kinoverliebte Provinz mit Märchen und Schauergeschichten aus der Traumfabrik. Das Aufsteigerschicksal gipfelt in der bitteren und traurigen Liaison der Autorin mit dem Dichter F. Scott Fitzgerald (Der große Gatsby). Fast drei Jahre lang lebt Sheilah Graham mit dem Dichter zusammen. Der damals fast schon vergessene, inzwischen erfolglose Fitzgerald findet Halt in der Beziehung zuder Journalistin - und fällt immer wieder in seinen schweren Alkoholismus zurück. Seine große Zeit ist vorüber, Hollywood schiebt den Dichter beiseite, völlig vereinsamt stirbt er an der Seite seiner neuen unglücklichen Liebe._Diese Memoiren zeigen das glamouröse London der 20er und 30er Jahre und lassen die Zeit aufleben, in der Amerikas Filmindustrie die Vereinigten Staaten mit mythisch gewordenen Filmen neu erfand.
Autorenporträt
Sheilah Graham, als Lily Sheil 1904 in London in ärmlichsten Verhältnissen geboren und von der Mutter mit sechs Jahren in ein Waisenhaus gegeben, schaffte den Sprung nach Hollywood und wurde dort als Sheilah Graham eine der erfolgreichsten Kolumnistinnen ihrer Zeit. 1988 starb sie in Palm Beach, Florida.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2009

"Ich mag Sie." - "Ich mag Sie auch."
Alkohol, verblasster Ruhm, Lebenslügen: Die tragischen Erinnerungen von Sheilah Graham, der letzten Geliebten von F. Scott Fitzgerald

Plötzlich war da dieser Mann in Blau. Blauer Anzug, blaue Lippen, blaue Augen, saß er da in Zigarettenrauch gehüllt am anderen Ende des Saales, ganz allein und schweigend. Sheilah Graham war von ihrem Haus hoch über den Hügeln Hollywoods, wo sie eine kleine Party gegeben hatte, in den "Garten Allahs" heruntergekommen, eine Bar im Herzen der Filmstadt, um weiterzufeiern bis in den Morgen. Sie war Klatschkolumnistin in Hollywood, ihre Geschichten erschienen in 65 Zeitungen in Amerika und England, und ihr Leben war eine einzige Lüge. Sie war in den Elendsquartieren des Londoner East Ends aufgewachsen, später im Waisenhaus mit kahlrasiertem Kopf, sie hieß eigentlich Lily Sheil und hatte sich irgendwann eine neue Biographie erfunden. Falsche Vorfahren, falsche Herkunft, nur ihre Träume waren echt. Und wenn sie in ihren Kolumnen jetzt, um 1936 herum, einen Menschen als unheilbar altmodisch und aus der Zeit gefallen beschreiben wollte, nannte sie ihn eine F.-Scott-Fitzgerald-Figur.

Irgendwann war der Mann in Blau verschwunden. Sheilah Graham fragte einen Freund, wer das gewesen sei und warum er nur geschwiegen habe, so für sich. "Er hasst Partys", sagte der Freund. Und: "Das war F. Scott Fitzgerald, der Schriftsteller." Wenige Tage später haben sie sich wiedergesehen. Es war auf einem Treffen der Schriftstellervereinigung. Irgendwann saß er allein an seinem Tisch und sie allein an ihrem. Sie sahen sich an und schwiegen von Tisch zu Tisch, sie dachte: "Er sollte hinaus in die Sonne." Irgendwann beugte er sich zu ihr vor, lächelte und sagte: "Ich mag sie." Darauf die Kolumnistin: "Ich mag Sie auch." Viel mehr geschah an diesem zweiten Abend der beiden nicht, nicht mal ein Tanz.

"Doch etwas bahnte sich an", schreibt Sheilah Graham in ihren Lebenserinnerungen, die in diesen Tagen erstmals auf Deutsch erscheinen. Es sind Erinnerungen an ein wunderliches Leben, eine glanzvolle Aufstiegsgeschichte aus tiefstem Elend in hellsten Glanz, vor allem aber ist es die Geschichte einer Liebe, die Geschichte der letzten Liebe des Schriftstellers F. Scott Fitzgerald, den alle schon für tot hielten, damals, als Sheilah Graham ihn kennenlernte. Radikaler und schneller ist wohl selten ein Ruhm verblasst als der Ruhm dieses Mannes, der 1920 mit seinem ersten Roman "Diesseits vom Paradies" so plötzlich und überwältigend schnell zu Geld und Ansehen und Erfolg gekommen war und der mit seiner Frau Zelda ein rauschhaftes Leben führte, wie in seinen Romanen. Und der nach dem Nervenzusammenbruch seiner Frau 1930 mehr und mehr dem Alkohol verfiel und den Erinnerungen an sein früheres Leben, der Sehnsucht nach einer ewigen Vergangenheit.

Es kam oft zu peinlichen Situationen in seinen letzten Lebensjahren, wenn er sich vorstellte im Gespräch mit Fremden und diese dann so seltsam befangen waren. Er hielt es für Respekt, doch Sheilah Graham wusste: Es war der Schreck der Menschen, die sich unvermittelt im Gespräch mit einem Totgeglaubten wiederfanden. Und als er, kurz nach den ersten Tänzen mit Sheilah, gemeinsam mit ihr in die Buchläden der Stadt geht, um ihr ein Buch von sich zu kaufen, erhält er in jedem Geschäft die gleiche Auskunft: nicht mehr vorrätig, wird nicht mehr verlangt, Bücher der Vergangenheit, vergessen.

F. Scott Fitzgerald ist ganz unten, als er Sheilah Graham trifft. Er ist nach wie vor mit Zelda verheiratet, wird es auch bis zu seinem Lebensende bleiben, besucht sie regelmäßig in der psychiatrischen Klinik, liebt sie weiterhin, aber jetzt als Schatten auf seinem Leben. Und seine neue Liebe, Sheilah, ist für ihn nur ein Abglanz der einen wahren Liebe - eine Erinnerung, die plötzlich an jenem Tisch in der Gegenwart aufgetaucht war. In seinem letzten, unvollendeten Buch, "Die Liebe des letzten Tycoon" hat er darüber geschrieben, wie es war, die große alte Liebe in einer neuen, gegenwärtigen Frau wiederzufinden: "Das, was er von ihrem Gesicht gesehen hatte, war Minnas Gesicht, leuchtend, mit cremefarbenen Schläfen und opalisierender Stirn, kokosfarbenem lockigem Haar. Er hätte sie mit fast familiärer Vertrautheit in die Arme nehmen und an sich ziehen können, er kannte schon den Flaum auf ihrem Nacken, jeden einzelnen Wirbel ihres Rückgrats, ihre Augenwinkel und ihre Art zu atmen, sogar die Beschaffenheit der Kleider, die sie tragen würde."

Fitzgerald hat Sheilah Graham später aus seinem letzten Buch vorgelesen. Sie hörte atemlos zu, staunend, wie er sie in Literatur verwandelt hatte. "Sah er mich so? Wenn ich Kathleen war, so war Minna Zelda." Es ist wohl etwas langweilig und banal gedacht, so einfach die Literatur ins Leben zurückzuübersetzen. Aber sie fühlt sich magisch verwandelt, sieht ihr ausgedachtes Leben plötzlich in eine neue, feste Welt eingefügt, nun als Kathleen in der Welt des letzten Tycoons. Jeden Abend las er ihr ihre gemeinsame Geschichte vor: "Es wurde ein hinreißendes Spiel für mich, allabendlich darauf zu warten, daß ich mehr von dieser Story hörte, unserer Story, die Scott in den Roman verwob, mit der er sich seinen rechtmäßigen Platz unter den Zeitgenossen wiederzuerobern hoffte."

Ein seltsames Spiegelspiel, das die beiden da Abend für Abend spielten. Doch Vorlesen gehörte schon früh zu ihrer Liebe dazu. "Ich will dir noch etwas vorlesen, Sheilo", begann er immer und fügte dann zum Beispiel an: "Hör zu. Es heißt ,An eine spröde Geliebte'." Das Vorlesen war Teil eines regelrechten Bildungsprogramms, das Fitzgerald schon bald, nachdem sie ihm ihre wahre Herkunft und geringe Bildung enthüllt hatte, aufgenommen hatte. Plato, Aristoteles, Rabelais, Proust. Der Schriftsteller legte ihr Buch auf Buch vor, strich unwichtige Passagen aus, machte Anmerkungen an den Rändern wie "langweilig, auslassen", "genau lesen, dazu die bezeichneten Seiten in Plutarchs Lebensbeschreibung" usw. Sie las und lernte mit Begeisterung, und am Abend wurde das Gelesene dann besprochen.

Sheilah Graham beschreibt die Jahre an Fitzgeralds Seite als Glück am Rande des Abgrunds. Wenn er trank, brach das Leben, brach das Glück, brach alles entzwei. Er floh vor ihr, drohte sie zu erschießen, schließlich floh sie, er verleumdete sie in aller Welt, enthüllte ihre wahre Herkunft und entblößte damit jedoch weniger als sie vor allem sich selbst. Der Teil der Welt, der noch wusste, dass es ihn gab, lernte, ihn zu verachten. Seine Geschichten wurden immer seltener gedruckt, die Honorare fielen und fielen, er musste immer schneller schreiben. Die Geschichten wurden dünner, er wusste das selbst am besten. Er schrieb es sogar, der Verrückte, in den Geschichten, die er an Zeitschriften verkaufen wollte und die genau dies doch eigentlich verbergen sollten: "Die Schwierigkeit bestand darin, dass die Geschichte für eine Zeitschrift, an der er schrieb, in der Mitte so dünn geworden war, dass sie Gefahr lief, sich in Luft aufzulösen." Das stimmte, und jeder merkte es. Aber sein Stil war immer glänzend, auch in der schlechtesten Lebensphase, und wer den letzten Band seiner Erzählungen, der gerade wieder neu erschienen ist, wiederliest, wird staunen über all die vielen schönen, klaren Sätze aus dieser dunklen Welt. Nur lässt er sich immer öfter zu einem verlogenen Happy End verführen, vielleicht aus Angst vor dem schlechten Ende, das ohnehin alles immer nehmen würde und nahm, in seinem Leben.

Sheilah Grahams Erinnerungen nehmen sich neben diesen Glanzstücken stilistisch natürlich etwas rührselig und dürftig aus. Aber das ist ein ungerechter Vergleich. Sie schreibt die fast unglaubliche Geschichte einer Frau, die in ein phantastisches Leben hineingewirbelt wird, sich in diesen Mann verliebt, ihn liebt, wie keinen anderen in ihrem Leben, und wie sie versucht, den eigenen Kopf oben zu behalten bei all dem Abgrund, den er mit sich bringt. Sie war bei ihm bis zu seinem letzten Tag im Dezember 1940. Am Abend vorher hatten sie im Kino "This Thing Called Love" gesehen, er starb im Sessel, als er gerade in der Zeitung wichtige Football-Ergebnisse mit dem Bleistift markierte. Schon früh hatte er in einer Erzählung mit dem Titel "Ein Fall von Alkoholismus" geschrieben - und ihr womöglich auch vorgelesen: "In dieser einen Sekunde gab er ihr zu verstehen, dass er durchaus sterben wollte, und sie wusste, dass sie bei all ihrer Übung und Erfahrung nie etwas wirklich Entscheidendes würde für ihn tun können."

VOLKER WEIDERMANN

Sheilah Graham, Gerold Frank: "Die furchtlosen Memoiren der Sheilah Graham". Übersetzt von Marguerite Schlüter. Eichborn 2009, 380 Seiten, 32 Euro

F. Scott Fitzgerald: "Der letzte Kuss". Erzählungen. Diogenes 2009, 530 Seiten, 24,90 Euro

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