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Die arabische Revolution wird, wenn sie Erfolg hat, ein ähnlich epochales Ereignis sein wie die friedliche Revolution von 1989 in Osteuropa. Mehr als 200 Millionen Araber zwischen Persischem Golf und Atlantik sind dabei, das Joch jahrzehntelanger despotischer Regime abzuschütteln und Anschluss zu finden an die freiheitliche, moderne Welt des Westens. Eugene Rogan, einer der besten Kenner der arabischen Welt, bietet mit seiner großen Geschichte der Araber eine exzellente Grundlage zum Verständnis der aktuellen Ereignisse in Ägypten, Syrien, Tunesien oder Libyen. Rogans Darstellung beginnt mit…mehr

Produktbeschreibung
Die arabische Revolution wird, wenn sie Erfolg hat, ein ähnlich epochales Ereignis sein wie die friedliche Revolution von 1989 in Osteuropa. Mehr als 200 Millionen Araber zwischen Persischem Golf und Atlantik sind dabei, das Joch jahrzehntelanger despotischer Regime abzuschütteln und Anschluss zu finden an die freiheitliche, moderne Welt des Westens. Eugene Rogan, einer der besten Kenner der arabischen Welt, bietet mit seiner großen Geschichte der Araber eine exzellente Grundlage zum Verständnis der aktuellen Ereignisse in Ägypten, Syrien, Tunesien oder Libyen. Rogans Darstellung beginnt mit der Eroberung der arabischen Welt durch das Osmanische Reich zu Beginn des 16. Jahrhunderts und führt bis zum revolutionären Aufbruch unserer Tage. Es ist eine lange Geschichte der Unterdrückung und Ausbeutung, die Rogan eindringlich zu erzählen weiß. Aber auch die reiche Kultur dieser Länder und die vielen kaum bekannten Versuche der arabischen Völker in der Vergangenheit, sich gegen ihre Unterdrücker aufzulehnen und Freiheit und Wohlstand zu erlangen, werden anhand einer Fülle faszinierender Originalquellen anschaulich dargestellt. Ein großes Buch zur rechten Zeit.

Autorenporträt
Rogan, EugeneEugene Rogan, geboren 1960, ist Direktor des renommierten Middle East Centre der Oxford University. Dort lehrt und erforscht der amerikanische Historiker seit 1991 die Geschichte des Nahen und Mittleren Ostens.

Freundl, HansHans Freundl, geb. 1957, übersetzt Sachbücher aus dem Englischen, u.a. von David Graeber, Nelson Mandela und Bob Woodward.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rudolph Chimelli nennt diese Geschichte der Araber lesenswert, doch macht er auch etliche Kritikpunkte fest, die recht gravierend erscheinen. Positiv rechnet er dem Historiker Eugene Rogan an, dass er die Hintergründe der aktuellen Revolten in der arabischen Welt gründlich analysiert und auch mit unbequemen Wahrheiten nicht hinterm Berg hält, etwa dass bei Wahlen immer die Partei am besten abschneide, die den USA am feindlichsten gesinnt sei. Auch wie Rogan den Nahost-Konflikt mit dem ungerechten Teilungsplan der UN begründet, findet Chimellis Zustimmung. Negativ zu Buche schlägt in den Augen des Rezensenten dagegen die Entscheidung, diese Geschichte der arabischen Welt mit der osmanischen Eroberung beginnen zu lassen, also zu dem Zeitpunkt, als die Araber aufhörten "selbstständig handelnde Akteure der Geschichte zu sein". Die achthundert Jahre, in denen die Araber ihr Weltreich eroberten und zur Blüte führten, tauchen nicht auf. Zweifel äußert Chimelli auch am Begriff der Araber sowie an der Entscheidung, kein Wort über "Poesie, Literatur, Musik oder Küche" zu verlieren.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.03.2012

Im blutigen Marionettentheater des Kolonialismus
Ein Wegweiser zum Verständnis der aktuellen Rebellionen: Eugene Rogans „Die Araber – eine Geschichte von Unterdrückung und Aufbruch“
Dieses lesenswerte und sehr lesbare Buch trägt den etwas anfechtbaren Titel „Die Araber – eine Geschichte von Unterdrückung und Aufbruch“. Der Untertitel des vor drei Jahren erschienenen englischen Originals lautete schlicht „a History“. Die deutsche Ausgabe ist durch eine kurze Einführung über die seither ausgebrochene arabische Revolution aktualisiert. Der deutsche Hauptteil des Buches beginnt wie die englische Ausgabe gerade in dem Augenblick, da die Araber aufhörten, selbständig handelnde Akteure der Geschichte zu sein, nämlich mit der Inbesitznahme Syriens, Ägyptens und des Hedschas durch die Osmanen.
Der Prophet Mohammed und der Islam, die rasche Aufrichtung des arabischen Weltreichs, die Spaltung in Sunna und Schia, der Glanz der Kalifate von Bagdad und Cordoba kommen nicht vor. Vielleicht ging der Verfasser davon aus, dass Interessierte dies alles bei Edmund von Grunebaum, Philip Hitti, Arnold Hottinger oder Maxime Rodinson nachlesen können. Doch ist das Buch nicht für Fachleute, sondern für ein breites Publikum bestimmt. Und so wäre, obgleich sein Thema die Auseinandersetzung der arabischen Völker mit fremder Beherrschung ist, für das Verständnis der späteren Entwicklung eine Darstellung jener ersten acht Jahrhunderte des Islam, die für die Ausbildung von Sprache, Kultur und nationalem Bewusstseins der Araber entscheidendend waren, nützlich gewesen. Hätte der Autor weiter zurückgegriffen, so hätte er beispielsweise anführen können, dass man im Bagdad des 9. Jahrhunderts in Gegenwart des Abbassiden-Kalifen über die Natur des Korans diskutieren konnte, was heute nirgends mehr möglich wäre. Oder dass der Name des Dichters al-Mutanabbi wörtlich bedeutet „der sich als Prophet ausgibt“, ohne dass dies damals jemand als Sakrileg empfunden hätte.
Ein weiteres Buch über die Araber im Jahr II ihres Frühlings? Das kann Neugier wecken oder auch Überdruss. Denn vieles, was über die Arabellion geschrieben wurde, bestand aus Schnellschüssen, bereits überholten Analysen oder ging über die Aufbereitung der Aktualität nicht hinaus. Auf Eugene Rogans „Araber“ trifft dies nicht zu. Der amerikanische Historiker hat die Voraussetzungen und Hintergründe des Aufstands gegen die korrupten Tyranneien und ihre westlichen Protektoren als Leiter des Middle East Centre von Oxford gründlich studiert – noch bevor die Revolten ausbrachen. Einige seiner Feststellungen sind haltbare Erklärungen für das, was geschah und noch geschieht: Jede freie und faire Wahl in der arabischen Welt würden die Islamisten heute spielend gewinnen. Oder es sei eine „unbequeme Wahrheit“, dass bei solchen Wahlen immer die Amerika-feindlichsten Parteien am besten abschneiden würden.
Rogan legt die Wurzeln des Palästina-Israel-Konflikts auf wenigen Seiten dar. Als die zionistische Bewegung entstand, machten die Juden allenfalls drei Prozent der Bevölkerung Palästinas aus. Als Folge der Balfour-Deklaration wuchs die jüdische Einwanderung unter dem britischen Protektorat lawinenartig an. Der Uno-Teilungsplan von 1947 wies den 600 000 Juden 55 Prozent des Territoriums zu, den 1,2 Millionen Arabern, die noch Eigentümer von 94 Prozent des Landes waren, nur 45 Prozent. „Viele Städte mit arabischer Mehrheit wie Haifa, wurden dem jüdischen Staat zugewiesen.“ Das Bild des „jüdischen David“, umgeben von „feindlichen arabischen Goliaths“ während des israelischen Unabhängigkeitskrieges von 1948, habe der Stärke der Streitkräfte nicht entsprochen.
Wie sich die Abneigung gegen die Kolonialisten aufbaute, schildert das Buch eindrücklich. Die „Pazifizierung“ Algeriens wurde von General Bugeaud in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch eine Strategie der verbrannten Erde betrieben. „Er ließ Dörfer niederbrennen, trieb Viehherden auseinander, vernichtete Ernten und verwüstete Obstgärten. Männer, Frauen und Kinder wurden getötet, und den Offizieren wurde befohlen, keine Gefangenen zu machen. Alle Kämpfer, die sich ergeben wollten, wurden niedergemetzelt.“ Im Ersten Weltkrieg zogen die Franzosen 200 000 algerische Muslime zum Militär ein. Aber noch 1936 wollte die Volksfront-Regierung Léon Blums nur 25 000 Algeriern die französische Staatsangehörigkeit geben.
Eine britische Jagdgesellschaft schoss in einem Dorf des Nildeltas die Tauben der Bauern ab. Dagegen erhob sich ein Aufruhr, bei dem ein britischer Offizier verletzt wurde, der später starb. Vier Ägypter wurden dafür aufgehängt, andere ausgepeitscht und zu langer Zwangsarbeit verurteilt. An Vorfällen wie diesem entzündete sich der nationale Widerstand. Der britische Sicherheitsoffizier, der 1919 Streiks und Demonstrationen niederschlug, sprach von „heulenden Wahnsinnigen auf den Straßen, vorübergehend emanzipierten Frauen als Brandrednerinnen, Kindern und Lumpengesindel“. Als der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser den Suezkanal nationalisiert hatte, hetzte der irakische Premierminister Nuri as-Said bei seinem britischen Kollegen Anthony Eden mit den Worten zum Suez-Feldzug von 1956: „Hit him! Hit him now, and hit him hard!“ Diese Episode steht nicht bei Rogan. Aber die Araber haben das Zusammenspiel der Briten mit ihren einheimischen Marionetten nie vergessen. Eine Volksmenge schleifte Saids Leiche nach der irakischen Revolution von 1958 durch die Straßen Bagdads.
Schon früh in seinem Text geht Rogan auf die schillernde Natur des Begriffs „Araber“ ein. Dieses Problem hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Vor einem Jahrhundert wäre ein Stadtbürger von Damaskus oder ein palästinensischer Bauer verblüfft gewesen, wenn jemand sie Araber genannt hätte. Sie empfanden sich als rechtgläubige Untertanen des Sultans in Damaskus oder als Angehörige ihrer Religionsgemeinschaft. Araber waren für sie Leute, die in Zelten lebten und durch die Wüste zogen. Noch 1945 mussten die Briten bei Gründung der Arabischen Liga erheblich Druck auf die Ägypter ausüben, damit diese beitraten. An der Entwicklung der modernen Vorstellung von einer arabischen Nation hatten Christen bedeutenden Anteil.
Nur en passant erwähnt der Verfasser, den Theologen Ibn Taymiyya, der im 14. Jahrhundert in Damaskus verfolgt wurde, weil er die mangelnde Frömmigkeit der Regierenden anprangerte und die Rückkehr zum reinen Islam des Propheten predigte. Zu Recht weist Rogan darauf hin, dass Ibn Taymiyyas Denken prägenden Einfluss auf Mohammed Ibn Abdel Wahab erlangte, der sich im 18. Jahrhundert mit dem Stammesscheich Mohammed Ibn Saud verbündete. Der puritanische Wahabismus wurde zur Staatsdoktrin Saudi-Arabiens. Nicht weniger folgenschwer ist, dass die Islamisten der Gegenwart Ibn Taymiyya als ihren ersten Vordenker betrachten. Eines seiner Dutzend Werke mit dem verblüffend modernen Titel „Politik und Recht“ gehörte zur bevorzugten Lektüre im Kreis der Attentäter gegen den ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat. Ausführlich zitiert Rogan dagegen amüsante Passagen aus dem Tagebuch von Ahmad al-Budayri al-Hallaq, des Barbiers von Damaskus. Er rasierte im 18. Jahrhundert die Großen und wusste, was in der Stadt vorging.
Nur selten unterlaufen Rogan Ungenauigkeiten. Der Angehörige des jungtürkischen Triumvirats, der während des Ersten Weltkriegs Syrien regiert, hieß Dschemal-Pascha, nicht Kemal-Pascha. Die syrische Wüstenstadt Tadmor, in deren berüchtigtem Gefängnis Hafis al-Assad viele hundert Muslim-Brüder hinrichten ließ, ist im Westen besser unter dem Namen Palmyra bekannt. Als Unterlassung ist zu vermerken, dass es für den Verfasser arabische Poesie, Literatur, Musik oder Küche nicht zu geben scheint. Er kennt nicht einmal die Sängerin Umm Kulthum. Noch Jahrzehnte nach ihrem Tod hört unter allen Arabern jeder Streit auf, wenn eines ihrer Lieder erklingt.
RUDOLPH CHIMELLI
EUGENE ROGAN: Die Araber. Eine Geschichte von Unterdrückung und Aufbruch. Aus dem Englischen von Hans Freundl, Norbert Juraschitz, Oliver Grasmück. Propyläen Verlag, Berlin 1912. 736 Seiten, 26,99 Euro.
Jede freie und faire Wahl in der
arabischen Welt würden die
Islamisten heute spielend gewinnen
Um 1900 wäre ein Bürger von
Damaskus verblüfft gewesen, wenn
man ihn Araber genannt hätte
Bagdad unter britischer Beflaggung während der Revolte der Araber im Jahr 1920. Foto: Bettmann/Corbis
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»Ein gut geschriebenes und quellenreiches Buch.« Aschot Manutscharjan Das Parlament 20121001