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Eine Gesellschaftskomödie über Ehe, Freundschaft und erotische Nostalgie, voller witzig-boshafter Anekdoten und mit einer unverwüstlichen Sympathie für menschliche Schwächen.

Produktbeschreibung
Eine Gesellschaftskomödie über Ehe, Freundschaft und erotische Nostalgie, voller witzig-boshafter Anekdoten und mit einer unverwüstlichen Sympathie für menschliche Schwächen.
Autorenporträt
Armistead Maupin, geboren 1944 in Washington, studierte Literatur an der University of North Carolina und arbeitete als Reporter für eine Nachrichtenagentur. Er schrieb für Andy Warhols Zeitschrift "Interview", die "New York Times" und die "Los Angeles Times". Seine Geschichten aus San Francisco, die berühmten "Tales of the City", verfasste er über fast zwei Jahrzehnte als täglichen Fortsetzungsroman für den 2San Francisco Chronicle". Maupin lebt in San Francisco.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.12.1995

Mutter Natur ist die beste
Londa Schiebingers Sprachnatur / Von Alexandre Métraux

Für gelehrte Männer, die sich reihum eine gleichschwebende Beobachtungsund Auffassungsgabe zuschrieben, hatte Jean-Jacques Rousseau, der große Empfindsame mit den vielen Widersprüchen, nur Skepsis übrig. In seinem Diskurs über die Ungleichheit der Menschen von 1755 gab er zu bedenken, daß die Bewohner Europas, die in den vergangenen drei- oder vierhundert Jahren andere Teile der Welt bereist und von dort allerlei Berichtenswertes mitgebracht hatten, nur Ihresgleichen kennengelernt hätten. Auch habe es sich erwiesen, daß unter dem hochtrabenden Titel des Studiums des Menschen keiner etwas anderes untersuche als die Menschen seines eigenen Landes.

Die Bemerkung Rousseaus bezog sich keineswegs auf einen provinziell verengten Erkenntnisanspruch seiner Landsleute, sondern auf einen rostigen Mechanismus in der Aufklärungsmaschinerie selbst. Man kann die Aufklärung rückblickend zwar im einzelnen so oder anders bestimmen, ohne damit den heterogenen Lebensformen des 18. Jahrhunderts grob unrecht zu tun. Wer aber die Bekämpfung von Vorurteilen aus dem Aufklärungsprogramm streicht, spricht über alles mögliche, nur nicht über die Triebkraft aufgeklärter Gelehrsamkeit. Und doch entstand in der Umsetzung dieses Programms eine Fläche, auf der sich die zu Erkenntnissen geronnene Natur- und Kulturbeobachtung an der gesellschaftlichen, geschlechtlichen und personalen Identität der aufgeklärten Gelehrten rieb.

Die Ordnungshüter der Forschung haben die auf dieser Reibungsfläche schwelenden Konflikte entweder verdrängt oder durch Beschwörung methodischer Kodizes immer wieder verharmlost. Dagegen hat die Mentalitätengeschichte in den vergangenen Jahrzehnten nicht eben wenige Untersuchungen über psychische Blockaden der Aufklärungstätigkeit hervorgebracht. Und nun liegt mit der Monographie Londa Schiebingers (sie lehrt am Seminar für Geschichte der Universität Princeton) eine Studie vor, die am Beispiel botanischer und zoologischer Klassifikationssysteme des 18. und frühen 19. Jahrhunderts nachweist, daß sowohl die Nomenklaturen wie auch die Taxonomien weniger ordnungsstiftende Abbilder der Natur als vielmehr Abbilder der angespannten Geschlechterverhältnisse der Zeit gewesen sind.

Nomenklaturen und Taxonomien, von denen Lamarck sagte, sie seien die zum Ausdruck ihrer selbst gebrachte Natur, beruhen auf anatomischen und sonstigen Beobachtungen der Taxa. So lagen der Pflanzensystematik Carl von Linnés die Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Fortpflanzungsorganen sowie die beim Namen genannten Funktionen dieser Organe zugrunde. Kein Wunder, daß Anspielungen auf Verführungs-, Nuptialund andere aus dem Sozialverhalten der Menschen bekannte Rituale in die Beschreibung des Pflanzenlebens aufgenommen wurden. So heißt es bei Linné beispielsweise: "Die Blütenblätter . . . dienen als Brautbett, das der Schöpfer so glorreich hergerichtet, mit den feinsten Bettvorhängen geschmückt und mit vielen zarten Wohlgerüchen erfüllt hat, damit Bräutigam und Braut ihre Hochzeit dort besonders prächtig feiern können. Ist nun das Lager dergestalt bereitet, wird es Zeit, daß der Bräutigam seine geliebte Braut umfängt und ihr seine Geschenke macht."

Paradigmatisch an dieser Sexualisierung der Flora war allerdings nicht die gelegentlich lüsterne Metaphorik - Grund für manche gestrengen Väter, ihren Töchtern die Lektüre botanischer Schriften zu verbieten -, sondern die Festschreibung der Geschlechterkomplementarität durch die Pflanzensystematik. Galt bis zur Frühzeit der Aufklärung das Weibliche nach aristotelischer Lesart als Verkümmerung des männlichen Prinzips, wurde nun die rigoros bürgerliche Arbeitsteilung der Geschlechter (das Männliche für Politik und Wirtschaft, also für die Öffentlichkeit, das Weibliche dagegen für Haus und Herd, also für die Privatsphäre) durch die natürlich vorgegebene, schon im Pflanzenreich auffällige Geschlechterentsprechung gerechtfertigt.

Doch so einfach machten es sich die Gelehrten nicht. Aus der Geschlechterkomplementarität ließen sich ja keine Erkenntnisse über die Stellung der Frau in der Natur (und in der naturrechtlich fundierten Gesellschaftsordnung) ziehen. Die Lücke wurde durch kulturvergleichende und zoologische Beobachtungen geschlossen. Und wieder kam es zu einer Sexualisierung der Natur und zu einer Renaturierung der Frau: Anatomische, morphologische und andere Eigenschaften nichteuropäischer Vertreter der Gattung Homo sapiens und diverser Affengattungen wurden vermessen und mit ähnlichen Eigenschaften der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale europäischer Frauen verglichen. Bezeichnenderweise wurden als typisch erachtete Eigenschaften von Europäerinnen (Sittsamkeit, Keuschheit, Sanftheit und dergleichen) den im Naturzustand lebenden weiblichen Menschenaffen zuerkannt, und umgekehrt wurden als typisch erachtete animalische Eigenschaften der Menschenaffen den Vertretern "niederer Rassen" unterschoben. Und damit war die Überlegenheit des europäischen Mannes wissenschaftlich nachgewiesen.

Erstaunlich ist allerdings, daß hochrangige Gelehrte mit "Wissen" aus zweiter oder aus dritter Hand ganze Theorien entwarfen und diese mit Darstellungen exotischer Menschen und Tiere ausschmückten, die Tagträumen und Allmachtsphantasien entsprungen, nicht aber durch Beobachtungen gezähmt worden zu sein scheinen. Darüber und zu verwandten Themen des wissenschaftlichen Männerzentrismus im Zeitalter der bürgerlichen Aufklärung hat Londa Schiebinger ein spannendes und informationsreiches Buch geschrieben, das den an wissenschaftlichen Zusammenhängen Interessierten, besonders aber allen forschen Rassen- und Intelligenztheoretikern der heutigen Zeit zur Lektüre empfohlen sei.

Londa Schiebinger: "Am Busen der Natur". Erkenntnis und Geschlecht in den Anfängen der Wissenschaft. Aus dem Englischen von Margit Bergner und Monika Noll. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1995. 379 S., geb., Abb., 58,- DM.

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Eine zutiefst menschliche Geschichte - komisch, weise, melancholisch, spannend und unglaublich gut. Punch