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Brasilien ist einzigartig: Über 190 Millionen Menschen sind im fünftgrößten Land der Welt wie im Zeitraffer zu einem brasilianischen Wunder zusammengewachsen: indigene Volksgruppen, Afrikaner und Europäer, vor allem aus Portugal. 1928 wandelte der brasilianische Schriftsteller Oswald de Andrade Shakespeares Sein oder Nichtsein in einen Schlachtruf für Brasilien um: Tupí or not Tupí, that is the question. Brasiliens Bürger sind immer Tupí, die alles, was ihnen begegnet, verschlingen, verdauen, als etwas Eigenes ausspucken und zu neuem Leben erwecken. Der ARD-Kulturjournalist, Musiker und…mehr

Produktbeschreibung
Brasilien ist einzigartig: Über 190 Millionen Menschen sind im fünftgrößten Land der Welt wie im Zeitraffer zu einem brasilianischen Wunder zusammengewachsen: indigene Volksgruppen, Afrikaner und Europäer, vor allem aus Portugal. 1928 wandelte der brasilianische Schriftsteller Oswald de Andrade Shakespeares Sein oder Nichtsein in einen Schlachtruf für Brasilien um: Tupí or not Tupí, that is the question. Brasiliens Bürger sind immer Tupí, die alles, was ihnen begegnet, verschlingen, verdauen, als etwas Eigenes ausspucken und zu neuem Leben erwecken. Der ARD-Kulturjournalist, Musiker und Brasilien-Kenner Andreas Weiser ergründet das tropische Modell einer modernen Welt, in der animistische Dschungel-Weisheiten neben janusköpfigen Großstadt-Utopien existieren. Er erzählt von besitzlosen indigenen Völkern, flieht mit Sklaven von Zuckerrohrplantagen, stößt im Regenwald auf ein Opernhaus, stöbert Götter und Helden ohne Charakter auf, bewundert Sakralkunst der Barockstädte und Oscar Niemeyers Retortenstadt Brasília. Und er bestätigt: Gott ist ein Brasilianer, der gern lacht und tanzt, nicht nur zum Karneval. Der beliebte Hörbuch- und Synchronsprecher Andreas Fröhlich lädt mit wandelbarer Stimme ein, Brasiliens Vielfalt zu entdecken und seinen übersprudelnden Klängen zu lauschen, u. a. Choro, Samba, Bossa Nova, Tropicália und klassischer Musik von Heitor Villa-Lobos.
Trackliste
CD
1Mondblut: die indigene Welt vor dem weißen Mann
2Der weiße Mann kommt: Pedro #lvares Cabral und die Folgen
3Hans Staden und die Kannibalen
4Die Aneignung der "roten Seele": die Jesuiten
5Zuckeranbau und afrikanische Einflüsse: "Herrenhaus und Sklavenhütte"
6Zumbi von Palmares: schwarzer Protest und Siedlungen des Widerstandes
7Capoeira: körperliche und geistige Begegnung
8Das Gold der Barockzeit: Ouro Preto in Minas Gerais
9Unabhängigkeit und Einwanderung aus Europa
10Die Nationalfarben der Republik, Kautschuk und das Teatro Amazonas
11Das Brasilien der 2 Geschwindigkeiten: der Krieg im Sertao
12Macunaima: der Held ohne jeden Charakter
13Europäische Klassik und brasilianische Volksmusik: Heitor Villa-Lobos
14Musik und Spektakel der Vorstädte: Samba und Karneval
15Samba "weiß" gezähmt: Bossa Nova
16Noch einmal "Ordnung und Fortschritt": Oscar Niemeyers Brasilia
17Die kulturellen Folgen der Diktatur: poetischer Widerstand und Tropicalismo
18"Gott ist ein Brasilianer": Religion und Spiritualität
19Megalopolis: der Krieg in den Städten
20Wir alle sind Tupis: ein Ausblick
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

"Warhaftige Historia vnd beschreibung eyner Landtschafft der Wilden / Nacketen / Grimmigen Menschenfresser Leuthen", eines der ersten Bücher über Brasilien wurde von einem hessischen Söldner namens Hans Staden verfasst, der in die Gefangenschaft der Tupinambá geraten war. Er ist nur einer von vielen, die ARD-Kulturjournalist Andreas Weiser zu Wort kommen lässt. Ureinwohner singen vielstimmig, Missionare beschweren sich über die mangelnde Kooperationsbereitschaft der indigenen Bevölkerung in Glaubensfragen, der Freiheitskämpfer Zumbí wird von den Portugiesen zerstückelt, Capoeiristas spielen das Berimbau, Oscar Niemeyer schwärmt einmal mehr von der "freien, sinnlichen Kurve" - Brasilien zum Hören, eben. In den Textabschnitten gelingt es Andreas Weiser nicht immer, sprachliche Klischees, etwa das des "weißen Mannes", zu meiden. Darüber können nicht einmal Andreas Fröhlichs ausdrucksstarke Lesung und die hervorragende Musikauswahl hinwegtäuschen. Der Silberfuchs-Verlag bleibt seinen Standards treu: Wie alle Hörbücher der Länder-Reihe ist "Brasilien hören" mit einem schönen Booklet ausgestattet. Es enthält eine Zeittafel und historische Abbildungen, die die Stationen der brasilianischen Geschichte illustrieren, sodass der Hörer nie den Überblick verliert.

© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.12.2013

Wer den Samba nicht mag
Eine akustische Reise durch Brasiliens Geschichte
Diese indigene Fabel ist eine grimmige Version der Schöpfungsgeschichte: Eines Nachts machen sich Urwesen auf der Erde auf, den Mond vom Himmel zu schießen. Schließlich trifft ihn ein Pfeil. Das Blut des Mondes bedeckt die Erde und verwandelt sich in Menschen. Und wo sich besonders viel Mondblut sammelt, dort leben fortan besonders kriegerische Menschen.
  „Brasilien Hören“ heißt das Hörspiel, das von der Geschichte und Kultur des kontinentgroßen Landes erzählt, das nach seiner Entdeckung durch Pedro Cabral im Jahr 1500 zunächst „Terra de Santa Cruz“ hieß. Im Beiheft finden sich eine Zeittafel, Abbildungen und eine illustrierte Karte von 1519. Die Indios fürchtet man zu dieser Zeit noch als Kannibalen. Hans Staden, ein hessischer Söldner, gerät 1553 in die Hände der Tupinambá und kann erst nach neun Monaten flüchten. In seinem Reisebericht heißt es, er habe den Frauen zurufen müssen: „Ich, euer Essen komme!“ Letztlich waren es jedoch die Indios, die die neuen Herren ihrer Heimat zu fürchten hatten. Die Jesuiten versuchten, sie zu bekehren, was den Tod durch Seuchen, Totschlag und Sklaverei nicht verhinderte.
  Andreas Weiser, der für seine Brasilien-Berichterstattung den Journalistenpreis Entwicklungspolitik erhielt, illustriert die Episoden aus mehr als 500 Jahren brasilianischer Geschichte mit zahlreichen Klangbeispielen. Er stellt Werke des Komponisten Heitor Villa-Lobos vor, den Choro im frühen Rio de Janeiro, die Bossa Nova und die ausgeflippte Tropicália-Truppe, die mit ihren Songs in den 70er-Jahren gegen die damals herrschende Diktatur protestierte. Dorival Caymmi singt: „Wer den Samba nicht mag, dem ist nicht zu trauen . . . oder er ist krank am Fuß.“ Die Übersetzung der Liedtexte transportiert das Lebensgefühl. Man hört zudem indigene Gesänge und den Klang des Berimbau beim trickreichen Spiel der Capoeiristas. Am Ende erzählt der 18-jährige Drogendealer Christiano mit einem Rap von seinem Leben in einer Favela von Rio. Die ersten Favelas entstehen nach der Abschaffung der Sklaverei 1888, zudem siedeln Söldner des grausamen Krieges von Canudos auf einem Hügel von Rio. Sie hätten ihn „Morro da Favela“ nach dem gleichnamigen Gebirgszug am Rande von Canudos benannt. Heute ist der Begriff ein Synonym für alle brasilianischen Elendsviertel.
  Besonders seit der Bewegung des Modernismo in den 20er-Jahren hat sich die brasilianische Identität ausgeformt. Sein tropischer Magen verleibte sich alles ein, dessen er habhaft werden konnte. Ob es Einflüsse aus Europa, aus Afrika, Asien oder dem Orient waren, um dann etwas zutiefst Brasilianisches auszuspucken. Langsam gelingt es Brasilien, seine kolonialen Fesseln abzustreifen. Ist es wirklich noch immer das Land der Zukunft, das nie in der Gegenwart ankommen wird? Eines zumindest ist am Ende klar, Gott muss Brasilianer sein!
MICHAELA METZ
Andreas Weiser:Brasilien hören. Sprecher: Andreas Fröhlich. Silberfuchs-Verlag, Tüschow 2013. 1 CD, 80 Minuten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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