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Sein "Leberkäs Hawaii" ist sprichwörtlich geworden, keine Adventszeit vergeht ohne "Nikolausi" und "Osterhasi", und Sketche wie "Mai Ling" sind Kult zwischen Hamburg und München. Gerhard Polt, der scheue Privatmensch, spielt die Menschen, die in der ersten Reihe sitzen, und diese klatschen sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Mit seinen Kabarettprogrammen, Theatersücken und Filmen zählt Polt zu den Großen seiner Zunft. Gerd Holzheimer nähert sich dem "Phänomen PoltÇ erzählerisch und bettet dieses Multitalent in die deutsche Humor- und Kulturgeschichte ein.

Produktbeschreibung
Sein "Leberkäs Hawaii" ist sprichwörtlich geworden, keine Adventszeit vergeht ohne "Nikolausi" und "Osterhasi", und Sketche wie "Mai Ling" sind Kult zwischen Hamburg und München. Gerhard Polt, der scheue Privatmensch, spielt die Menschen, die in der ersten Reihe sitzen, und diese klatschen sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Mit seinen Kabarettprogrammen, Theatersücken und Filmen zählt Polt zu den Großen seiner Zunft. Gerd Holzheimer nähert sich dem "Phänomen PoltÇ erzählerisch und bettet dieses Multitalent in die deutsche Humor- und Kulturgeschichte ein.
Autorenporträt
Gerd Holzheimer, geboren 1950, ist Lehrer, Literaturwissenschaftler und Schriftsteller. Buchveröffentlichungen - auch Lexika essayistischer Ausrichtung - sowie Publikationen für Funk, Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften. Der Autor lebt in Gauting.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.03.2012

Der Vortäuscher echter Tatsachen

Das Phänomenale am Phänomen ist, dass man es kaum erklären kann: Mit dieser Maxime begibt sich Gerd Holzheimer auf die Lebensspur des Satirikers Gerhard Polt.

Vorbild Nockherberg: Vor dreißig Jahren wollte sich Löwenbräu an den Erfolg der Paulaner-Brauerei hängen. Man veranstaltete einen dem Derblecken nachempfundenen Kabarett-Abend, den Hanns Christian Müller und Gerhard Polt bestritten. Als sich wegen des Erfolgs fürs nächste Jahr der Landesvater ankündigte, bekamen die Veranstalter kalte Füße und luden Polt aus. Das aber erzürnte Franz Josef Strauß so sehr, dass er sein Kommen absagte - er wäre nur wegen Polt gekommen, ließ er mitteilen. Die Anekdote, die Gerd Holzheimer in seiner soeben erschienenen, absichtsvoll ohne Gattung auskommenden Werkbiographie "Polt" erzählt, sagt viel aus über den Mentalitätsacker, auf dem dieses Satiregewächs erblühte.

Polt war damals schon über Bayern hinaus bekannt, weil er 1980 bei der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises seine zehnminütige Sendezeit ziemlich ohne Worte verstreichen ließ. Damit rächte er sich beim ZDF, das aus einem Polt-Text den Spottnamen "Old Schwurhand" für den damaligen Innenminister Friedrich Zimmermann gestrichen hatte. Der Skandal befeuerte eine ziemlich singuläre Karriere. In zwei Monaten wird der Satiriker siebzig Jahre alt, da durfte ein Geburtstagsbuch nicht fehlen, wohlwissend, dass der Jubilar rein gar nichts von solchen Sachen hält: Eine Biographie steht seiner Auffassung nach einem lebenden Menschen gar nicht zu. Der Lehrer, Schriftsteller und spätberufene Literaturwissenschaftler Gerd Holzheimer hat sich dennoch mit einigem Ehrgeiz darangemacht, Polt ein Denkmal zu setzen. Dabei liebt er seinen Gegenstand so bedingungslos, dass er sich schwindelig schreibt.

Am Beginn dominiert Biographisches, soweit es denn rekonstruierbar ist. Zeitzeugen müssen einspringen, denn Polt selbst blieb auch Holzheimer gegenüber bei seiner Linie, von seinem Leben kein Aufhebens zu machen. Im Zweiten Weltkrieg kam er, nur wenige Monate alt, mit seiner Mutter von München nach Altötting. Im Zentrum der bayerischen Marienverehrung erlebte der evangelisch getaufte Bub ohne seinen Vater prägende und unbeschwerte Kinderjahre. Die Metzgerei Steffel in der Alzgerner Straße, der benachbarte Friedhof, das klerikale Milieu - eine erzählerische und szenische Ursuppe, aus der Polt noch Jahrzehnte später schöpfen konnte. In dem Bändchen "Hundskrüppel" (2004) beschrieb er in unverstellter Derbheit Höhepunkte dieses Gastspiels.

1948 Rückkehr ins zerstörte München, strawanzen in der Amalienstraße, Straßenkampf mit Jugendbanden, später Schachspieler im Schelling-Salon, achtzehn Semester Politikwissenschaft, Geschichte und Kunstgeschichte. Auslandserfahrung in Schweden, Übersetzertätigkeit und irgendwie und durch Zufall ins Erzählen vor Publikum gekommen. Mit Hilfe des sieben Jahre jüngeren Hanns Christian Müller, der zusammen mit Polts späterer Filmpartnerin Gisela Schneeberger die Falckenberg-Schauspielschule besucht hatte, nimmt seine Berufung für die Bühne Gestalt an. Mitte der siebziger Jahre geht es an Kleintheatern los; der Hessische Rundfunk produziert das erste Hörbild "Als wenn man ein Dachs wär' in seinem Bau". Mit der Fernsehserie "Fast wia im richtigen Leben" kommt im Bayerischen Rundfunk 1979 der Durchbruch. Im selben Jahr lernt Polt die Brüder Well von der Biermösl Blosn und Dieter Hildebrandt kennen - der Altmeister steht gerade vor einem Neubeginn: Als er 1980 den "Scheibenwischer" anstellt, ist auch Gerhard Polt immer wieder Gast in der wöchentlichen Satiresendung. Er sei stets durch Zufälle "in etwas hineingeruscht", sagt er ausweichend bescheiden.

1982 wird der epochale "Scheibenwischer" über den Rhein-Main-Donau-Kanal ausgestrahlt, im Jahr darauf kommt "Kehraus" ins Kino, es folgt die Moskaureise mit der Denkendorfer Musi, 1984 unter dem neuen Intendanten Dieter Dorn die Revue "München leuchtet" an den Kammerspielen. In der ersten Hälfte der achtziger Jahre geht es nur bergauf. Der Anarch Polt muss nicht lang suchen, um auf gefundene Fressen im Land der CSU zu stoßen: Die Staatspartei schreitet im Speckmantel der Machtfülle einher. Dabei steht er vielen Werten, die diese vertritt, gar nicht so fern, wie manche das gern gesehen haben. Denn Polt ist ein durch und durch konservativer Mensch, der sich parteipolitischen Festlegungen stets klug entzog. Die Unabhängigkeit ist sein stärkstes Pfund bis heute.

Über seinem Filmschaffen liegt kein Segen. Anders als bei Karl Valentin, der sich als Pionier des Genres verstand und mit dem Holzheimer Polt aus naheliegenden Gründen vergleicht, ist der Film - bis hin zu dem verunglückten "Germanikus" des Jahres 2004 - nicht zwingend das Medium, das Polts ungeheurem Bühnentalent entgegenkommt. Von dieser "monströsen" Präsenz war nicht nur Jörg Hube fasziniert, sie funktioniert wirklich in jedem Stall, auf jeder Feuerwehrbühne und im Hochkulturbetrieb. Niemand kann noch vor dem ersten Satz mit einem so minimalen Repertoire an Gesten solche Lachsalven erzeugen.

Holzheimer verlässt das biographische Gerüst alsbald; dabei hätte man an vielen Stellen gern mehr erfahren, etwa über die Binnenverhältnisse der Bühnen- und Filmpartner. Was ist aus Hanns Christian Müller geworden? Wie hat sich die Zusammenarbeit mit der Biermösl Blosn am Ende dargestellt, als die Brüder sich nach drei Jahrzehnten trennten (F.A.Z. vom 21. Januar 2012)? Dass mit dem "Democracy"-Sketch, in dem Polt das bayerische Demokratiemodell erklärt, ein Höhepunkt des Werkes erreicht ist, bezweifelt niemand. Umso ärgerlicher, wenn es bei der Nacherzählung dieser Szene heißt, die "idea of ,Freibier' is deep religious". Sie ist natürlich "deeply religious". Und der "Laubsauger" im Papst-Sketch aus "Offener Vollzug" ist ein "Laubbläser". Das ist deswegen wichtig, weil Gerhard Polt - anders als sein Verehrer - ein Spracharbeiter ist, der seine Texte lange auf der Bühne feilt, bis er sie der endgültigen Schriftform überantwortet. Dann erkennt man auch, dass es sich um Literatur handelt, die zu Recht mit dem Jean-Paul-Preis ausgezeichnet wurde.

Dennoch ist es ja nicht so, dass es keine Durchhänger im Werk von Gerhard Polt gäbe. Das Spätwerk hat eine Neigung zum "Best Of", da werden erfolgreiche Leitmotive (Obatzda, Glachl, Bad Hausen) strapaziert. Aber Polt resigniert auch in den schwächeren Momenten, wie er gerne sagt, "vital". Gerd Holzheimer versagt sich Kritik, sein Ziel ist die vollständige Er- und Überhöhung des Gegenstands. "Darauf kann nur ein Gerhard Polt kommen": Leider verlässt sich der Autor häufig auf eine Argumentationslinie, die er in Analogie zum Titellied von "Shaun das Schaf" anstimmt: Nur Gerhard Polt ist Gerhard Polt! Dass dieser also weiter auf einen richtigen Biographen warten muss, wird ihm gerade recht kommen.

HANNES HINTERMEIER

Gerd Holzheimer: "Polt".

LangenMüller Verlag, München 2012. 256 S., Abb., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "richtigen" Biografen möchte Hannes Hintermeier diesen Autor nicht bezeichnen. Dafür arbeitet Gerd Holzheimer ihm dann doch zu wenig sprachbewusst und zu sehr an der kritiklosen Überhöhung seines Gegenstands. Der Gegenstand, meint Hintermeier, ist freilich nicht unkritisch zu sehen, wieso auch. Soll heißen: Sogar ein Gerhard Polt hat schwache Phasen hinter sich. Nur lässt Holzheimer die eben einfach aus. So viel zur Werkbiografie. Lebensbiografisch lässt sich der Autor hingegen nicht lumpen, gibt Hintermeier zu verstehen, nur liebt er den Polt auch hier zu sehr, als dass etwa dessen Verhältnis zu Kollegen, die "Binnenverhältnisse", wie Hintermeier es nennt, deutlich würden. Hintermeier findet das schade, gerade wo der Polt doch jetzt 70 wird.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.03.2012

Das Gesamtkunstwerk
Gerd Holzheimer und seine Biografie über Gerhard Polt
München – Biografien über lebende Personen sind immer eine schwierige Angelegenheit. Besonders schwierig wird die Sache dann, wenn es sich um Gerhard Polt handelt. Denn der berühmte bayerische Satiriker und Kabarettist hat einen festen Grundsatz: „Ein Mensch, der noch lebt, hat keine Biografie verdient.“ Deshalb war es auch gar nicht so einfach gewesen, im Literaturhaus eine Ausstellung anlässlich seines 70. Geburtstags auszurichten. Die Ausstellung, das weiß man inzwischen, ist etwas geworden. Und jetzt liegt auch die Biografie vor, die der Autor sowie Michael und Stofferl Well von der inzwischen aufgelösten Biermösl Blosn am Sonntagvormittag im Literaturhaus vorstellen (die Veranstaltung ist bereits ausverkauft).
Gerd Holzheimer heißt der Mann, der das Wagnis auf sich genommen hat, Polts Leben auf 256 Buchseiten auszubreiten (Verlag Langen Müller, 19,99 Euro). Auf allzu viel Mithilfe des Porträtierten hat er wohl von vornherein nicht gehofft. Denn Gerhard Polt sagt auf Nachfrage, dass er Holzheimer kein Auskünfte für das Buch gegeben habe: „Ich kenn’ es nicht.“ So etwas ist natürlich ein Nachteil, denn wie Holzheimer selbst im Anhang des Buches vermerkt: „Von den unmittelbar Beteiligten aus dem Umfeld von Gerhard Polt werden verschiedene Versionen ein und derselben Geschichte erzählt.“ Und da wäre es zumindest hilfreich gewesen, die Version des direkt Betroffenen zu hören.
So ist „Polt“, wie das Werk kurz und knapp heißt, nun halt das Buch eines Polt-Fans für Polt-Fans geworden. Dass es sich bei Gerd Holzheimer um einen solchen handelt, ist wirklich unschwer zu erkennen. Manchmal würde man sich fast wünschen, jemand hätte Holzheimer ein bisschen gebremst. Denn eine rundum begeisterte Biografie wie etwa für eine Teenie-Band, die braucht es für den Polt ja nun wirklich nicht, lieber sind einem ein paar neue Fakten, die man vorher noch nicht kannte.
Aber man sollte nicht ungerecht sein: Die gelegentlichen Ausbrüche Holzheimers lassen sich verschmerzen. Der Gautinger Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Philosoph ist ja ein recht sprachmächtiger Autor, der auch mal mit originellen Vergleichen hantiert, und das macht die Lektüre zum Genuss. Überdies gibt es bisher noch keine umfassende Darstellung des Gesamtkunstwerks Polt. Und insofern ist es schon ganz schön, einmal geballt nachlesen zu können, was man sich sonst in der Regel aus allgemein zugänglichen Quellen mühsam zusammensuchen müsste. Und daneben finden sich durchaus auch bisher verborgene Perlen.
Am überzeugendsten wirkt sich das aus im zweiten Teil des Buches, übertitelt „Kosmos Polt“. Da geht es nicht darum, pflichtschuldigst die Stationen einer Künstlerkarriere abzuhandeln, sondern da wird der Umkreis beschrieben, von den Toten Hosen, der Düsseldorfer Punkband, über den Pianisten Wolfgang Leibnitz bis hin zu Freundschaften mit so unterschiedlichen Menschen wie dem italienischen Maler Luigi Coppa, dem ehemaligen Skirennläufer Markus Wasmeier oder dem Sternekoch Lothar Eiermann. Es geht um die Dinge, die ihn bewegen, um Gott und die Welt und auch um sein Lieblingshobby: wohnen. Und auch ein kleiner Ausflug in die Wirkungsgeschichte und die zahllosen Interpretationen des Poltschen Schaffens darf nicht fehlen.
Gerade im zweiten Teil, in dem Holzheimer ein bisschen freier schreibt über das Objekt seiner Bewunderung, überzeugt das Buch am meisten. Da macht es dann fast nichts mehr aus, dass Polt auch in Holzheimers Fall mal wieder gesagt hat: „I sog nix.“
Franz Kotteder
Es geht ihm um
Dinge, die ihn bewegen,
um Gott und die Welt.
Sie treffen sich schon gelegentlich, reden dabei aber nicht über eine Biografie: Gerd Holzheimer (rechts) und Gerhard Polt. Foto: Verlag / Oliver Maria Schmitt
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